Jeder vierte Flüchtling darf bleiben

Syrische Flüchtlinge hinter dem Zaun eines Flüchtlingscamps.
Interaktive Landkarte: In Österreich haben 2012 rund 17.000 Menschen um Asyl angesucht.

Zwischen Vertreibung und Flucht: Seit Anfang des Jahrtausends stieg die Zahl der weltweiten Flüchtlinge stetig. Kriege in Syrien, Irak, Afghanistan oder in Somalia zwingen Millionen Menschen ihre Heimat zu verlassen. Insgesamt sind laut dem UN-Flüchtlingskommissariat ( UNHCR) über 45,2 Millionen Menschen auf der Flucht. Zum Vergleich: Das ist fünfmal mehr als die Gesamtbevölkerung Österreichs (mehr dazu siehe Hintergrund).

Meiste Flüchtlinge aus Afghanistan

Nur einen minimalen Anteil aller weltweiten Asylwerber verschlägt es nach Österreich. 2012 haben rund 17.000 Menschen hierzulande einen Antrag gestellt. Die meisten Flüchtlinge stammen aus Afghanistan, gefolgt von der Russischen Föderation, Pakistan und Syrien.

Die Asyl-Anerkennungsrate liegt hierzulande knapp unter dem EU-Durchschnitt, nämlich bei 28 Prozent. In der EU-27 liegt sie laut Eurostat mit 28,3 Prozent geringfügig darüber.

Wie genau die Flüchtlingsströme nach Österreich aussehen, zeigt die interaktive Landkarte.

(Die Karte lässt sich mit einem Klick auf das Kreuz-Symbol in der Leiste rechts oben bewegen).

Caritas und Amnesty haben anlässlich des Weltflüchtlingstages dringende Reformen des österreichischen Asylwesens eingemahnt. Franz Küberl und Michael Landau von der Caritas sowie Heinz Patzelt von Amnesty bemängelten bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Dienstag, dass die Asylverfahren in Örterreich zum Teil unfair, die Grundversorgung von Asylsuchenden teils mangelhaft und der Zugang zum Arbeitsmarkt und Bildung beschwerlich seien.

Um die Situation für Flüchtlinge zu verbessern, haben die beiden NGOs ein Reformpaket geschnürt. Darin fordern sie u.a. einen effektiven Arbeitsmarktzugang für Asylwerber. Derzeit sei der Zugang zu Arbeit theoretisch drei Monate nach Zulassung zum Asylverfahren möglich, faktisch werde das aber durch zahlreiche Hürden verunmöglicht. Zu diesen Erschwernissen gehört u.a. die sehr niedrige Zuverdienstgrenze von 110 Euro. Wird diese überschritten, können Kostenbeiträge verlangt werden und es droht der teilweise oder gänzliche Verlust der Grundversorgung. (APA)

Jeder vierte Flüchtling darf bleiben
Caritasdirektor Michael Landau fordert dringend Reformen.

45,2 Millionen Menschen – so viele Einwohner hat in etwa in Ukraine. Oder Argentinien, wenn man will. Genau so viele Menschen haben derzeit allerdings gar kein Zuhause: Laut einem jetzt vorgelegten UNHCR-Bericht befinden sich nämlich genau so viele Personen auf der Flucht - so viele, wie seit 1994 nicht.

Damals hatte der Völkermord in Ruanda und der Bosnien-Krieg dafür gesorgt, dass die Flüchtlingszahlen in die Höhe geschnellt waren. Derzeit sei es der Krisenherd Syrien, der die Menschen in die Flucht treibt, konstatiert das UNO-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR in seinem jetzt veröffentlichten „Global-Trends-Bericht“.

Gerechnet werden dabei Menschen, die sowohl über Staatsgrenzen fliehen müssen als auch jene, die im eigenen Land vertrieben werden: Letztere machen den Hauptteil der Gesamtsumme aus – nämlich 28,2 Millionen Menschen. Markant ist laut der UN-Organisation dabei nicht nur die Gesamtzahl an Vertriebenen, sondern auch die Steigerungsrate. So viele Binnenvertriebene wie jetzt wurden noch nie registriert; zudem ist die Gesamtsumme an Flüchtlingen von 42,5 auf 45,2 Millionen gestiegen.

Alarmstimmung

Jeder vierte Flüchtling darf bleiben
epa03732652 Palestinian refugee children play inside their family home in Jabaliya refugee camp, northern Gaza Strip, 05 June 2013. EPA/ALI ALI

"Dies sind wahrlich alarmierende Zahlen. Sie spiegeln im gewaltigen Ausmaß individuelles Leid wider und zeigen die Schwierigkeiten der internationalen Staatengemeinschaft auf, Konflikte zu verhindern und rechtzeitig Lösungen für diese anzustreben", meinte UNO-Flüchtlingshochkommissar António Guterres zu dem Bericht.

Die Herkunftsorte sind allerdings nicht besonders zahlreich – und sie sind alle in den ärmeren Regionen der Welt zu finden: 55 Prozent aller Flüchtlinge weltweit stammen aus den Konfliktstaaten Afghanistan, Somalia, Irak, Syrien und Sudan - neue Massenfluchtbewegungen seien im Jahr 2012 in Mali, der Demokratischen Republik Kongo, dem Sudan (in Richtung des neuen Staates Südsudan) und Äthiopien registriert worden, so das UNHCR.

Arme Staaten

Die Hauptlast dieser Flüchtlingsbewegung schultern dementsprechend die umliegenden Staaten in diesen Regionen: 81 Prozent der Flüchtlinge weltweit leben in Entwicklungsländern. Vor zehn Jahren waren es noch 70 Prozent.

Die Liste der Hauptaufnahmestaaten wird demnach von Pakistan angeführt, das den Gutteil der afghanischen Flüchtlinge aufgenommen hat – 1,6 Millionen Vertriebene leben dort, in Deutschland Im Iran sind es knapp 870.000, Deutschland bietet beinahe 589.700 Menschen Asyl. Zum Vergleich: Österreich hat etwa 74.701 Flüchtlinge aufgenommen – umgekehrt werden 18 Österreicher als Flüchtlinge geführt.

Als Herkunftsland liegt weiterhin - wie schon seit 32 Jahren - Afghanistan mit 2,6 Millionen Flüchtlingen an der Spitze. Es folgen Somalia (1,1 Millionen), der Irak (746.440), Syrien (728.542) und der Sudan (569.212).

Rekord bei Minderjährigen

Einen Rekord registrierte das UNHCR auch bei minderjährigen Flüchtlingen. Unbegleitete Minderjährige, die von ihren Eltern getrennt sind, hätten im Vorjahr 21.300 Asylanträge eingereicht - der höchst jemals von UNHCR erfasste Wert. Insgesamt seien 46 Prozent aller Flüchtlinge weltweit Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.

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epa03734136 A Palestinian refugee boy looks out from a window as he plays with his brothers outside their family's house in North Gaza Strip, 06 June 2013. EPA/ALI ALI

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