"Alt-Wiener" im Gemeindebau: Drittel wird vorgereiht

"Alt-Wiener" im Gemeindebau: Drittel wird vorgereiht
15.000 Menschen stehen derzeit auf der Warteliste - Angestammte haben seit kurzem die besseren Karten.

Ein Zuckerl vor der nahenden Wien-Wahl: Seit 1. Juli 2015 gelten die neuen, strengeren Vergabekriterien für Gemeindebau- und geförderte Wohnungen. Mit dem Wiener Wohn-Ticket trat u.a. der - vom grünen Koalitionspartner kritisierte - Bonus für Langzeit-Wiener in Kraft.
Von diesem profitiert derzeit jeder dritte Antragsteller, wie Wohnbaustadtrat Michael Ludwig am Mittwochabend vor Journalisten erklärte. Pro fünf Jahre Hauptwohnsitz in Wien rücken Ticketlöser drei Monate in der Warteliste vor. Insgesamt kann diese Gutschrift bis zu neun Monate ausmachen. Seit 1. Juli wurden 2.863 Wohn-Tickets ausgestellt, davon 1.513 für Gemeindewohnungen. In gut einem Drittel der Fälle - genau bei 540 Tickets - griff der Wien-Bonus. Wie oft Antragsteller gleich neun Monate nach vorne rutschten, wurde jedoch nicht erhoben. "Menschen, die schon lange hier leben, sollen auch merken, dass sie uns besonders wichtig sind. Wie im Supermarkt - da muss man sich auch hinten anstellen", meinte Ludwig.

Kein Gehaltscheck

In 334 Fällen wurde der Antrag auf eines der neuen Wohn-Tickets überhaupt abgelehnt - meist wegen Überschreiten der Einkommensgrenze oder etwa fehlendem Überbelagsbedarf. Ludwig zeigte sich durchaus zufrieden mit den Verschärfungen, einen Gehaltscheck im Gemeindebau - wie zuletzt von der Opposition gefordert - lehnt der Stadtrat dagegen weiterhin ab. Obwohl das Wohn-Ticket zu 60 Prozent online beantragt wird, ist das Besucheraufkommen in der Wohnberatung Wien nicht gesunken. Seit Jänner werden dort sowohl Menschen mit Anspruch auf Gemeindewohnungen als auch auf geförderte Wohnungen beraten - durchschnittlich 1.700 Kunden pro Woche.

Grundsätzlich warten derzeit knapp 15.000 Menschen auf eine Gemeindewohnung, rund 10.000 Mieter, die bereits in einer solche wohnen, haben einen Veränderungswunsch. Insgesamt vergibt die Stadt rund 16.000 Wohneinheiten pro Jahr.

Kritik von jungen Pinken

Christoph Wiederkehr, Jugendkandidat für NEOS Wien, sieht die neuen Regelungen als Hohn an. Obwohl mit der Umbenennung des „Vormerkscheins“ in „Wohnticket“ einige Regeländerungen einhergingen, "hat sich an den absurden Kriterien wenig geändert", ärgert er sich via Aussendung. Die Neos fordern für die soziale Durchmischung eben doch ein Einkommensmonitoring. Zudem hindere man Junge am Einzug in den Gemeindebau – „so müssen AHS- und BHS-Absolventen die vergangenen zehn Jahre bei den Eltern und zwei Jahre an der gleichen Adresse gewohnt haben. Ziehen junge Menschen aus der elterlichen Wohnung aus, bevor sie sich ein Wohnticket gesichert haben oder sind sie bereits in eine WG gezogen, haben sie Pech gehabt“, monieren die jungen Pinken.

Die Mietpreise in Wien, zumindest am Portal Immowelt.at, sind seit 2013 weitgehend stabil. Im ersten Halbjahr 2015 gab es im Vergleich zur Vorjahresperiode sogar einen leichten Rückgang von einem Prozent. Die höchsten Mieten sind wenig überraschend in der Inneren Stadt in Wien fällig, wo der Median (die Hälfte ist teurer, die Hälfte billiger) bei 17,40 Euro je Quadratmeter lag.

Knapp dahinter folgt die Donaustadt (15,20 Euro). Zahlreiche Neubauten haben zu einem sprunghaften Anstieg bis 2013 geführt, seither stagnieren auch in diesem Bezirk die Mieten. Etwas weniger kostet eine Wohnung in Neubau, Währing, Döbling, Leopoldstadt, Hietzing, Mariahilf und Alsergrund mit 14 bis 15 Euro. Um 13 bis 13,90 Euro je Quadratmeter gab es die Angebote des Portals in den Bezirken Josefstadt, Margareten, Landstraße, Ottakring, Liesing und Meidling. Zwischen 12,40 und 12,90 Euro waren für Wohnungen in Floridsdorf, Hernals, Penzing, Favoriten Brigittenau, Simmering und Schlusslicht Rudolfsheim-Fünfhaus fällig.

Über fünf Jahre gemessen ergibt sich ein Anstieg der Mietpreise um 17 Prozent, während die Inflation 9,6 Prozent betrug, rechnet Immowelt.at vor, schränkt aber selber ein, dass der Anstieg in nur zwei Jahren, 2012 (plus 8 Prozent) und 2013 (plus 16 Prozent) zustande kam. 2011 waren die Mieten schon um acht Prozent gesunken, auf damals 11,10 Euro wienweit, seit 2013 gibt es kaum mehr eine Bewegung (2014: plus 1 Prozent/2015 minus 1 Prozent).

Insgesamt erhob das Portal für Mieten in Wien für das erste Halbjahr 2015 einen Preis von 14 Euro je Quadratmeter. Datenbasis sind 38.350 Immobilienangebote. Die Mietpreise als Gesamtmieten bei Neuvermietung geben jeweils den Median der im 1. Halbjahr angebotenen Wohnungen wieder.

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