Mahrer-Rücktritt: Warum AK und ÖGB stillhalten und die SPÖ nicht
Nachdem Harald Mahrer seinen Rückzug von der Spitze der Wirtschaftskammer erklärt hatte, lief alles, wie erwartet - zumindest in seiner, der ÖVP-nahen "Reichshälfte": Vertreter der Industriellenvereinigung (IV) und auch der Volkspartei dankten dem langjährigen Kammerboss für seinen Einsatz und die geleistete Arbeit in siebeneinhalb Jahren. Mahrer sei stets eine starke Stimme für die Interessen der österreichischen Wirtschaft gewesen, befundete beispielsweise IV-Präsident Georg Knill.
Auffallend ruhig blieb es auch am Tag danach freilich auf der "anderen" Seite der Sozialpartnerschaft, also: Im Gewerkschaftsbund ÖGB und in der Arbeiterkammer. Kein "Danke für die Zusammenarbeit", keine guten Wünschen für den weiteren Berufsweg - immerhin kann und wird sich Mahrer ja nicht in den Ruhestand verabschieden.
Die Zurückhaltung ist insofern auch bemerkenswert, als ÖGB-Chef Wolfgang Katzian hinter den Kulissen durchaus Positives über Mahrer zu berichten wusste: Mit dem WKÖ-Chef können man Dinge vereinbaren, die halten. Er, Mahrer, stehe zu Abmachungen und habe Handschlagqualität, so lautet der Sukkus.
Warum also die Zurückhaltung beim Rücktritt des Gegenübers?
Am Tag nach Mahrers angekündigter Demission gibt es in der Gewerkschaftsbewegung dafür zwei Erklärungen.
Die eine ist eine eher formale, und sie geht so: Noch sei ja nicht absehbar, wann Mahrer zurücktrete; und auch die Nachfolge sei offiziell nicht gelöst - insofern liege es weder am ÖGB noch an der Arbeiterkammer, ihn offiziell zu verabschieden.
Die zweite Erklärung ist eine sozialpartnerschaftlich-politische: Das Gegenüber, also die Wirtschaftskammer, sei gerade in einer extrem schwierigen Situation, es werde über Personen und mehr oder weniger große Reformen gestritten. Und in dieser Lage sei es für das Gegenüber, also die Gewerkschaft, schwierig bis unmöglich, etwas Vernünftiges zu Mahrer, seinem Rücktritt und der Wirtschaftskammer zu sagen. Und bei einer so volatilen Lage, so erklärt ein Gewerkschafter dem KURIER, sei es vermutlich klüger, keine Kommentare, Ratschläge oder Wünsche zu deponieren, sondern etwas Zeit verstreichen zu lassen.
Akzeptanz
Wann die Gewerkschaft Mahrers angekündigten Rücktritt kommentiert, das war am Freitag nicht absehbar.
In der SPÖ jedenfalls ist man auf Nachfrage des KURIER nicht ganz so zurückhaltend wie im ÖGB.
Denn tatsächlich gab es am Tag von Mahrers Rücktrittserklärung keine guten Zukunftswünsche von namhaften SPÖ-Vertretern rund um Parteichef Andreas Babler.
Und warum das so ist, das wird ein Stück weit klar, wenn man Partei-Manager Klaus Seltenheim befragt. Auf Nachfrage des KURIER äußert sich Seltenheim zum Abschied von Harald Mahrer wie folgt: "Akzeptanz und Glaubwürdigkeit sind eng miteinander verbunden. Wer bei jeder Gelegenheit Lohnzurückhaltung fordert, sich aber eigene Gehälter extrem erhöht, verliert Glaubwürdigkeit und Akzeptanz." Und Seltenheim weiter: "Dieses Schicksal teilt Harald Mahrer mit Marlene Svazek, die sich selbst das Gehalt um 10.000 Euro im Jahr erhöht hat und nächstes Jahr 10.000 Pflegekräften die Gehälter kürzt."
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