USA-Experte: "Österreich wird Sanktionen spüren"

Der Ex-Wirtschaftsdelegierte Rudolf Thaler glaubt, ein EU-Sonderweg gegen die Iran-Sanktionen stoße an praktische Grenzen

Sie waren bis vor Kurzem Wirtschaftsdelegierter in Los Angeles und sind heute in der Wirtschaftskammer für die Beziehungen zum Nahen Osten zuständig. Sie sind als Auskunftgeber für die vielen offenen Fragen rund um die Iran-Sanktionen doppelt befugt. Wie sehr werden diese auch Österreichs Wirtschaft schaden?

Sie werden definitiv Auswirkungen haben. Wir haben im Jahr 2017 über 300 Millionen Euro in den Iran exportiert, das waren die Auswirkungen der Lockerung der Sanktionen 2015. Man kann jetzt schon sehen, dass das Sanktionskorsett enger wird. Wir werden das spüren, auch bei den Importen. Nach Segmenten betrachtet sieht man aber, dass wir zu einem großen Teil Medikamente liefern. Ich gehe   einmal davon aus, dass diese weniger betroffen sind. Bisher galten hier nämlich immer Ausnahmen.

Wie gehen die österreichischen Firmen mit der unsicheren Situation um?

Sehr abwartend und gelassen. Man wird sich ansehen, wie die Sanktionen konkret ausschauen. Das ist der richtige Ansatz. Firmen, die im Iran tätig sind, sind nicht neu in diesem Markt, sondern haben schon Erfahrungen mit Sanktionen gemacht.   Man wird sich jetzt einfach in Ruhe ansehen, welche Chancen es gibt und in welchen Bereichen sich Probleme ergeben.

Rudolf Thaler

Die EU will das Atomabkommen weiter einhalten. Wie realistisch ist es, dass Europa einen Sonderweg geht, angesichts der Drohung der USA, dass jeder, der weiter Geschäfte mit dem Iran macht, selbst mit Sanktionen rechnen muss?

Europäische und österreichische Firmen haben jetzt 180 Tage Zeit, ihre Geschäfte abzuwickeln. Dann einen europäischen Weg zu gehen, wird sehr schwierig. Entscheidend ist nach wie vor die Finanzierung von Geschäften. Und da ist wirklich die Frage, ob sich angesichts der momentanen Sanktionsverhältnisse, Banken vorwagen und sagen: „Ich finanziere Geschäfte in den Iran.“ Wir haben zwei Wellen, die auf die europäische und die österreichische Wirtschaft heranrollen. Die erste wird im August auftreffen und betrifft den Automobilbereich und alles, was mit Kohle und Stahl zu tun hat. Bei der zweiten Welle im November geht es dann ans Eingemachte. Getroffen werden sollen der Energiesektor und die Petrochemie. Maschinen und Ausrüstung in diesem Bereich dürfen dann nicht mehr geliefert werden.

Multis werden also wenig Chancen auf weitere Geschäfte im Iran haben. Wie sieht es bei österreichischen Klein- und Mittel-Unternehmen (KMUs) aus?

Es wird weiter möglich sein, Geschäfte mit Unternehmen zu machen, die nicht auf der Sanktionsliste stehen. Ein Punkt kommt aber dazu, der auch österreichische Firmen betreffen wird: Tochterfirmen von US-Unternehmen im Ausland werden künftig keine Geschäfte mehr mit dem Iran machen dürfen. Bisher galt hier immer eine Ausnahme. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf österreichische Firmen, die eine Mutter in den USA haben.

Wird so Europa wehrlos in den Wirtschaftskrieg zwischen USA und Iran hineingezogen?

Man muss darauf reagieren, aber nicht überhastet. Vor allem sollte man jetzt nicht gleich den Partnern im Iran vor den Kopf stoßen.

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