Die SPÖ hat es zustande gebracht, innerhalb von zwei Tagen drei verschiedene Parteichefs zu haben. Beim Parteitag am Samstag wählten die SPÖ-Delegierten zuerst - vermeintlich - Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil an die Spitze der Bundes-SPÖ. Dann stellte sich heraus, dass Doskozil doch nicht der legitime Nachfolger Pamela Rendi-Wagners ist, denn: Die Wahlkommission hatte bei der Auszählung einen schweren Fehler gemacht. Eigentlicher Sieger: Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler.
Verständlich: Babler traute der Angelegenheit noch nicht. Die Wahlkommission zählte die Stimmen deshalb unter notarieller Aufsicht am Dienstag ein weiteres Mal aus. Dabei bestätigte sie das Ergebnis der zweiten Auszählung. Babler erreichte 317, Doskozil 280 Stimmen. Fünf Delegierte wählten ungültig.
➤ Mehr dazu: Wahlkommission bestätigt: Andreas Babler bleibt Sieger
Sind damit alle Fragen geklärt? Definitiv nicht.
Was ist passiert?
Am Samstag konnten die Delegierten beim SPÖ-Parteitag an elf Wahlurnen ihre Stimme abgeben. Danach wurden die Teilergebnisse der Wahlurnen einer Personen übermittelt, die sie wiederum in eine Excel-Tabelle eintrug. Glaubt man der Wahlkommission, dann ist die Abstimmung am Samstag völlig korrekt abgelaufen. Allerdings habe es im Excel-Dokument einen Verknüpfungsfehler gegeben. Welchen? Das hat die SPÖ noch nicht im Detail offengelegt.
Laut KURIER-Informationen lag folgender Fehler: Die Wahlkommission habe bei der Auszählung eine Excel-Vorlage vorhergehender Parteitage verwendet. Bei einem ordentlichen Parteitag können Präsidiumsmitglieder aber nicht gewählt, sondern nur gestrichen werden. Diese Streichungen werden dann ins Excel-Dokument eingetragen. Heißt: Statt Stimmen für einen Kandidaten zu werten, hat die Wahlkommission die Stimmen aufgrund einer veralteten Formel wie Streichungen gezählt. Das fiel aber niemandem auf. Somit erhielten die Kandidaten jeweils das umgekehrte Ergebnis - Babler die Stimmen Doskozils, Doskozil jene von Babler.
Wann war klar, dass etwas nicht stimmen kann?
Dass bei der Auszählung der Stimmen prinzipiell etwas schief gelaufen sein könnte, fiel während des Parteitags ORF-Moderator Martin Thür auf. Beim falschen Endergebnis hatte Doskozil 316, Babler 279 Stimmen erreicht. Ergibt: 595 gültige Stimmen. Die Wahlkommission verkündete damals jedoch, dass 596 gültige Stimmen abgegeben worden seien.
Warum wurden die Stimmen am Parteitag nicht sofort neu ausgezählt?
Weil in der Wahlkommission niemand an der Richtigkeit der Auszählung gezweifelt habe. Das meinte Michaela Grubesa, die am Dienstag als Leiterin der Wahlkommission zurücktrat, wie auch ihre Nachfolgerin Klaudia Frieben, wie auch weitere Mitglieder der Wahlkommission auf KURIER-Nachfrage. Die Stimmzettel wurden nach dem Parteitag von Linz nach Wien zur Bundesgeschäftsstelle transportiert. In Plastik "eingeschweißt", auf einer Palette, wie die SPÖ erklärte. Kurios: Mitarbeiter der Geschäftsstelle machten sich Montagvormittag dann selbstständig auf die Suche nach der verlorenen Stimme, wie Frieben meinte. Die Mitarbeiterinnen selbst hätten nachgezählt und "sofort die Frau Grubesa" kontaktiert. "Sie haben von sich aus probiert, zu zählen." Grubesa zählte selbst noch einmal nach und setzte wiederum Doskozil sowie Babler über das Malheur in Kenntnis.
Inwiefern hat sich das Ergebnis geändert?
Bemerkenswert: Im Gegensatz zur ersten Auszählung, um die sich am Samstag 20 Mitglieder der Wahlkommission gekümmert haben, änderten sich gleich mehrerer Aspekte. Statt 601 hatten demnach 602 Delegierte abgestimmt. Babler erhielt 317, Doskozil 280 Stimmen. Fünf Personen wählten ungültig.
Ist dieses Ergebnis glaubwürdig?
Es habe an der Auszählung "keine Zweifel gegeben", betonte Frieben. Weder am Parteitag, noch bei der endgültigen Nachzählung am Dienstag mit Notar Philipp Nierlich. Ungewöhnlich ist weiterhin, dass ein so folgenschwerer Fehler beim Endergebnis nicht auffallen konnte und Mitarbeiter der Bundegeschäftsstelle eigenständig die Stimmen nachzählten.
Warum müssen 600 Stimmzettel auf einer Palette transportiert werden?
Dieses Fakt sorgte am Dienstag für reichlich Verwunderung sowie Spott. "So witzig die Vorstellung ist, (nur) rund 600 Zettel auf einer Palette zu transportieren: Sämtliche Tagungsunterlagen wurden nach dem Parteitag auf Paletten von Linz nach Wien transportiert. Auf einer davon befanden sich - in Plastik eingeschweißt - die Stimmzettel", betont die SPÖ auf Twitter.
Wird der Parteitag jetzt wiederholt?
Nein, Doskozil hat die Niederlage akzeptiert, sein Team ebenso. Auch für Babler sind alle Zweifel am Abstellungsprozess ausgeräumt. Zudem soll es im Herbst bereits wieder einen Parteitag geben.
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