Gedenken gegen Rassismus mit Fotoinstallation am Heldenplatz

Gedenken gegen Rassismus mit Fotoinstallation am Heldenplatz
Das "Fest der Freude" anlässlich der Befreiung Österreichs von der Nazi-Diktatur findet heuer wieder im Internet statt. Bundespräsident und Spitzenpolitiker gedachten der Opfer.

Ein "Fest der Freude" mit physischer Anwesenheit gibt es coronabedingt zwar auch heuer nicht, das Gedenken anlässlich der Befreiung Österreichs von der Nazi-Diktatur findet dennoch am Heldenplatz statt: Bis 11. Mai werden auf dem symbolträchtigen Platz Fotos von Überlebenden der Vernichtungslager ausgestellt.

Zu sehen sind auf dem Heldenplatz 43 Fotos in Lebensgröße von Überlebenden der Konzentrationslager und deren Zitate und Auszüge aus dem Mauthausen-Schwur vom 16. Mai 1945 in mehreren Sprachen. In diesem wird dazu aufgerufen, eine "Welt des freien Menschen" zu errichten. "Wenn schon nicht mit einer Bühne, dann sind wir mit einer Botschaft anwesend", sagte Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ), bei der Eröffnung im kleinsten Rahmen. "Auftrag ist es, in der Gegenwart dafür zu sorgen, dass Vielfalt als Bereicherung gesehen wird", meinte Mernyi dazu.

Gedenken gegen Rassismus mit Fotoinstallation am Heldenplatz

"Antisemitismus hat nicht mit den Gaskammern begonnen", rief der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), Oskar Deutsch in Erinnerung. Dies sei schon viel früher geschehen - begonnen habe es mit Worten. Dass es möglich ist, die Befreiung vom nationalsozialistischen Regime trotz Pandemie zu feiern, bezeichnete Deutsch als hervorragend. Es gelte auch, der vielen Opfer der Diktatur zu gedenken. Der IKG-Präsident zeigte sich überzeugt davon, dass im kommenden Jahr viele Menschen zum "Fest der Freude" kommen würden.

Auch für MKÖ-Geschäftsführerin Christa Bauer ist es wichtig, mit der Foto-Gedenkaktion ein Zeichen zu setzen, um KZ-Überlebenden eine Position zu geben. Niki Kunrath vom Bündnis "Jetzt Zeichen Setzen" zeigte sich zudem sicher, dass im kommenden Jahr wieder ein "Fest der Freude" mit Zuschauern auf dem Heldenplatz stattfinden wird.

Vor der Eröffnung gedachte auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen der Oper. "Wir gedenken heute in Demut der Opfer", teilte er in einer Aussendung mit. Am Anfang sei dabei das Schweigen gestanden, "das Wegschauen, als Antisemitismus und Rassismus ihre hässliche Fratze zeigten und schleichend von unserer Gesellschaft Besitz ergriffen". Wichtig sei heute "ein klares Nein zu jeder Form von Totalitarismus, keine Toleranz gegenüber Rassismus und Antisemitismus".

Auch andere Spitzenpolitiker haben sich zum Anlass des Gedenkens zu Wort gemeldet. SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner und Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch betonten die Notwendigkeit, "jeder Form von Hass, Ausgrenzung und Gewalt entschieden entgegenzutreten". Die Befreiung des KZ Mauthausen vor 76 Jahren ist uns "antifaschistischer Auftrag, rassistische und antisemitische Vorfälle niemals zu ignorieren, sondern klar als solche zu benennen und mit allen Mitteln zu bekämpfen", so Deutsch in einer Aussendung. "Es ist unsere Aufgabe als Gesellschaft, die Lehren aus den dunklen Kapiteln unserer Geschichte zu ziehen", sagte Rendi-Wagner: "Erinnern, gedenken, niemals vergessen – das ist unser Auftrag. Menschlichkeit ist unsere Pflicht."

Angesichts des jüngsten Antisemitismusberichts der Israelitischen Kultusgemeinde, der einen Höchstwert antisemitischer Vorfälle ausweist, fordert die SPÖ die rasche Umsetzung des Aktionsplans gegen Rechtsextremismus ein. Für Rendi-Wagner und Deutsch ist klar: "Antisemitismus hat in unserer Gesellschaft keinen Platz. Das Schüren von Rassismus und Hass, das Spalten unserer Gemeinschaft – mit der Pandemie als Feigenblatt, das dürfen und werden wir als Gesellschaft und Politik niemals tolerieren."

Eine "breite Allianz gegen Etablierung rechter Strukturen" forderte die Sprecherin für Gedenkpolitik der Grünen, Eva Blimlinger. "Wir müssen immer und überall aufmerksam und wachsam sein, um aktiv gegen Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit aufzutreten", betonte die Historikerin in einer Aussendung. "Gegen blinden Hass sind wir auch heute nicht gefeit. Ganz im Gegenteil. Auch heutzutage werden in unserer Gesellschaft vermehrt Feindbilder geschürt, rassistische und extremistische Tendenzen sind auf dem Vormarsch. Was wir jetzt brauchen ist vor allem eines: mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt", ergänzte die Grüne Sprecherin für Volksgruppen und Strategien gegen Rechtsextremismus, Olga Voglauer.

Die Präsidialkonferenzen von National- und Bundesrat haben mit einer gemeinsamen Sondersitzung den Gedenktag  begangen. 

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) rief in seiner Rede die Menschen dazu auf, dem Antisemitismus im Alltag entgegenzutreten. "Wir haben ein strenges Verbotsgesetz, eine klare Haltung der Politik und eine internationale Allianz gegen Antisemitismus. Was fehlt, ist das angesprochene gesamtgesellschaftliche Engagement gegen Antisemitismus und Antiziganismus, das auch dort, wo nichts strafrechtlich Relevantes zu finden ist, sich artikuliert und Menschen motiviert, sich offensiv gegen antisemitische Haltungen zu stellen. Denn es sind Auschwitz und Mauthausen nicht über Nacht gekommen, sie sind die Folge der Verkettung, der vielen kleineren und größeren Ausgangspunkte, sie sind die Folge von Gewöhnung. Und so sind Auschwitz und Mauthausen auch keineswegs ein Verbrechen der Wenigen, sie waren nur möglich durch das Zusammenwirken der Vielen. Möglich, durch das was getan wurde und das, was unterlassen wurde", sagte Sobotka. 

Der Nationalratspräsident verwies darauf, dass die Zahl der noch lebenden Zeitzeugen immer kleiner werde und sagte: "Wir dürfen und wir werden die Jahre des Nationalsozialismus und seine Verbrechen nicht der Historisierung anheim fallen lassen. Die existenzielle Betroffenheit gegenüber dieser historischen Singularität darf nicht verloren gehen." Gerade wenn immer weniger Zeitzeugen berührende Einblicke in ihr so schmerzlich Erlebtes geben, müsse es gelingen, diese Erfahrungen durch die Einbeziehung historisch authentischer Orte, persönlicher Bezugs- und Berührungspunkte oder künstlerischer Interventionen weiterzugeben und lebendig zu erhalten."Was damals geschah, muss heute, wie auch in Zukunft im Bewusstsein der Menschen und insbesondere der politisch Handelnden präsent sein und präsent bleiben. Und wie wir heute aus dem Gedenken unsere Schlüsse und Lehren für die Gegenwart ziehen, werden zukünftige Generationen den erinnernden Gedenken, einen besonderen Stellenwert beimessen", sagte Sobotka.

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