Wo Pröll & Co. gedient haben – und wer das Heer mied

Wo Pröll & Co. gedient haben – und wer das Heer mied
Die, die es sich richten? Die, die sich drücken? Das war einmal. Fast ausnahmslos hat die männliche Hälfte der Spitzenpolitik den Grundwehr- oder Zivildienst abgeleistet.

Unter allen Männern in der Regierung und von den Landes- und Parteichefs waren zwei untauglich: Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) und sein Landsmann, Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ).

Fälle wie Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) sucht man derzeit aber vergebens. Sein Fall ist legendär: Er war als Generalsekretär des Wirtschaftsbundes "aus öffentlichem Interesse" vom Wehrdienst freigestellt.

Uniformen

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Als leuchtendes Beispiel geht – wer sonst? – der Oberbefehlshaber voran. Präsident Heinz Fischer hat 1958 im Telegrafen-Batallion in Wien "gedient". Das Morse-Alphabet kann er bis heute. Vor allem nahm er aber die "kameradschaftliche Zusammenarbeit junger Männer aus allen Schichten" aus der Zeit mit. Wie Fischer haben viele Politiker beim Heer etwas für das Leben und für die Politik gelernt.

Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) hat bei den Grenadieren Funken gelernt – und Rommé spielen.

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Reinhold Lopatka , ÖVP-Staatssekretär in spe, hat aus der Belgier-Kaserne in Graz allerhand mitgenommen: "Die Sanitäter-Ausbildung, Freundschaften und den Lebensrhythmus. Tagwache um 6.00 Uhr!" Dem Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) wurde beim Heer gar der weitere Berufsweg in die Pritsche gelegt: Während des Dienstes in der Abwehrschule für ABC-Angriffe (atomar, biologisch, chemisch, Anm.) "ist Tschernobyl explodiert. Da wurde mir klar, wie menschenverachtend Atomkraft ist." Ganz anders Karlheinz Töchterle : Der Uni-Minister musste sein Wissen ins Heer einbringen: "Ich musste Telefonkabel über verschneite Jöcher legen. Da kam mir die Alpinerfahrung zugute."

Eine kleine Attraktion war Othmar Karas : Der heutige EU-Abgeordnete (VP) rückte 1984 als erster aktiver Nationalratsmandatar ein. SPÖ-Klubchef Josef Cap war Ausbilder bei den Pionieren. Resümee: "Ein Heer aus Wehrpflichtigen ist ein größeres Sicher­heitsrisiko für die Soldaten als ein Berufsheer."

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Sein ÖVP-Pendant Karlheinz Kopf war Jäger: "Im militärischen Alltag schärft man sein Bewusstsein für Disziplin, Ordnung, Kollegialität." Sein Parteikollege Reinhold Mitterlehner hat weniger gute Erfahrungen gemacht: Der Wirtschaftsminister hat 1974 in Salzburg gedient und erinnert sich an "viel Leerlauf und viele qualitative Mängel". Das Bundesheer würde er dennoch beibehalten – aber reformieren. Vizekanzler Michael Spindelegger (VP) legt seinen Kindern hingegen nahe, zum Heer zu gehen. Er hat 1977 als Einjährig-Freiwilliger gedient und es bis zum Oberleutnant gebracht. Er habe gelernt im "Team zu arbeiten, Verantwortung zu tragen und Rücksicht auf Schwächere zu nehmen." Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (VP) war in Langenlebarn bei der Fliegerabwehr: "Es war nicht leicht, in der unbeschwerten Lebensphase nach dem Gymnasium in ein Korsett aus Disziplin und Ausbildung gezwängt zu werden."

Ebenfalls beim Heer waren Staatssekretär Sebastian Kurz (’04), die Landeshauptleute Günther Platter (’73), Gerhard Dörfler (’74), Hans Niessl (’73), Franz Voves (’72) sowie die Oppositionsschefs: Heinz-Christian Strache (FPÖ) tat seinen Dienst 1991 in Wien-Floridsdorf; Josef Bucher (BZÖ) 1986 in Klagenfurt.

Unikate

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Der einzige SP-Minister der aktuellen Regierung, der beim Heer war: 1971 hat Rudolf Hundstorfer den Präsenzdienst in Wien abgeleistet: "Als Systemerhalter". Die anderen SPÖ-Männer in der Regierung haben alle den Zivildienst gewählt: Zum bekanntesten Zivi des Landes hat es Heeresminister Norbert Darabos gebracht. Er hat 1987 bei der "Jungarbeiterbewegung" gearbeitet und Jugendliche in Heimen betreut. Kanzler Werner Faymann war von Juni 1983 bis Jänner 1984 beim Verein Junges Wien: "Das war eine wichtige Erfahrung, ich habe mit sozial schwächeren Jugendlichen zu tun gehabt, mit ihnen Bewerbungen formuliert und sie bei der Lehrstellensuche unterstützt."

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Staatssekretär Andreas Schieder war 1990 bei der Kinder- und Jugendbetreuung der Stadt Wien. Er würde sich wohl wieder für den Zivildienst entscheiden – auch als Freiwilliger, weil es nötig sei, "sich für die einzusetzen, die aus schwierigen Verhältnissen kommen." So sieht es auch Staatssekretär Josef Ostermayer , der 1985 in einem Mädchenheim der Bewährungshilfe Wien mithalf.

Ein Unikat ist Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner : Er ist der einzige aktive, hochrangige ÖVP-Politiker, der beim Zivildienst war.

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