Wiens ÖVP-Chef Mahrer soll angeklagt werden - und wittert eine Intrige

Wiens ÖVP-Chef Mahrer soll angeklagt werden - und wittert eine Intrige
Laut Medienbericht sollen er und seine Ehefrau wegen Untreue angeklagt werden. WKStA bestätigt das vorerst nicht. Bei der Landes-ÖVP wittert man "politisches Vorgehen" wegen Wien-Wahl. Was ist da dran?

Gestern, Mittwoch, gab ÖVP-Landesparteichef Karl Mahrer eine "persönliche Erklärung" ab, sein Presseteam musste zuvor noch eilig erklären, dass es sich nicht um einen Rücktritt, sondern um ein Statement zu den geplatzten Regierungsverhandlungen gehe. 

Warum man auf solche Ideen kommen sollte? Nun, Mahrer ist Beschuldigter in der Causa Wienwert, und seit vergangener Woche wird gemunkelt, dass ihm da eine Anklage blüht. 

Heute, Donnerstag, scheint die Anklage gewiss zu sein: zackzack.at veröffentlichte den entsprechenden Erlass aus dem Justizministerium, der in der Weisungskette über die Oberstaatsanwaltschaft an die WKStA geschickt wurde und bereits im Strafakt liegt. 

Laut zackzack.at sollen Mahrer und seine Ehefrau wegen Untreue angeklagt werden. Es geht um die PR-Agentur von Mahrers Ehefrau, die ab Sommer 2017 bis Anfang 2018 monatlich rund 10.000 Euro vom früheren Immobilienentwickler Wienwert erhielt. Die WKStA sah dafür keine konkrete Gegenleistung. 

Die Immobilienentwicklungsgesellschaft Wienwert war 2018 insolvent geworden. Geschädigt wurden vor allem Anlegerinnen und Anleger, die Anleihen des Unternehmens gezeichnet hatten.

Im Falle der Mahrers wird der Schaden mit rund 70.000 Euro beziffert, in dieser Größenordnung drohen bis zu drei Jahre Haft

WKStA: Umsetzung dauert noch

Auf KURIER-Anfrage bei der WKStA heißt es am Donnerstag, man könne "aus Rücksicht auf die Persönlichkeitsrechte derzeit keine Stellungnahme abgeben". Die Umsetzung des Erlasses aus dem Justizministerium werde noch eine Weile dauern, dann wird das Ergebnis kommuniziert. 

Die Wiener ÖVP zeigte sich am Donnerstag "überrascht" über die Medienberichte, Mahrer habe bis jetzt keine offizielle Meldung erhalten.

ÖVP sieht "keinen Vorwurf gegen Mahrer"

Landesgeschäftsführer Peter Sverak sagt: "Seit über drei Jahren läuft dieses Verfahren – ohne Beweise oder belastbare Hinweise auf ein strafbares Verhalten von Karl Mahrer. Dass ein Blogger offenbar schneller über eine Anklage informiert wird als der Betroffene selbst, ist bemerkenswert. Rechtsstaatlichkeit bedeutet nicht nur gründliche Ermittlungen, sondern auch faire und transparente Abläufe."

Fragen werfe aus Sicht der ÖVP auch auf, dass die Causa "genau jetzt, mitten im Wien-Wahlkampf, erneut medial hochgespielt wird". 

Sverak: "Wir setzen darauf, dass die Vorwürfe in einem objektiven Verfahren geklärt werden. Die bisherigen Erkenntnisse lassen jedenfalls keinen Vorwurf gegen Karl Mahrer erkennen."

Internes Kalmieren

Ähnlich klingt ein interes eMail, das Sverak kurz vorher an den Landesparteivorstand geschickt hat und das dem KURIER vorliegt.

Allerdings geht Sverak inhaltlich etwas mehr ins Detail - und versucht, zu kalmieren: Der Beratungsvertrag zwischen Wienwert und besagter PR-Agentur Mahrers sei vom zuständigen Aufsichtsrat "genehmigt" und "mängelfrei", wie die WKStA selbst festgehalten habe. "Es gibt keine Hinweise darauf, dass Karl Mahrer in den Vertragsabschluss involviert war, geschweige denn ein Fehlverhalten vorliegt." 

Und auch im internen Mail äußert Sverak den Verdacht einer Art Intrige: "Ein Verfahren, das seit Jahren keine neuen Erkenntnisse bringt, aber plötzlich in einer Wahlkampfphase an Fahrt aufnimmt, kann kein Zufall sein." Und weiter: Die Wiener Volkspartei wird sich von diesem politisch motivierten Vorgehen nicht beirren lassen." 

Der abschließende Satz ist (wie einige andere Passagen auch) in Fettschrift verfasst: "Wir stehen geschlossen hinter Karl Mahrer und lassen uns nicht durch fragwürdige Justizaktionen von unserer Arbeit in Wien ablenken."

Warum die Anklage genau jetzt kommt

Die Erzählung der ÖVP hat allerdings einen Logik-Fehler: Die Wien-Wahl wäre eigentlich für Herbst geplant gewesen, einen Termin gab es noch nicht. Die Vorverlegung auf 27. April wurde Mitte Jänner von SPÖ und Neos beschlossen. 

Die WKStA hat ihre Ermittlungen schon im Oktober des Vorjahres abgeschlossen und plante da offenbar schon, anzuklagen. Ohne Berichtsweg wäre die Anklage also - aus damaliger Sicht - rund ein Jahr vor dem geplanten Wahltermin festgestanden. 

In prominenten Causen besteht allerdings Berichtspflicht - und das bedeutet, dass die WKStA zunächst einen Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft geschickt hat, diese dann geprüft und den Bericht ans Justizministerium weitergeleitet hat - das dürfte Ende 2024 gewesen sein. Jetzt ist der Erlass - sprich: die Entscheidung - wieder bei der WKStA retour und wird dort weiter verarbeitet. 

Die Zeitspanne ist in solchen Causen nicht ungewöhnlich. Zum Vergleich: In der Causa Falschaussage bei Ex-Kanzler Sebastian Kurz dauerte der Berichtsweg rund neun Monate. Im Jänner 2023 war die WKStA mit ihren Ermittlungen fertig, im Oktober 2023 wurde die Anklage fixiert. 

Die Causa um Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter wurde im Jänner 2024 fertig ermittelt, Anfang Februar 2025 fiel die Entscheidung zur Teileinstellung und Anklage. Hier gab es dazwischen aber noch Anweisungen, weiterzuermitteln, deshalb dauerte der Berichtsweg insgesamt ein Jahr

Und was ist mit SPÖ-Bezirksvorsteher Nevrivy?

Auffällig ist an der Sache eher, dass im zackzack-Artikel keine Rede von SPÖ-Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy ist - auch gegen ihn ermittelt die WKStA in der Causa, so wie gegen zwölf andere Personen und vier Verbände. Und auch Nevrivy muss sich am 27. April einer Wahl stellen, in seinem Fall den Bezirksvertretungswahlen. 

Auf KURIER-Anfrage heißt es, der Bezirksvorsteher sei "nicht angeklagt", von einer etwaigen Einstellung wisse man aber auch nichts. Kurzum: ein aktueller Informationsstand war hier nicht zu erfahren. 

Der Erlass, den das Onlinemedium faksimiliert ist, liegt übrigens seit Ende der vergangenen Woche im Strafakt, Akteneinsicht haben alle Verteidiger der Beschuldigten. 

Kommentare