Im Endlos-Streit in der Wiener Ärztekammer steht heute Abend der nächste Showdown bevor. Bei der Vollversammlung werden die 90 Mandatare über die Abwahl von Präsident Johannes Steinhart abstimmen. Im Laufe der Sitzung wurde beschlossen, die Abstimmung, die erst gegen Mitternacht stattfinden sollte, geheim druchzuführen.
Steinhart war in den vergangenen Monaten im Zusammenhang mit Ungereimtheiten in der Handelsfirma Equip4Ordi, eine Tochter der Kurie der niedergelassenen Ärzte, massiv unter Beschuss geraten. Wie berichtet ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen mehrere Personen – darunter auch den Präsidenten – unter anderem wegen des Vorwurfs der Untreue. Es geht um fragwürdige Prämienzahlungen und Kreditgeschäfte. Im Zuge der Ermittlungen hatten drei Beschuldigte ausgesagt, auf Weisung bzw. Genehmigung Steinharts, der bis zum Vorjahr Obmann der Kurie war, gehandelt zu haben. Dieser bestreitet alle Vorwürfe.
Erbitterter interner Streit
Angestoßen hat die Ermittlungen Steinharts Nachfolger als Kurienobmann, Erik Randall Huber, der damals noch wie der Präsident zur ÖVP-nahen Fraktion "Vereinigung“ gehörte. Es brach zwischen den beiden und deren Gefolgsleuten ein erbitterter Streit los – gegenseitig deckte man sich mit Rücktrittsaufforderungen und Misstrauensanträgen ein. Schließlich verließen Huber und seine Verbündeten die "Vereinigung“.
Zuletzt gewann das Steinhart-Lager aber zunehmend die Oberhand. Huber reichte am Freitag seinen Rücktritt als Kurienobmann und Vizepräsident ein. "Ich will nicht mehr für den Zustand der Ärztekammer der Verantwortliche sein. Wo doch dies tatsächlich Steinhart ist“, begründete er seinen Schritt und forderte von Steinhart, dass auch dieser zurücktrete.
Zuletzt wuchs auch der Unmut in der Österreichischen Ärztekammer, deren Präsident Steinhart ebenfalls ist. Mit Ausnahme vom Salzburger Präsidenten Karl Forstner hat bis dato aber noch keiner der dortigen Spitzenfunktionäre den Abgang des Präsidenten gefordert.
Der denkt auch nicht an einen freiwilligen Rückzug. Doch auch eine Abwahl Steinharts bei der heutigen Sitzung gilt als unwahrscheinlich. Braucht es doch dafür eine Zweidrittelmehrheit.
Erzrivale Szekeres rettet Steinhart
Es ist ausgerechnet einer seiner alten Erzrivalen, der Steinhart das Überleben sichert. Der SPÖ-nahe Ex-Präsident Thomas Szekeres und seine Fraktion haben sich zuletzt demonstrativ hinter Steinhart gestellt. Seine Gruppe ist an sich in Opposition, aber nach der Spaltung der "Vereinigung“ die stärkste in der Vollversammlung.
Auf der Tagesordnung stand auch ein Antrag auf Neuwahlen. Über ihn wurde erst gar nicht angestimmt. Auf Initiative der Antragsteller wurde aber beschlossen, ihn zu vertagen. Wohl auch deswegen, weil nach dem Rücktritt von sich die Pattsituation in der Kammer ohnehin aufzulösen scheint. Für die Annahme des Antrags hätte es ebenfalls eine Zweidrittelmehrheit gebraucht.
Somit dürfte Steinhart bis auf weiteres unangefochten bleiben – es sei denn, die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bringen neue belastende Erkenntnisse zu Tage.
Kurie auf Steinhart-Linie
Bereits am Montag fand eine Sitzung der Kurie der niedergelassenen Ärzte statt, die nach dem Rückzug Hubers auf Steinhart-Linie gebracht wurde. So soll Naghme Kamaleyan-Schmied, eine enge Vertraute des Präsidenten und bisher Huber-Stellvertreterin, die Führung der Kurie übernehmen.
Weiters wurde das Berufsverbot von Yvetta Zakarian im Ärztefunkdienst zurückgenommen. Sie hatte als ärztliche Leiterin Huber wie berichtet in einem Facebook-Posting massiv kritisiert.
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