Zieht der Schmiss in die Hofburg ein?
Wenn Burschenschafter alljährlich in der Hofburg feiern, zelebrieren sie in der neuen Hofburg, nicht im Leopoldinischen Trakt, dem Amtssitz des Bundespräsidenten. Auf diese Feststellung legte zuletzt Alexander Van der Bellen wert.
Sollte bei der Bundespräsidentenwahl am 4. Dezember FPÖ-Kandidat Norbert Hofer gewinnen, dann ist gut möglich, dass eine Reihe von deutschnationalen Burschenschaftern dauerhaft in den Leopoldinischen Trakt einzieht. Norbert Hofer selbst ist Mitglied der deutschnationalen Burschenschaft Marko-Germania, die sich für das "deutsche Volkstum" einsetzt.
Genannt hat Hofer bisher nur eine Person, die an seiner Seite in die Hofburg einziehen soll: Er will den Ex-Kabinettchef von Sophie Karmasin und ÖVP-Diplomaten Johannes Peterlik, Mitglied beim schwarzen Cartellverband und als äußerst wertkonservativ beschrieben, zu seinem Kabinettsdirektor machen. Als wirtschaftlichen Berater wollte Hofer den ehemaligen deutschen Arbeitergeberpräsidenten Dieter Hundt an seiner Seite wissen. Dieser lehnte am Dienstag jedoch das Angebot ab.
Noch im Mai hatte Hofer angekündigt, seine Mannschaft vom Büro des Dritten Nationalratspräsidenten in die Hofburg mitnehmen zu wollen. Und diese sind fast alle in deutschnationalen Verbindungen, die ihre Mitglieder zum Fechten mit der scharfen Waffe verpflichten (Mensur- schlagende Burschenschaft, sichtbares Kennzeichen ist der Schmiss im Gesicht).
Andreas Peham, Wissenschaftler am Dokumentationsarchiv (DÖW), erklärt in seiner Studie "Durch Reinheit zur Einheit" über die Verbindungen der FPÖ zu den Burschenschaften: So hätten die deutschvölkischen Korporationen, insbesondere die Burschenschaften, neben deren – meist rechtsextremer – Ideologieproduktion vor allem eine "Scharnierfunktion". Viele dieser Korporationen würden ein "organisatorisches wie ideologisches Bindeglied zwischen Deutschnationalismus und Neonazismus" bilden. (Den ganzen Beitrag finden Sie hier zum Download.)
Welche Burschenschafter also könnten nach einem Wahlsieg Hofers in die Hofburg mitkommen?
- Rene Schimanek, Sohn von FPÖ-NÖ-Funktionär Hans Jörg Schimanek ist Hofers Büroleiter. Er ist – soweit bekannt – bei keiner Burschenschaft, aber Ex-Mitglied der VAPO – der neonazistischen "Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition". Deren Gründer ist Gottfried Küssel, ein Holocaustleugner, rechtsextremer Publizist und Schlüsselfigur der Neonaziszene. Hofer verteidigt Schimanek stets. Gegenüber der deutschen Bild sagte er im Sommer: "Mein Mitarbeiter hat sich nie etwas zuschulden kommen lassen. Er ist nie angeklagt oder verurteilt worden. Man soll Rene aus so etwas keinen Strick drehen."
- Herwig Götschober, Hofers Referent ist Mitglied der schlagenden Burschenschaft "Bruna Sudetia", die sich klar zur "Deutschen Volks- und Kulturgemeinschaft" bekennt. Das DOEW stuft die Burschenschaft als rechtsextrem ein. Götschober pflegt laut DÖW Kontakte in rechtsextremen Netzwerken und tritt als Funktionär diverser deutschnationaler Verbindungen auf. Er war 2009 dabei, als dem Nazi-Fliegeroffizier Walter Nowotny an dessen Grab gedacht wurde. Wie Fotos belegen, war auch Küssel dabei.
- Irmgard Fischer ist die einzige weibliche Referentin in Hofers Büro und Mitglied der "akademischen Mädelschaft Freya", die den Burschenschaften an Rechtsradikalität laut DÖW um nichts nachsteht. Dem Falter gegenüber erklärte Fischer, sie sei 2013 ausgetreten.
- Konrad Belakowitsch ist Pressesprecher des Dritten Nationalratspräsidenten und Mitglied der Burschenschaft "Silesia Wien", die ebenfalls zur als rechtsextrem eingestuften "Burschenschaftlichen Gemeinschaft" gehört.
- Arndt Praxmarer, ebenfalls Referent und Mitglied der "Suevia Innsbruck", die auch zur "Burschenschaftlichen Gemeinschaft" gehört.
- Roland Esterer, Referent für Soziales im Büro des Dritten Nationalratspräsidenten, ist Mitglied der "Saxonia Wien", deren Wahlspruch "Froh und frei!" lautet.
Hofers Pressesprecher Belakowitsch bestätigte auf KURIER-Nachfrage nur seine und Götschobers Burschenschaft-Mitgliedschaft. "Aber was die anderen in ihrer Freizeit machen, weiß ich nicht."
Über die Mitgliedschaft bei Burschenschaften wird selten und schon gar nicht gerne öffentlich gesprochen. Wer dabei ist, sieht man eigentlich nur beim Wiener Korporations-Ball – und der findet im neuen Trakt der Hofburg statt.
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