Wöginger attackiert Mückstein: "Man braucht auch Hausverstand"
Die ÖVP lässt die Angriffe von Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) gegen Kanzler Sebastian Kurz weiter nicht auf ihrem Obmann sitzen. Klubchef August Wöginger hielt Mückstein gegenüber der APA vor, dass dieser Menschen im Sommer eine Maske im Freien tragen lassen wolle. Zu diesem Kurs sage die Volkspartei ein klares Nein. Zahlen alleine zählten nicht: "Man braucht auch ein Gespür für die Menschen und Hausverstand."
Nachdem sich am Samstag schon Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) verwundert gezeigt hatte, legte nun Wöginger nach: "Dass die Grund- und Freiheitsrechte niemals Luftschlösser sein dürfen, sollte jedem klar sein, insbesondere all jenen, die einen Eid auf die österreichische Verfassung geschworen haben", richtete er Mückstein aus. Die Regierung sei schon bisher mit ihrer Maxime so viel Freiheit wie möglich und so wenig Einschränkung wie aus gesundheitlicher Sicht notwendig in der bisherigen Bewältigung der Pandemie sehr gut gefahren.
Schaden reparieren
Als Volkspartei werde man sicher keinem Vorschlag die Zustimmung geben, der es zum Ziel habe, Treffen in den kommenden Sommermonaten weiterhin auf vier erwachsene Personen zu beschränken. Diese Position werde durch die rapide steigende Zahl der Geimpften getragen und tagtäglich bestärkt. Die ÖVP habe sich als Ziel gesetzt, dem Vereinsleben, der Kultur und der Jugendarbeit wieder zum Aufblühen zu verhelfen. Denn diese hätten durch die Pandemie großen Schaden genommen, den es jetzt zu reparieren gelte.
Anlass der Unstimmigkeiten ist der straffe Öffnungskurs, den der Kanzler während der vergangenen Tage fuhr. Zunächst kündigte er für die kommende Woche eine Entscheidung über eine weitere Lockerung der Maskenpflicht an, am Freitag legte er dann nur zwei Tage nach den großen Öffnungsschritten bei einem Auftritt in Tirol mit der definitiven Ankündigung nach, bei Abstandsregeln, Quadratmeter-Beschränkungen und Sperrstunden Erleichterungen vornehmen zu wollen.
Mückstein missfiel das, ähnlich etwa dem Vorarlberger Experten Armin Fidler, der als Regisseur der Testregion in seinem Bundesland gilt und in der Corona-Kommission sitzt. In den "VN" meinte er am Samstag in Richtung Kurz, wenn dessen Experten gute Experten seien, würden sie den Bundeskanzler vor vorschnellen Entschlüssen warnen: "Ich würde bis 1. Juli gar nichts ändern. Bis dahin sehen wir, was in Österreich mit der Öffnung passiert."
Mückstein formulierte weniger freundlich und kritisierte "relativ unkonkrete Ankündigungen" des Regierungschefs, die die Bevölkerung verunsicherten. Mit ihm würden keine Luftschlösser gebaut, er entscheide auf Basis von Daten und Fakten.
Gleichzeitig dämpfte Mückstein die Euphorie, indem er ankündigte, dass es Masken wohl sogar noch kommenden Winter brauchen werde. Outdoor werde man aber darüber reden können.
Kurz setzt auf gute Nachrichten
Kurz selbst nahm sich aus den Zwistigkeiten heraus und ließ am Sonntag nur eine Aussendung verschicken, in der er sich über die Entwicklung der Pandemie freute: "Während Inzidenz und Ansteckungszahlen stetig sinken, steigt die Zahl der Geimpften schneller als erwartet." Als Bundesregierung handle man stets unter dem Grundsatz "So viel Freiheit wie möglich, so viel Einschränkung wie notwendig". Diese Strategie in Kombination mit den regionalen Maßnahmen und dem massiven Testen habe sich bewährt.
FPÖ-Klubchef Herbert Kickl meinte in einer Aussendung Richtung Kurz, dieser müsse sich nicht wundern, dass Freiheitsbeschränkungen propagiert würden, wenn er sich einen "bekennenden Freund der Kommunisten" in die Regierung hole. Die Debatte erwecke ohnehin den Anschein, "als würden sich zwei Kerkermeister über Freiheit unterhalten". Gerade die ÖVP, die ganz Österreich in ihre Geiselhaft und unter Kontrolle genommen habe, werde hier keine Glaubwürdigkeit mehr erlangen.
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