Wie der Meister bald ein "Bachelor Professional" werden soll

Wie der Meister bald ein "Bachelor Professional" werden soll
Nicht nur die Wirtschaftkammer drängt auf Umsetzung des „größten bildungspolitischen Meilenstein seit 30 Jahren“

Seit dem Kaiserreich ist und bleibt Österreich ein Land der Titel. Die Vergabe der Titel war die längste Zeit nur den Universitäten vorbehalten, seit bald 30 Jahren können auch Fachhochschulen Bachelor und Master (FH) verleihen, an inzwischen 21 Fachhochschulen in Österreich.

Ab 2024 soll eine ganz neue Möglichkeit zu einer „Höheren Beruflichen Bildung“ möglich werden: Es geht um eine fachliche Aufwertung der Lehre, die neue berufspraktische Abschlüsse wie an eigenen Anstalten bekommen werden. Rund 1,6 Millionen Menschen in Österreich haben eine abgeschlossene Lehre. Für die Wirtschaftskammer, die angesichts des anhaltend schlechten Images der Lehrberufe auf eine baldige Umsetzung der Höheren Qualifikation drängt, wäre das nichts weniger als der „größte bildungspolitische Meilenstein seit 30 Jahren“ (seit Start der Fachhochschulen).

Gleichwertig, nicht gleich

Worum geht es? Bei der „Höheren Beruflichen Bildung“ gehe es um die Verankerung einer gleichwertigen Alternative zur hochschulisch-akademischen Bildung in Österreich, erklärte die stellvertretende WKÖ-Generalsekretärin, Mariana Kühnel. Denn aktuell würden berufspraktische Abschlüsse wie Meisterin oder Meister noch nicht als gleichwertig wahrgenommen. Kühnel und Melina Schneider, die Leiterin der Abteilung Bildungspolitik in der WKÖ, kämpfen zudem für ein besseres Image der Lehrberufe, für die Österreich (und Deutschland und die Schweiz) ja international durchaus beneidet werden. Ein Problem wird bei den Mittelschulen gesehen, Betriebe würden nach wie vor registrieren, dass neue Lehrlinge nach neun Jahren Schulpflicht immer weniger Kompetenzen in den Kulturtechniken (Lesen, Schreiben, Rechnen) vorweisen. „Der PISA-Test belegt seit mehr als 20 Jahren, dass konstant 20 bis 23 Prozent der Schüler nicht sinnerfassend lesen können“, verweist Schneider auf die regelmäßigen Ergebnisse.  

Es geht also um ein besseres Image und eine echte Möglichkeit der Aufwertung der Lehre. Am Ende könnte sich ein Einzelhandelskaufmann oder eine Einzelhandelskauffrau aufbauend auf den Lehrberuf zum Filialleiter oder Regionalleiter qualifizieren, Rauchfangkehrer können sich zu Energieberater oder Energieeffizienzberater weiterbilden, Dachdecker eine tertiäre Qualifizierung für Photovoltaik und Solarthermie und Industrie-Lehrlinge könnten sich nach der beruflichen Lehre zu Automatisierungstechniker/Mechatroniker weiterqualifizieren. Möglich sollen aber auch Titel wie Bachelor Professional oder Master Professional werden.

"Die Zeit drängt"

Tatsächlich hängt das Gesetz aber noch in den Seilen: Federführend ist das Arbeitsministerium von Martin Kocher, der in Abstimmung mit Wissenschaftsminister Martin Polaschek ein Gesetz vorlegen muss. Die Verzögerung ist offensichtlich, schließlich gab es einen entsprechenden Ministerratsvortrag bereits im Februar 202, damals noch von Margarete Schramböck. „Die Berufsbildung soll parallel zur höheren Allgemeinbildung ausgebaut werden bzw. Lehrlingsausbildung bei tertiären Studien besser angerechnet werden können“, hieß es darin.  Dem Vernehmen nach gibt es tatsächlich Vorbehalte unter den Beamten, dass Lehrberufe künftig eine, wenn auch neue, Art der tertiären Ausbildung bekommen sollen.

Kommentare