Wer die Parteien künftig zahlen darf

Wer die Parteien künftig zahlen darf
„Novomatic zahlt alle“ – drei Jahre nach Ibiza und unter Eindruck des neuen U-Ausschusses liegt nun ein Vorschlag für transparente Parteikassen und wirksame Kontrolle durch den Rechnungshof vor.

Es war eine Doppel-Conference – allerdings in ungewohnter Zusammenstellung: Denn als die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer am Montag all die Vorschläge präsentierte, mit denen die Bundesregierung mehr Transparenz in das Parteiensystem bringen will, da stand nicht ÖVP-Klubchef August Wöginger, sondern Andreas Ottenschläger an ihrer Seite. Wöginger hat Corona, Ottenschläger ist ÖVP-Experte für Fragen der Parteienfinanzierung. Und er fasste so zusammen, warum ÖVP und Grüne nun all die neuen Vorschläge machen: „Demokratie heißt Wettbewerb. Und wir wollen faire Rahmenbedingungen für einen fairen Wettbewerb aller politischen Parteien.“

Faire Bedingungen also: Fast drei Jahre nachdem die Ibiza-Affäre das Land erschüttert hat, und nachdem von Heinz-Christian Strache ventilierte Sätze wie „Die Novomatic zahlt alle!“ Teil der jüngeren Zeitgeschichte wurden, stellen die zwischen Türkis und Grün akkordierten Vorschläge nun den ersten nennenswerten Versuch dieser Bundesregierung dar, die im Ibiza-Video ventilierten Ungeheuerlichkeiten auch verfassungsrechtlich zu verhindern.

Denn tatsächlich soll durch eine vergleichsweise strenge und enge Kontrolle aller Parteispenden verhindert werden, dass sich Unternehmen, Konzerne oder auch Privatpersonen Parteien kaufen.

Die augenscheinlichste Veränderung, die ÖVP und Grüne anpeilen, ist wohl diese: Der Rechnungshof soll deutlich mehr Möglichkeiten als bisher bekommen, die Parteien und deren Finanzen zu kontrollieren. So soll es bei einem „begründeten Verdacht“ auf einen Verstoß gegen das Parteiengesetz möglich sein, „dass der Rechnungshof Belege und Unterlagen einsieht“ (Maurer).

Dass die neuen Regelungen (Details siehe unten) wirklich eingehalten werden, soll eine Verschärfung bei Geldbußen garantieren.

Die Resonanz auf die Vorschläge ist durchaus positiv. Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker sprach von einem „wichtigen Schritt für mehr Transparenz und Kontrolle“. Und sie äußerte die Hoffnung, dass die Oppositionsparteien die Reform mittragen werden.

Damit alle Vorschläge umgesetzt werden können, benötigt die Regierung die Zustimmung von FPÖ oder SPÖ – der Entwurf erhält Verfassungsbestimmungen, für die eine Zweidrittelmehrheit im Parlament erforderlich ist.

SPÖ und Neos geben sich wohlwollend; nur FP-Generalsekretär Schnedlitz moniert, dass der Entwurf nicht umfassend genug sei.

Die Bundespräsidentenwahl wird von dem neuen Parteiengesetz nicht erfasst sein, sie soll eigene Regeln erhalten. Bis zur Wahl im Herbst, so Ottenschläger, sei das aber „zu sportlich“.

Transparenz: Die Berichtspflichten

Geht es nach dem Regierungsvorschlag, müssen die Parteien in ihrem Rechenschaftsbericht künftig lückenlos alle Zahlungsflüsse aufschlüsseln. Auf Bundesebene bedeutet das eine Bilanz, die Vermögen, Schulden, Erträge und Aufwendungen enthält. Dasselbe auf Länder-Ebene, wobei auch Immobilienvermögen, Kredite und Darlehen aufgeschlüsselt werden müssen. Der Rechnungshof kann alle Belege und Rechnungen im Verdachtsfall inhaltlich prüfen. 
Zusätzlich zum Rechenschaftsbericht sollen die Parteien auch einen Wahlwerbungsbericht verfassen müssen. Dieser hat spätestens sechs Monate nach einer Wahl vorzuliegen und muss alle Ausgaben für die Kampagne enthalten. Wie beim Rechenschaftsbericht kann und soll der Rechnungshof den Wahlwerbungsbericht inhaltlich überprüfen, wenn Zweifel über die Korrektheit bestehen. 

Fairness: Die Spendengrenzen

Die Möglichkeit privater Spenden wird stark reglementiert. Bereits  bei Parteispenden  ab  150 Euro müssen Name und Summe quartalsmäßig an den Rechnungshof  gemeldet werden, ab 500  Euro werden sie öffentlich.  Mehr als 7.500 Euro dürfen von einem Spender pro Jahr nicht angenommen werden. 
Neu geplant ist zudem, dass Unternehmen mit direkter bzw. indirekter Beteiligung der öffentlichen Hand nicht an Parteien spenden dürfen. Die Parteien sind wesentlich auf staatliche Förderung angewiesen. Deren Höhe bemisst sich an der Stärke der Parteien laut Wahlergebnis. 2021 wurden knapp 31 Millionen Parteienförderung ausbezahlt, davon gingen 11,7 Millionen an die ÖVP,  6,7 Mio. an die SPÖ, 5,2 Mio. an die FPÖ, 4,5 an die Grünen und 2,7 an Neos. Für Wahlkämpfe und Kampagnen darf nur die Parteienförderung verwendet werden.

Kontrolle: Die neuen Strafen

Der Rechnungshof erhält Einschau in die Parteibücher, bisher durfte er nur als eine Art Notar feststellen, ob die Parteien die Vorschriften formal eingehalten haben. In Zukunft darf er inhaltlich prüfen, ob die Angaben plausibel und richtig sind. Die Strafen bei Verstößen werden empfindlich erhöht: Werden Rechenschaftsberichte dem Rechnungshof zu spät oder unrichtig geliefert, gibt es bis zu 50.000 € Strafe und es kann Parteienförderung einbehalten werden. Wird die Wahlkampfausgabenobergrenze überschritten, steigt das Bußgeld merklich. Beispiel: Die ÖVP hatte im Wahlkampf 2017 dreizehn statt der erlaubten sieben Millionen ausgegeben und musste 800.000 Euro Strafe zahlen. Künftig werden es acht Millionen sein. Wer  mit illegalen Parteispenden ertappt wird, muss bis zum Dreifachen der erhaltenen Summe Strafe bezahlen.

Sonderfall: Die Hofburgwahl

Die Bundespräsidentenwahl fällt nicht unter das neue Parteiengesetz. Das heißt: Die Spendenobergrenze von 7.500 Euro gilt hier nicht. Würde sie gelten, täte sich ein Kandidat schwer. Ein bescheidener Wahlkampf kostet drei Millionen Euro. Also bräuchte man  mindestens  400 Spender, die je 7.500 Euro geben müssten, damit man auf diese Summe kommt. Wie sammelt man das ohne Apparat?
Der Hofburg-Wahlkampf eines Parteikandidaten dürfte von der Partei bezahlt werden. Der Hofburg-Wahlkampf eines Millionärs könnte aus dessen Privatschatulle beglichen werden. Wie ermöglicht man aber die Kandidatur von Persönlichkeiten, die keine Millionäre sind und unabhängig von Parteien antreten wollen? Das ist die heikle Frage, die bei der Bundespräsidentenwahl zu beantworten sein wird. Denn öffentliche Förderung gibt es hier nicht.

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