"Den Sportwagen hängen wir ab"

Wolfgang Brandstetter hat ein Faible für Oldtimer.
Der Justizminister hat ein Faible für "technisches Kulturgut": Er besitzt drei Oldtimer.

Mit flottem Tempo prescht er über die idyllischen Waldviertler Landstraßen, die links und rechts mit Bäumen gesäumt sind. "Spüren Sie, wie gut der Wagen in der Kurve liegt? Wir fahren jetzt 90 Stundenkilometer. Es geht auch noch schneller. Den BMW-Sportwagen hinter uns hängen wir locker ab."

Flugs drückt Justizminister Wolfgang Brandstetter (58) aufs Gas und beschleunigt auf rund 100 km/h. Stolze 45 Jahre hat sein fahrbarer Untersatz auf dem Buckel. Ein Oldtimer von Volkswagen. Das Modell heißt K70. Nur echte Autoflüsterer, wie Brandstetter einer ist, kennen diesen Flitzer. "K70 steht für Konzept für die 70er-Jahre", entschlüsselt er den Code.

Unter den Klassikern von VW führt der K70 ein regelrechtes Schattendasein. "Dabei setzte der Fronttriebler neue Maßstäbe bei den Wolfsburgern. Er beendete die Monokultur mit Heckmotor und Luftkühlung", schwärmt Brandstetter über sein Automobil.

Drei Oldtimer besitzt der Justizminister. Seine Auswahl trifft Brandstetter nicht nach Technik- oder Designkriterien, sondern nach den ganz besonderen Geschichten, die hinter jedem seiner fahrbaren Klassiker stecken.

Wie eine Lovestory

Die Genese seiner Motoren-Leidenschaft liest sich wie eine Lovestory – und das im doppelten Sinn.

Es war im Jahr 1979, als Brandstetter sich einen Gebrauchtwagen anschaffen wollte. Einen Toyota Celica hatte der Jurist im Visier. Nur das ersparte Geld reichte damals nicht. "Meine Frau hat mir damals die 19.000 Schilling vorgestreckt. Damals waren wir aber noch nicht verheiratet."

Drei Jahre später machte man mit dem Kinderwagen am Dach die ersten Familienausflüge. "Der Toyota ist einfach nie kaputt geworden. Mittlerweile ist er 42 Jahre alt." Auch bei der silbernen Hochzeit des Ehepaars Brandstetter gab es eine nostalgische Ausfahrt mit dem Celica. Im Moment ist der Toyota zwar fahruntauglich, die Ehe hingegen läuft nach wie vor wie geschmiert.

"Den Sportwagen hängen wir ab"
Wolfgang Brandstetter_Oldtimer Eggenburg 1.9.2016
Ähnlich charmant liest sich die Anekdote des K70. Brandstetters Vater suchte ein neues Auto. "Uns wurde ein Vorführwagen gezeigt. Es war der VW K70. Sofort war ich von seiner innovativen Technik des Frontantriebs fasziniert", erzählt der Spitzenjurist. Kostenpunkt: stolze 90.000 Schilling für das Traumauto. "Mit diesem Preis war er damals für uns unerschwinglich."

Bis vor sechs Jahren. Damals schlenderte der Minister in Retz über den Hauptplatz und entdeckte zufällig einen K70, der zum Verkauf stand. "Der Vorbesitzer war ein Winzer. Ich habe sofort zugeschlagen", so Brandstetter. Nochmals durfte sich Brandstetter seine heimliche Liebe in PS-Form nicht entgehen lassen.

Komplett macht den Oldtimer-Fuhrpark des Justizministers ein grüner VW-Käfer, ebenfalls Baujahr 1971. Kleinere Wartungsarbeiten wie Batterie wechseln erledigt der parteilose Minister selbstredend in Eigenregie.

Museumsmitbegründer

Sein Faible für "technisches Kulturgut", wie es Brandstetter bezeichnet, gipfelte 2008 in der Eröffnung der Nostalgiewelt am Hauptplatz in Eggenburg. "Im Museum pocht das Herz der 50er- und 60er-Jahre", so der Waldviertler.

Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen zwei-, drei und vierrädrige Raritäten wie der Puch 500, der BMW Isetta oder ein Goggomobil. Aber auch alte Kameras oder Wurlitzer sind die Highlights der Nostalgiewelt.

Im Historiker brennt noch eine weitere Leidenschaft. Nämlich die Geschichte der Legende des Waldviertler Räuberhauptmannes Johann Grasel, der 1818 in Wien gehängt wurde. Akribisch hat der Justizminister die Verhörprotokolle des Anführers einer Räubergang aufgearbeitet. Aus den Unterlagen machte er sogar ein Buch: "Die Verhörprotokolle unterzeichnete Grasl noch mit drei X."

Wie verbindet man derart viele Hobbys? "Ganz einfach. Viele Oldtimer-Ausfahrten enden bei der Graselwirtin."

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