Bachmayer: "Es kommt ein digitales Biedermeier"

Bachmayer: "Es kommt ein digitales Biedermeier"
Wolfgang Bachmayer glaubt an positive Auswirkungen der jetzigen Situation – nach einer veritablen Krise.

OGM-Chef Wolfgang Bachmayer erfragt seit Jahren die Meinung der Österreicher. Für das Leben nach der Corona-Krise sieht er auch viel Positives.

KURIER: Überall ist ein Spalt, durch den auch Licht hereinkommt, hat Leonard Cohen gesungen. Sehen Sie das auch bei Corona?

Wolfgang Bachmayer: Der Glaube an das Bessere ist in unserer Kultur fest verwurzelt und hält uns aufrecht. Man könnte das jetzt unter der Überschrift „Vieles geht, weil vieles steht“ betrachten. Manches könnte Reformen auslösen, die es sonst nie gegeben hätte.

Blenden wir in diesem Interview mal alles Negative und Tragische aus. Was könnte besser werden?

Zuallererst ist das ein Turbo für Klimaschutz. Oder für das große Thema der Digitalisierung mit allen Chancen. Aber leider erst nach einer veritablen Jobkrise.

Wir schauen auch mehr auf das, was in unserem Land notwendig ist?

Regionalisierung überholt die Globalisierung. Europa hat zu viele Produktionsstätten in andere Kontinente ausgelagert.

Weil es dann für uns alle billiger wird.

Ja, aber nach dem Prinzip der Kostenwahrheit muss man vermuten, dass sich eine Rückholung von Produktionsstätten rechnen würde. Die Lohnkosten gleichen sich ja ohnehin schon an. Wir sollten mehr heimische Produkte kaufen.

Aber der Konsument schaut in der Kaufentscheidung halt auf das Preisschild und nicht auf eine ökonomische Gesamtrechnung.

Ja, das wissen wir auch aus unseren Umfragen. Alle wollen Bio-Fleisch kaufen, aber die Kaufstatistiken der Supermärkte sagen dann ganz was anderes. Diese Konsumkultur könnte sich ändern. Quasi eine Bewusstseinsveränderung von unten nach oben.

Wir reisen gerne, fahren viel herum, Dienstreisen, Kongresse. Glauben Sie, dass sich der Mensch wirklich ändert?

Das glaube ich schon, sicher nicht in allen Belangen, das war auch nach der Finanzkrise 2008 nicht so. Aber die haben wir nur im Geldbörsel gespürt. Jetzt geht es um andere Werte. wir lernen durch das Zuhausebleiben wieder ganz andere Aspekte kennen – ich sag nur „Halbe-Halbe“ in der Familienarbeit.

Glauben Sie, dass sich im großen Wertegefüge etwas verschiebt?

Ich glaube daran in kleinen Schritten. Nicht nur wegen Corona. Auch Klimaschutz und soziale Fragen waren doch schon zuvor ein großes Thema. Weniger Fernreisen, mehr Familie und Freizeit, vielleicht kommt ein digitales Biedermeier.

Davor graut aber vielleicht vielen.

Ja, das kann gut sein. Weil es teilweise Rückzug aus der Öffentlichkeit bedeutet. Aber wir rücken dadurch in vielerlei Hinsicht wieder enger zusammen. Vielleicht gibt es ja Ende 2020 sogar eine höhere Geburtenquote.

Halten Sie sich streng an die Vorgaben, oder schummeln Sie und treffen Freunde?

Nein, nicht wegen der strikten Anweisungen der Regierung sondern jenen meiner Frau.

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