Warum sich Grasser „großzügig“ zeigte
Seit zwei Tagen stehen im Schwurgerichtssaal Lesungen aus den Tagebucheintragungen von Walter „ Meischi“ Meischberger auf dem Programm. Seine emotionalen Beobachtungen von damals trägt er pathetisch vor. Meischi setzt bewusst Auf und Abs in der Stimme und legt rhythmische Pausen ein.
In epischer Breite darf der Zweitangeklagte seine Eindrücke schildern. In zwei Verhandlungstagen wurde gerade mal ein Monat der heißen Phase im Oktober 2009, als der Buwog-Deal bekannt wurde, zwischen Richterin Marion Hohenecker und dem Ex-Lobbyisten durch besprochen. Für diese Geduld sei Meischberger „sehr dankbar“, versicherte er der Richterin. Ob Meischis Charmeoffensive Wirkung zeigt, bleibt offen.
Ein zentraler Punkt in der Anklageschrift ist eine Krisensitzung, an der auch Karl-Heinz Grasser und Immobilien-Mann Ernst Karl Plech teilnahmen. Und das, obwohl Meischberger jüngst sagte, dass Grasser in diesen Tagen „ziemlich sauer“ auf ihn war und auch er selbst „daran dachte, ihm die Freundschaft aufzukündigen“.
Krisensitzung mit KHG
In seinem Notizbuch schildert Meischberger, dass die Staatsanwaltschaft auf Unterlagen wartete. Die Schlüsselpassage über das Meeting lautet so: „In diesem Schriftsatz ist wohl der Sukkus der wirklichen Gefahren zu behandeln. Das sind die Mandarin-Überweisungen, ebenso wie die Immobilieninvestitionen.(...) Verträge sind zu finden und abzuschließen. (,,,) Die gute Nachricht ist, dass Geri Toifl eine gute Chance sieht, mit vier Millionen Euro die Steuerschuld zu begleichen. Die Summe würde aufbringbar sein, vielleicht ohne mein Haus zu verkaufen. (...) Karl-Heinz spricht die Summe immer wieder an, er verhält sich aber großzügig. Letztendlich liegt es aber bei Ernst. “
Warum sind die Mandarin-Überweisungen und die Immobilien-Deals die wirklichen Gefahren?, will die Richterin wissen. „Auch KHG machte Geschäfte mit Mandarin. Das wollte ich nicht aussagen. Bei den Immobiliendeals hatten wir kein gutes Gefühl, wenn wir zum Staatsanwalt gehen und sagen, es gab nur eine mündliche Vereinbarung zwischen mir und Plech“, rechtfertigt sich Meischberger.
Die Passage, dass „Verträge zu finden sind“, erklärt Meischberger so, dass ihm damals „viele seiner Unterlagen fehlten, weil er eine Hausdurchsuchung hinter sich hatte“. Es fehlten ihm auch viele Informationen, weil Plech Zeichnungsberechtigter beim Konto Karin (dieses Konto rechnet die Staatsanwaltschaft Plech zu, was Meischberger dementiert) war, von dem alle Immobilen finanziert wurden. Außerdem habe er schon vor Jahren „alle Unterlagen, die auf sein ausländisches Vermögen hinwiesen vernichtet“.
Und warum verhält „sich Grasser großzügig“, denn laut Verteidigungslinie hat Grasser mit der ganzen Causa, die angeklagt ist, gar nichts zu tun, wundert sich die Richterin. Meischberger weicht etwas aus und meint, er habe Angst gehabt, dass sein Freund Grasser auf ihn böse sei, wenn er merke, welche Summen da als Provisionen zusammengekommen seien – aber das sei nicht der Fall gewesen. Und präzisiert nach einer Verhandlungspause , er habe „tolerant“ gemeint.
Buwog-Prozess, Tag 36 zum Nachlesen
-
Guten Morgen
Sommer wie Winter, im Großen Schwurgerichtssaal ist's immer eiskalt. Das war jetzt keine blöde Anspielung auf die generelle Stimmung im Wiener Landesgericht für Strafsachen, nein, die Klimaanlage ist gemeint. Und damit guten Morgen. Wir starten mit dem üblichen Ritual. Die Sitzordnung wird moniert, Walter Meischberger nimmt wieder vorne Platz.
-
Wir machen da weiter, wo wir gestern aufgehört haben: Mit dem 9. Oktober 2009. Möchte Meischberger hier noch etwas hinzufügen, will Richterin Hohenecker wissen.
-
Nein, hat er nicht. Und damit machen wir weiter mit dem 10.10.2009. Er möge wieder vorlesen. "Wenn es keine schweren Einwände dagegen gibt."
-
KHG untergräbt "meine Glaubwürdigkeit"
Meischberger liest vor: "Ausschlafen, Ruhe. Die wichtigsten Telefonate. Meine Mutter ist relativ ruhig...", fängt der Eintrag vom 10.10.2009 an. Und dann: "Ein Gespräch mit KH. Ich habe ihm vermittelt wie sehr ich seinen öffentlichen Umgang mit mir ablehne. Ich hoffe, er hat verstanden um was es dabei geht. Ich bezweifle es leider. Er ist einfach etwas anders gestrickt... Der öffentliche Schein ist ihm wichtiger als mein Image. Dass diese Art meine Glaubwürdigkeit untergräbt ist ein taktischer Fehler."
-
"Rote Linien sind keine überschritten worden"
Damals hätten sich die beiden noch nicht ausgesprochen gehabt, erklärt Meischberger. "Es war kein Bruch der Freundschaft, aber eine Reduktion der Kontakte." Grasser sei eben sauer gewesen, dass Meischberger "hinter seinem Rücken Geschäfte gemacht hat."
"Was heißt hinter seinem Rücken?", fragt Hohenecker.
"Versteckt, oder zumindest auf Anfrage nicht erklärt." Aber das war so ja gar nicht, sagt Meischberger sinngemäß.
"Wenn er Sie gefragt hätte?"
"Dann hätte ich ihm gesagt, dass ich für das Bieterkonsortium arbeite", sagt Meischberger. Er geht auch davon aus, dass Grasser in dem Fall Restriktionen (aufgrund des Naheverhältnisses der beiden) auferlegt hätte. Umkehrschluss, sinngemäß: Also lieber gleich gar nichts sagen. "Aber rote Linien sind keine überschritten worden."
-
"Ich habe genau gewusst, worauf ich aufpassen muss", sagt Meischberger. "Weil ich sonst einen Freund gefährdet hätte. Was ich letztlich ja auch getan habe."
Er sei immer darauf bedacht gewesen, dass seine Tätigkeit in die Quere von Grassers Karriere kommt. Stichwort: Rote Linien. "Karl Heinz' Fortkommen als Politiker stand im Mittelpunkt." Das sei von Beginn an auch die Abmachung zwischen den beiden gewesen.
"Es war ja auch nicht so, dass ich Lobbyist geworden bin, weil er Politiker wurde." Das sei er ja schon vorher gewesen. Dass das eine heikle Konstellation ist, war ihm also bewusst, sagt Meischberger jetzt.
-
Überschneidungen?
"Also für Sie war klar, dass Sie diese Rote Line einhalten?"
"Ja, selbstverständlich."
"Also auf der einen Seite waren Sie Berater des Konsortiums und auf der anderen Seite waren Sie Berater für die politische Kommunikation des Magister Grasser? Kann es da nicht zu thematischen Überschneidungen kommen?", fragt Hohenecker.
Ja, das ginge schon. "Aber nur, was allgemeine Informationen betrifft." Also er habe schon gewusst, dass die damalige Regierung Privatisierungen vor hatte. "Auch früher als andere. Aber das ist ja dann auch in allen Zeitungen gestanden." Aber konkrete Pläne hätte er nicht gekannt. Das hätte ihm auch kein Beamter verraten. Auch nicht als "Freund des Ministers".
"Wie meinen Sie 'Freund des Ministers'"?
"Also das möchte ich auch relativieren", sagt Meischberger. "Die Beamten haben mich als Berater des Ministers wahrgenommen."
-
Schlagabtausch
Meischberger wählt immer wieder Formulierungen, die Richterin Hohenecker aufhorchen lassen. Seit 15 Minuten hat sich so ein intensiver Schlagabtausch zwischen den beiden entwickelt. Es geht ums Eingemachte. Um Meischbergers Verhältnis zu Grasser.
-
Grundsatzvereinbarung mit KHG
Meischberger erklärt noch einmal genauer: "Wir waren engste Freunde. Er ist Minister geworden. Man hat sich total auf seine politische Karriere konzentriert", erinnert sich Meischberger. Und: Das sei damals eine schwierige Zeit gewesen, denn Grasser sei damals ja erst Anfang 30 gewesen. "Aber, es hat eine klare Festlegung gegeben: Ich habe daneben auch einen Brotberuf", so Meischberger. Und diesen würde er nebenher nachgehen. Aber natürlich: Unter Einhaltung aller Gesetze. Wir sind wieder beim Stichwort: Rote Linien. Das sei gewissermaßen eine "Grundsatzvereinbarung" zwischen Meischberger und Grasser gewesen.
-
Strategische Kommunikationsberatung...
... zu der Zeit, als Grasser politisch durchstartete, gründete er freilich auch seine "Strategische Kommunikationsberatung."
Aber klar war: Meischberger tut nichts, was der Republik oder Grassers Karriere schadet. "Das ist über Jahre so gegangen", sagt Meischberger.
Übersetzt heißt das: "Ich habe ihn jetzt nicht einspannen können für meine Geschäfte"... "Von meinem Leben war die strategische Kommunikationstätigkeit von 2002 bis 2004 vielleicht 25 Prozent, höchstens 30 Prozent." Die Beratung sei ein Nebenjob gewesen, verweist Meischberger jetzt auch darauf, dass er unter anderem Herausgeber des "Seitenblicke"-Magazins war.
-
Meischberger holt weiter aus. Kennengelernt hätte er Grasser ja schon, als dieser noch in der Kärntner FPÖ tätig war. Eine zeitlang seien beide Generalsekretäre gewesen, Meischberger in Tirol, Grasser eben in Kärnten. "Wir waren ständig in Kontakt, da gab es nichts zu verheimlichen", sagt Meischberger.
Er sei dann eben strategischer Berater geworden, Grasser Minister. Und als solcher habe er zwar einen Meischbergers Arbeit gehabt, aber nicht über die Projekte im Detail.
-
Dass er eine Kommunikations- und Marketingagentur hatte, wusste Grasser aber. Aber noch einmal: Nichts Genaueres nicht, betont Meischberger noch einmal.
-
11. Oktober 2009
"Okay", sagt Richterin Hohenecker leicht indigniert. "Kommen wir zum 11. Oktober 2009."
Meischberger liest wieder vor: "Ein wirklich angenehmer Sonntag. Lange Schlafen, entspanntes Frühstück..." Uns dann: Die "Angriffe auf Ernst (Plech) verdichten" sich.
Plech sei es schlecht gegangen, erklärt Meischberger jetzt. Er habe sich Sorgen gemacht, sei es nicht gewöhnt gewesen, in der Öffentlichkeit zu stehen.
-
12. Oktober 2009
Meischberger erwähnt hier wieder Hochegger - diesmal mit dem ehemaligen ORF-Infochef und Elmar Oberhauser. Beide hält er für Freimaurer...
-
"Möglicherweise hat der KHG vorbei geschaut"
"Am Abend gibt es dann ein Treffen in 'großer Runde'", liest Meischberger vor. Analysen seien gemacht worden, "die Linien gelegt". "Insgesamt wird die Lage aber recht optimistisch beurteilt." Wer diese "große Runde" sei?, will Hohenecker wissen. "Das kann ich so nicht mehr sagen", meint Meischberger, sicher aber Plech, dessen Rechtsvertreter - "und möglicherweise hat der KHG vorbei geschaut". -
An dem Abend des 12. Oktober 2009 wurde auch eruiert, welche Strategie man gegenüber den Medien verfolgen wolle, erklärt Meischberger. Außerdem Thema: Seine Kontenbewegungen. Er musste eben etwas Ordnung in das Chaos bringen. "Ich habe den Überblick nicht mehr gehabt." Ich konnte damals nur sagen: "Passt's auf, ich habe diese drei Konten." Welche Gewinne und Verluste aus Aktienverkäufen wie zu versteuern seien - das sei damals besprochen worden.
-
Wobei: Zu diesem Zeitpunkt sei die Selbstanzeige doch bereits erstellt gewesen? Das passt doch nicht zusammen, findet Hohenecker.
"Nein, das ist ja noch über Jahre gegangen. Die Selbstanzeige (wegen Steuerhinterziehung) sei ja nur allgemein gehalten gewesen. Wie viel genau Meischberger dem Fiskus schuldete, das sei ja noch jahrelang diskutiert worden... Aber, Meischberger kommt zurück auf das Treffen vom 12.10.2009, insgesamt sei die Lage "optimistisch beurteilt worden".
-
13. Oktober 2009
Nächster Eintrag: Meischberger ist optimistisch, freut sich nach Überweisung von 700.000 Euro an die Finanz auf ein Wochenende in Ibiza. "Flug ist gebucht." Außerdem: "Die mediale Situation entspannt sich zusehends."
-
Analog dazu lässt Richterin Hohenecker nun ein Fax von Meischbergers Anwalt Gerald Toifl einblenden, das ebenfalls vom 13. Oktober datiert. Darin legt Toifl noch einmal die bereits ausführlich besprochene Kontensituation dar. Toifl schreibt aber davon, dass nur Meischberger wirtschaftlich Verfügungsberechtigter der drei Konten Karin, Walter und 400.185 sei (und verlangt dafür eine Bestätigung der Hypo Liechtenstein).
Das wiederum widerspricht der Darstellung Meischbergers der vergangenen Verhandlungstage, wonach Plech beim Konto Karin auch zeichnungsberechtigt war. "Das muss ein Fehler sein", sagt Meischberger.
-
Intermezzo
Gerald Toifl hat einen kleinen Gastauftritt. Der ehemalige Anwalt Meischbergers, der seine Selbstanzeige verfasst hat und im Buwog-Prozess ganz rechts auf der Anklagebank sitzt, bekommt extra ein Mikrofon in die Hand gedrückt und soll jetzt über einen Tippfehler in der Adressleiste von vorhin angesprochener Mail (die ein Antwort auf ein Fax der Hypo Liechteinstein war - hier muss sich der Tickerant korrigieren) Auskunft geben. Noch ist nicht ganz klar, worauf Richterin Hohenecker hier hinaus will... -
Toifl kann hier auch nicht für Aufklärung sorgen. Fix ist: Die Frage betrifft, wer nun wirklich Zeichnungsberichtigter auf dem Konto Karin war, bleibt ungeklärt. Meischberger bleibt dabei, dass auch Plech hier bevollmächtigt war. "So hätte ich es gesehen."
-
Zukunft, Vergangenheit
Wir sehen nun eine handschriftliche Bestätigung Plechs vom 6.10.2009, das wiederum im Gegensatz zu vorher erwähnten Mail von Toifl steht. Darin bestätigt Plech Meischbergers Aussage, wonach dieser "niemals wirtschaftlich Berechtigter war, sondern nur Zeichnungsberechtigter."
Toifl meldet sich wieder zu Wort. Sein Schreiben hätte sich auf die Zukunft bezogen. Plech sei "nur in der Vergangenheit Zeichnungsberechtigter" gewesen. Damals habe man aber eine Regelung "für die Zukunft treffen wollen." Meischberger ergänzt, die Immobilieninvestitionen von Plech hätte man damals ja dann nicht mehr gebraucht. Und da habe man sich dann eben auf diese Regelung geeinigt... Verständlich? Mit dieser komplizierten Erklärung geht es jedenfalls in eine 20-minütige Pause...
-
Pause bis 11.20 Uhr
Wir fassen kurz zusammen: Nach drei Stunden und vier Tagebucheinträgen Meischbergers wissen wir heute: Grasser wusste über die Lobbyingaktivitäten seines Freundes Meischberger Bescheid, aber keine Details. Zwischen den beiden gab es eine "Grundsatzvereinbarung", wonach keine Roten Linien überschritten werden durften, Meischberger also nicht von der Position seines Freundes für seine Geschäfte profitieren sollte.
Einmal mehr betonte Meischberger, dass er nie etwas strafrechtlich Relevantes gemacht hätte. Alles sei zum Wohl der Republik erfolgt.
-
14. Oktober 2009
Es geht weiter mit dem Tagebucheintrag vom 14. Oktober und einer besonderen Erwähnung des Mitangeklaten Scharinger. Meischberger erinnert daran, dass "heute bekannt wird, dass Scharinger in die Lobbyingaktion sehr wohl eingebunden war." Meischberger erinnert sich auf Nachfrage an einen Beitrag in Ö1 auf den er hierbei referenziert. Außerdem vermerkt: "Ich verliere meine Geldbörse."
-
15. Oktober 2009
Meischberger bekommt seine Geldtasche wieder. "Ein Zeichen von Menschlichkeit in dieser schlimmen Zeit", freut er sich in seinem Tagebuch...
-
"Ich muss mit der Imagereparatur beginnen"
Zurück zum eigentlichen Thema des Verfahrens. Wir sehen nun ein Bestätigungsschreiben der Hypo vom 16.10.2009 an Meischberger-Anwalt Toifl, in dem die Kontenübersicht wie folgt dargestellt wird: Das Konto Millenium gehört Plech und Meischberger. Die relevanten Karin, Walter und 400.185 nur - wie vor der Pause besprochen - Meischberger.
Dessen analoger Tagebucheintrag dazu: Er erteilt den Auftrag, "die Internetforen zu bearbeiten"... "Ich muss mit der Imagereparatur beginnen."
-
19. Oktober 2009
Meischberger trifft sich "mit den Superfly-Jungs" und "am Abend dann wieder große Sitzung bei Geri Toifl".
"Wer war dabei?", will Richterin Hohenecker wissen. Meischberger scheint verwirrt. "Wo? Bei den Superfly-Jungs." Natürlich nicht. Gemeint ist die "große Runde".
"Vielleicht lese ich vorher fertig und dann fällt es mir vielleicht ein", grinst Meischberger.
-
Brandstetter auch dabei?
Wer war also dabei? Sicher Grasser, Toifl, Plech und er selbst. Und vielleicht, da ist er sich noch immer nicht sicher, auch Wolfgang Brandstetter. Der versierte Strafverteidiger war damals laut WKStA beratend tätig - und 2016, als die Anklage gegen Grasser und Meischberger schließlich erhoben wurde, als Justizminister...
-
Meischberger erklärt weiter, dass er damals nach wie vor davon ausgegangen sei, dass die Sache "relativ schnell erledigt" werde. Die Selbstanzeigen seien ja bereits fertig gewesen...
-
Exkurs zum Schreibstil Meischbergers
Meischberger unternimmt jetzt - ungefragt - einen kleinen Exkurs zu seinem Schreibstil in dem Tagebuch, das heute schon den ganzen Tag Basis der Befragung durch Richterin Hohenecker ist. Er habe sich die Mühe gemacht, sich alle Einträge anzusehen. Dabei hätte er festgestellt, dass er 62 Mal Anführungszeichen verwende. "Und das nicht immer im orthographisch richtigen Sinn."
Deswegen dürfe man den Satz. Verträge sind zu "finden" doch bitteschön nicht falsch verstehen. Damit sei keineswegs gemeint, dass Verträge "erfunden" werden sollen. Vielmehr sollten Verträge "abgestimmt" werden. "Wie meinen Sie abstimmen?"
"Es muss am Ende eben stimmig sein", versucht Meischberger zu erklären. Und überhaupt: "Man soll nicht hinter jedem Wort die schlechteste Bedeutung vermuten."
-
Worum geht's bei den Verträgen?
Zur Einordnung: Die "findigen" Verträge beziehen sich laut Meischberger auch auf die bereits besprochenen Immobilieninvestments, die Plech für Meischberger getätigt hat. Wobei Meischberger am 33. Verhandlungstag bereits ausgesagt hat, dass diese Vereinbarungen nur mündlich existierten. Ein entsprechender Vertrag wurde - so seine damalige Aussage - erst später schriftlich aufgesetzt. Zur sogenannten "Immobilieninvestmentvereinbarung" hätte es aber schon diverse rudimentäre Verträge, Notizen gegeben, sagt Meischberger jetzt. Diese hätte Plech eben noch finden müssen, um sie dann in den angesprochenen Vertrag gießen zu können.
-
Meischberger brauchte 1,3 Millionen Euro
Hohenecker lässt also wieder besagte Immobilieninvestmentvereinbarung einblenden, wo auch die am 33. Prozesstag bereits besprochene Wohnung in Australien vermerkt ist. Meischberger wollte 2009 dieses bereits getätigte Investment in der Höhe von 300.000 Euro rückgängig machen. "Ich brauchte das Geld, um meine Steuerschuld strafbefreiend zu begleichen", erklärt er. Letztlich hätte er 1,3 Millionen Euro gebraucht, um die Steuerschuld zu begleichen. Der Prozess hätte sich aber ewig lange gezogen. Erst 2011 hätte er das Geld kurz vor knapp beisammen gehabt. "Das hat auch zu einigen Schwierigkeiten zwischen mir und meinem wirklich guten Freund Plech geführt", sagt Meischberger. Schließlich hatte dieser das Geld - etwa in die Wohnung in Australien bereits veranlagt gehabt. "Das war alles gar nicht so einfach. Das war ein schwieriges Thema zwischen uns." -
Lapidar zusammengefasst: Meischberger musste 2009 sein Geld zusammenkratzen, um seine Steuerschuld begleichen zu können. Deshalb habe er die Investmentvereinbarung mit seinem Freund Plech rückabwickeln wollen, was auch zu Verwerfungen zwischen den beiden Freunden führte. Zusätzliches Problem: Plech hatte das Konto Karin, so Meischberger, auch als Sicherheit für einen Kredit verwendet. Auch deshalb dauerte die Rückabwicklung länger. Letztlich bezahlte Plech einen Teil von Meischbergers Steuerschuld mit Einnahmen aus einem anderen Immobiliendeal.
-
19.10.2018
Weiter im Text: "KH spricht die Geldsumme immer wieder an, verhält sich dabei aber großzügig. Letztlich liegt es aber an Ernst."
Was meint Meischberger mit diesem Satz?
-
"Dachte, er würde sich mehr aufregen"
Zunächst: KH steht für Karl Heinz und also Grasser. Großzügig zeigte er sich in Bezug auf die Provision von 9,6 Millionen Euro, erklärt Meischberger. "Ich hätte gedacht, er würde sich mehr aufregen."
Und warum lag es an Plech? "Weil dieser die Investition rückabwickeln musste", verweist Meischberger auf die vorhin besprochene Problematik.
Er selbst sei damals auch deshalb ungeduldig gewesen, weil er befürchtete, sein Haus zu verlieren, wenn er die Steuerschuld nicht begleicht. "Das war meine Heimat", sagt er. Es sei für ihn da also nicht nur um ein Investment gewesen. Da ging es um mehr...
-
Mittagspause
Und damit verabschieden wir uns erst mal in die Mittagspause. Weiter geht's um 14.00 Uhr.
-
Tagebuch
Willkommen zurück aus der Mittagspause. Wir starten mit einem gut gelaunten Meischberger. Er freut sich, dass "das Tagebuch hier endlich einmal in dieser epischen Breite durchgegangen wird". Schließlich sei es Vorlage für hunderte Zeitungsberichte gewesen. Nun könne er endlich Missverständnisse gerade biegen. Also weiter im Text... -
... die nächste mediale Welle...
Am 21.10.2009 schrieb Meischberger dann von der "nächsten medialen Welle", die er auf Hocheggers "Freimaurer-Verbindungen" zurückführt. "Er schreckt nicht vor Falschaussagen zurück". Und: "Florian Klenk gefällt mir immer besser" (bezogen auf dessen Auftritt damals in einem Club 2). Meischbergers Kommentar dazu heute: "Das ist in der Retrospektive ja wirklich lustig."
-
Nachtrag: Die "mediale Welle", von der Meischberger am 21.10. schreibt, bezieht sich auf die Meldung, dass KHG nunmehr als Beschuldigter in den Buwog-Ermittlungen geführt wird.
-
Feindbild Grüne
Meischberger kommt auf eine dringliche Anfrage der Grünen-Abgeordneten Gabriele Moser und Peter Pilz vom Oktober 2009 zu sprechen. Meischbergers Kritik: Die Partei hätte sich damals als Aufdecker-Partei "extrem profiliert" und das "Parlament instrumentalisiert". Inhaltlich sei zwar nicht viel durch die Dringliche ans Tageslicht gekommen, aber die "mediale Aufmerksamkeit war enorm".
-
Welche Rolle spielt die Raiffeisen?
Kein Tag ohne "Welle der medialen Verhetzung". So schreibt's Meischberger am 22.10. Diesmal will er ein konzertiertes Vorgehen von Medien, die in Raiffeisen-Besitz sind, ausgemacht haben. Seine Begründung: Christian Konrad sei ja noch nie ein Freund von Schwarz-Blau gewesen. Konkret nennt Meischberger trend, profil, news und auch den KURIER. Was er vergessen hat: Auch Presse, Falter, ORF, Standard - also einfach alle relevanten Medien in Österreich - berichteten zur Buwog. Sind das im Umkehrschluss also alles "Raiffeisenmedien"? (Wir geben sicherheitshalber die Antwort: Nein) -
"Da werden wir ein bisschen nachlegen"
Wir kommen zum nächsten Tagebucheintrag: Am 23.10.2009 schrieb Meischberger, man wolle jetzt "ein bisschen nachlegen". Wie hat er das gemeint? Na er wollte eben endlich selbst medial aktiv werden, sagt Meischberger. Nachdem Hochegger die Medien für sich genutzt hatte, wollte er jetzt selbst Interviews geben. Konkret ging er im profil an die Öffentlichkeit.
Meischberger weist jetzt auch darauf hin, dass sich sein Groll gegen Hochegger wie ein roter Faden schon durch das Tagebuch zieht. Die letzte geschäftliche Verbindung zu Hochegger sei damals auch schon zwei Jahre her gewesen.
-
KH und Busenfreund Fellner
Am 25.10. beschwert sich Meischberger wortreich darüber, dass KH "seinem vermeintlichen Busenfreund Fellner" ein Interview gegeben hat. Es sei die "x-te Unschuldsbeteuerung, die deshalb nicht glaubwürdiger wird."
"Für mich als Medienberater war das damals die schlechteste Strategie, medial offensiv zu agieren", erklärt Meischberger seinen Tagebucheintrag. "Ein Journalist tut sich schwer etwas zu schreiben, wenn's keinen O-Ton gibt", meint er. Damals seien aber "wöchentlich Interviews erschienen, die immer zu meinen Lasten ausgegangen sind". Den Drang seines Freundes Grasser an die Öffentlichkeit zu gehen, verstand er zwar, aber es sei eben nicht schlau gewesen.
"Wie oft haben Sie ihm das gesagt?", will Hohenecker wissen.
"Ja, schon oft."
"Und wie haben Sie's ihm gesagt."
"Naja. So: Geh nicht zum Fellner."
"Und was hat er gesagt?"
"Ja, ja."
Allgemeines Gelächter im Großen Schwurgerichtssaal. Sogar Karl Heinz Grasser kommt ein Grinser aus.
-
Immer, wenn er sich geärgert habe, habe er eben sein Tagebuch zur Hand genommen und darüber geschrieben, erklärt Meischberger nun auch, weshalb er vermerkte, dass er eine Bürogemeinschaft mit KHG kündigen wollte.
"Und was hat Grasser getan, wenn er sich ärgerte?", fragt Richterin Hohenecker weiter heiter.
"Keine Ahnung. Ich kenn' sein Buch nicht."
-
15 Minuten Pause
Die Bürogemeinschaft mit Grasser wird uns heute noch ein bisschen länger beschäftigen, kündigt Richterin Hohenecker an. Vorher gibt's aber noch eine kleine Pause. Weiter geht's um 15.30 Uhr.
-
Räubergeschichten
Wir machen aber nicht mit der Bürogemeinschaft weiter, sondern mit "Räubergeschichten". So nennt Meischberger die Medienberichte vom Oktober 2009, die ihm nun vorgelegt werden und die er mit Richterin Hohenecker jetzt durchgeht. -
Wir sehen weiters einen Verdachts-Bericht der Hypo Liechtenstein über EIn- und Ausgänge auf den Konten Meischbergers. Darin ist auch die Rede davon, dass Meischberger Journalist sei. "Das habe ich nie gesagt. Ich war lediglich Herausgeber des Seitenblicke-Magazins".
-
In der Meldung der Hypo Liechtenstein ist nun wieder Ernst Plech als Kontoinhaber des Kontos Karin angegeben... "Da ist offenbar die Richtigstellung, die wir heute Vormittag besprochen haben noch nicht gewürdigt", meint Meischberger nur.
-
Galerie-Intermezzo
Kurzer Einwurf: Dass sich zwei Besucher auf der Galerie im Großen Schwurgerichtssaal laut hörbar unterhalten, stört Richterin Hohenecker offenbar bei der Befragung. "Können Sie bitte aufhören, sich so laut zu unterhalten?"
Keine Reaktion. Die Akustik in diesem Saal ist eben auch eine Katastrophe, das weiß auch Meischberger. "Die hören uns nicht."
"Ja, und sie sehen auch nicht unseren bösen Blick", meint Hohenecker.
Meischbergers Antwort: "Da spuren wir besser."
-
Zurück zum Thema: Hohenecker befragt Meischberger nun zu Sitzungsprotokollen aus dem Jahr 2009 bei der Hypo Investment Bank. Darin werden auch Gelder erwähnt, die an die Omega geleistet wurden. Da geht es einmal um 2,7 Millionen Euro, einmal um 710.000 Euro usw. Die Omega ist ja Teil der Provisions-Zahlungs-Kette. Konkret ging die Provision von einer Immofinanz-Gesellschaft über Hocheggers Astropolis auf Zypern übers steuermilde Delaware (Omega) nach Liechtenstein.
Kommentare