Wollen sie ernsthaft noch einmal miteinander verhandeln? Wenn ja, in welcher Konstellation?
Oder sind weitere Gespräche angesichts der handelnden Personen und Positionen derart sinn- und fruchtlos, dass andere Varianten ins Spiel kommen müssen – von einer Minderheitsregierung bis hin zur Wiederholung der Nationalratswahl.
Verordnet
Bleiben wir beim Stichwort: Entgegen der landläufigen Meinung kann der Bundespräsident Neuwahlen nicht einfach verordnen.
Vorgezogene Nationalratswahlen sind nur möglich, wenn sich eine Mehrheit im Parlament, genauer: im Nationalrat, dafür ausspricht.
Gesetzt dem wahrscheinlichen Fall, dass die Mehrheit der im Parlament vertretenen Parteien gegen die Wiederholung der Nationalratswahl vom 29. September auftritt, stellt sich unverändert die Frage der Regierungsbildung: Theoretisch, und auch das wurde in den vergangenen Tagen mehrfach erläutert, liegt es nicht am Staatsoberhaupt, den Auftrag zur Bildung einer Koalition zu vergeben, die Parteien könnten auch von sich aus noch einmal miteinander reden. Der Bundespräsident kann Gespräche anregen, muss es aber nicht.
So wurde beispielsweise die erste ÖVP-FPÖ-Regierung der Zweiten Republik explizit gegen den Wunsch des damaligen Bundespräsidenten eingefädelt. Denn im Unterschied zu einzelnen Landesverfassungen sieht die Bundesverfassung den Begriff des Regierungsbildungsauftrages so gar nicht vor.
Doch zurück zum Entscheidungsbaum und dem, was kommen könnte: Wird nicht neu gewählt, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Die bestehende Bundesregierung oder eine andere Form der Übergangs- bzw. Expertenregierung macht weiter – oder die Parteien finden sich zu neuerlichen Gesprächen, um eine tragfähige Regierung zu bilden.
Geduldet
Kurz zur bestehenden Regierung: Sie hat die spannende Eigenschaft, im Amt zu sein, obwohl sie keine Mehrheit im Parlament hinter sich weiß.
Warum ist das so?
Die aus türkis-grünen Mitgliedern bestehende Ministermannschaft unter Alexander Schallenberg wird „geduldet“. Dieses Übergangskabinett könnte jederzeit mit einem Mehrheitsvotum im Nationalrat aus dem Amt gewählt werden. Dass dies nicht passiert ist, liegt an den laufenden Regierungsverhandlungen.
Denn bisher bestand die Usance, dass Übergangsregierungen keine politischen Entscheidungen treffen, nur verwalten und im Gegenzug dafür so lange amtieren, bis die neue, mit einer Mehrheit ausgestattete Bundesregierung auch angelobt ist.
Das wahrscheinlichste Szenario war Mittwochabend das folgende: Die vier Parlamentsparteien ÖVP, SPÖ, Neos und Grüne treffen sich zu neuerlichen Gesprächen, um doch noch eine Regierung zustande zu bringen.
Kommentare