Wird Hofburg-Wahl zum Denkzettel? Expertin rügt Parteien und warnt vor Risiken

Kommende Woche am Freitag, den 2. September ist Abgabeschluss für die Unterstützungserklärungen. Die Grundaufstellung für die Hofburgwahl zeichnet sich bereits ab.
Favorit ist der um seine Wiederwahl werbende Bundespräsident Alexander Van der Bellen.
Seine Herausforderer, die ebenfalls auf dem Stimmzettel stehen werden, sind mit Marco Pogo einer aus dem städtisch-linken Milieu sowie vier aus dem rechten bis bürgerlichen Spektrum: Walter Rosenkranz (FPÖ, Volksanwalt), Gerald Grosz (Ex-FPÖ, Blogger), Michael Brunner (Impfgegnerpartei, Rechtsanwalt), Tassilo Wallentin (Krone-Kolumnist, Rechtsanwalt).
Erstmals regen sich Zweifel an einem glatten Durchmarsch für Van der Bellen. Auch Rosenkranz hat zu kämpfen. Warum das so ist, sagen Expertinnen in einem ersten Ausblick auf den Wahlkampf, seit sich abzeichnet, wer die Kandidatur schaffen wird.

Stichwahl für "Systemkandidaten"?
Schafft Van der Bellen die Wiederwahl beim ersten Anlauf? OGM-Chef Wolfgang Bachmayer meint: Ja, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit.
Die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle ist da vorsichtiger: „Je mehr Alternativkandidaten es gibt, desto größer ist die Gefahr einer Stichwahl. Natürlich kannibalisieren sich Rosenkranz, Grosz, der Impfgegnerkandidat und Wallentin gegenseitig, aber in Summe bringen sie mehr Stimmen zusammen, als wenn nur Rosenkranz allein antreten würde.“
Van der Bellen drohe auch Ungemach, weil er als „Systemkandidat“ dargestellt werde: „Das geht bei vielen rein.“ Man dürfe nicht vergessen, dass aufgrund der Teuerung und drohender Energieknappheit viel Emotion bei den Wählern vorhanden sei. Die Bundespräsidentenwahl könnte für einen „Denkzettel“ genutzt werden, warnt die Expertin.
Wallentin gegen Rosenkranz: das Match um Platz 2
Laut Bachmayer ist das Match um Platz 2 nicht entschieden, Tassilo Wallentin sei wegen seiner Unterstützung durch die Krone ein ernsthafter Konkurrent für Rosenkranz. „Wallentin ist ein Angebot für ÖVP-Wähler“, meint Bachmayer. Dieses Reservoir könnte er Rosenkranz streitig machen.
Stainer-Hämmerle hingegen hält Rosenkranz für den klaren Anwärter auf den zweiten Platz, auch wenn die vielen Konkurrenten aus demselben Lager dem FPÖ-Kandidaten „natürlich schaden“.
Die Risiken für die Parteien
Stainer-Hämmerle meint, die FPÖ hat die meisten Chancen auf politischen Profit. „Sie kann jetzt Wochen hindurch die Themen setzen und die Regierung kritisieren, und niemand wird dagegenhalten. Van der Bellen wird sich hüten, als Verteidiger der Regierung aufzutreten.“ Da in dem Wahlkampf niemand die ÖVP-geführte Regierung verteidigen werde, sieht Stainer-Hämmerle den größten politischen Schaden bei der Kanzlerpartei ÖVP.
Bachmayer ortet ein Risiko für FPÖ-Chef Herbert Kickl. Sollte Rosenkranz allzu weit unter den Erwartungen bleiben, könnte in der FPÖ eine Kickl-Diskussion losgehen.
Demokratiepolitische Bewertung: Rüge für SPÖ und ÖVP
Bachmayer glaubt, dass der Wahlkampf „nicht untergriffig“ wird, und dass die Wahlbeteiligung sehr niedrig ausfallen könnte.

Kathrin Stainer-Hämmerle
Stainer-Hämmerle übt deutliche Kritik an SPÖ und ÖVP und deren Umgang mit dem höchsten Amt im Staat. Es sei alleinige Verantwortung von SPÖ und ÖVP, dass es keine staatstragenden Alternativen zu Van der Bellen gibt, der Bergunfall letzte Woche habe vor Augen geführt, dass „immer etwas passieren kann“. Wenn ÖVP und SPÖ schon auf eigene Kandidaten verzichten, dann sollten sie Van der Bellen „wenigstens offensiv unterstützen“.
Nach Genesung: Van der Bellen plant Auftritt in Tirol
Nach seiner Genesung wird Van der Bellen kommende Woche den Wahlkampf in Schwung bringen. Er wird im Kaunertal eine sehr persönliche Österreich-Erklärung abgeben.
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