Im Juni hatte Klimaministerin Leonore Gewessler Österreichs Klimaplan 2030 präsentiert. Demnach schafft die Republik eine Reduktion der Treibhausgase (im Vergleich zu 1990) von 35 Prozent. Das EU-Ziel für Österreich heißt aber minus 48 Prozent. Gewessler rief deshalb auf, bis September Vorschläge zu liefern, wie die fehlenden 13 Prozentpunkte erreicht werden könnten.
Dem KURIER liegt eine erste detaillierte Stellungnahme von 49 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der Klima-, Klimafolgen- und Transformationsforschung vor, wie und wo die Regierung beim Klimaplan nachbessern könnte.
"Die aktualisierte Version des NEKP markiert einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung, jedoch ist größere Entschlossenheit erforderlich, um den Herausforderungen des Klimawandels gerecht zu werden", betont einer der Hauptautor:innen der Stellungnahme, der Grazer Professor Karl Steininger. "Es ist unumgänglich, dass der Plan in vielen Bereichen konkreter wird und weitreichendere Maßnahmen beinhaltet, um einen fairen Anteil am globalen Klimaschutz zu leisten und eine lebenswerte Zukunft für zukünftige Generationen zu sichern."
Sein Kollege, der Grazer Geophysiker Gottfried Kirchengast, erklärt zudem: "Um die NEKP-Ziele 2030 und die Klimaneutralität 2040 zu erreichen, muss ein wirksames Zusammenspiel von kurzfristigen Maßnahmen und langfristiger Transformation umgesetzt werden. Im vorliegenden Entwurf bleiben jedoch die Umsetzungswege zu wichtigen Zielen offen, beispielsweise für den verstärkten Aufbau von nachhaltiger Kohlenstoffspeicherung in der Land- und Forstwirtschaft."
In der Stellungnahme finden sich eine Vielzahl von Maßnahmen. Eine kleine Auswahl zentraler Maßnahmen, die zum Teil rasch umsetzbar wären und zu unmittelbaren Ergebnissen führen würden, wären u. a.
- die Abschaffung aller klimaschädlichen Subventionen. Eine entsprechende Liste ist der Finanzminister seit drei Jahren schuldig.
- die Erhöhung des CO2-Preises (von derzeit 32,50 €) auf mindestens 130€/Tonne CO2 bis 2030 als auch eine sozial-ökologische Anpassung der Steuern und Gebühren.
- die Senkung der Tempolimits (100 km/h Autobahnen, 80 km/h Landstraße und 50/30 km/h im Ortsgebiet).
- eine stringentere Umsetzung von Energiesparverpflichtungen.
- eine gesetzliche Sanierungspflicht.
- die Förderung langlebiger holzbasierter Produkte.
- die Umsetzung eines konsequenten Treibhausgas-Monitorings auch der Abfall- & Kreislaufwirtschaft.
- der Kapazitätsaufbau und „Empowerment Skills“ für Klimaschutz- und –anpassungsmaßnahmen bei Mitarbeitern im öffentlichen sowie privaten Bereich.
- einen eigenen Markt für die Kohlenstoff-Entnahme und -Speicherung schaffen (Carbon Capture and Storage).
- das CO2 aus der Luft holen: Netto-negative Emissionsziele für die Zeit nach 2040 definieren, um jenes CO2, das sich aus den Emissionen Österreichs in der Vergangenheit in der Atmosphäre akkumuliert hat, wieder zu entfernen.
- flankierende Maßnahmen, um Länder des globalen Südens zu unterstützen, ihre Emissionsreduktionsziele zu verwirklichen.
- Rahmenbedingung für digitale Vernetzung und Effizienzsteigerung schaffen.
- eine verpflichtende Vorlage von Anpassungs- sowie Hitzeschutzplänen für Gemeinden/Bezirke.
- eine sozial-ökologische Reform für eine hohe Lebensqualität und ausreichende Bedürfnisbefriedigung für alle Menschen innerhalb der Erdsystemgrenzen.
- die nachhaltige Kohlenstoffspeicherung und Erhalt bzw. Erhöhung der Biodiversität als Unternehmensziele der Bundesforste AG.
- Bildungskonzepte für nachhaltige Entwicklung und klimafreundliches Leben.
- Bürgerräte, deren Ergebnisse in die Politik einfließen.
„Österreich muss auch seiner internationalen Verantwortung nachkommen. Fairness gegenüber Ländern des globalen Südens sichert auch den österreichischen Wirtschaftsstandort. Ein ambitionierter NEKP und ein starkes Klimaschutzgesetz sind nicht optional, sondern eine Notwendigkeit, um ein gutes Leben für alle zu ermöglichen.“ schließt Dr. Keywan Riahi von der IIASA (International Institute for Applied Systems Analysis) in Laxenburg .
Damit der Klimaplan eingehalten wird, brauche es das Klimaschutzgesetz, fordert die emeritierte Boku-Professorin Helga Kromp-Kolb. Die türkis-grüne Koalition kann sich seit zwei Jahren nicht auf einen Text einigen.
Das Dokument zum Download finden Sie hier.
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