"Wir haben einen großartigen Abend vor uns." Die Moderatorin weiß, wie man das Publikum in Stimmung bringt.
Knapp 700 SPÖ-Mitglieder sind in den Martinihof im burgenländischen Neudörfl gekommen, um ihren Landeshauptmann Hans Peter Doskozil auf der Bühne zu sehen. Standing ovations gibt es bereits zu Beginn. Da ist noch kein einziges Wort gefallen. Die Fans - teilweise tragen sie ein rotes SPÖ-T-Shirt - wissen, dass dieser Auftritt im Rahmen von Doskozils Freundschaftstour heraussticht.
Erstmals ist im Burgenland auch Ex-Kanzler Christian Kern mit auf der Bühne, um für den Herausforderer von Pamela Rendi-Wagner zu werben.
Die Moderatorin begrüßt ihn ganz besonders, weil alle SPÖ-Kanzler der Zweiten Republik nach Neudörfl gekommen sind - "bis auf Werner Faymann". Der nächste Kanzler werde dann bereits Hans Peter Doskozil sein.
Im Team von Hans Peter Doskozil ist man stolz, dass sich Christian Kern geoutet hat. Vor wenigen Tagen war man noch davon ausgegangen, dass sich der Ex-Kanzler neutral verhalten wird. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern, die sich alle hinter Pamela Rendi-Wagner gestellt haben. Einige intensive Gespräche später war die Situation dann eine andere.
Mit einem Posting auf Facebook stellte Kern klar, dass er bei der parteiinternen Mitgliederbefragung den Burgenländer unterstützen wird. Die Moderatorin begrüßt ihn mit den Worten: "Wir sind froh, dass du es öffentlich gemacht hast." Kern selbst hält Doskozil für den "best geeigneten Kandidaten", um Schwarz-Blau zu verhindern. Kern: "Das ist mir ein wichtiges Anliegen, ich möchte nicht in einem Land leben, das von Schwarz-Blau regiert wird."
Für Doskozil ist die Unterstützung durch Christian Kern nicht nur wegen dessen Wirtschaftskompetenz sehr wichtig. Für ihn ist der gemeinsame Auftritt auch ein Zeichen, dass nach seinem Kampf mit Pamela Rendi-Wagner und Andreas Babler um die Führung in der SPÖ die Gräben wieder zugeschüttet werden können. Der Auftritt dokumentiere, dass man wieder aufeinander zugehen kann.
Er selbst habe ein schlechtes Verhältnis zu Christian Kern gehabt. Doskozil: "Auch ich habe da Fehler gemacht." Er habe sich mit dem Ex-Kanzler aber ausgessprochen und er bezeichnet ihn nun als Freund. Doskozil: "Das ist ein Beispiel, wie wir die Partei wieder einigen können.
Kern bestätigt das auf der Bühne, wo der Landeshauptmann zu der Aussprache in ein Gasthaus geladen hätte. Er selbst sei wegen inhaltlicher Anliegen zum Unterstützer geworden, nicht wegen irgendwelcher Ambitionen. Kern: "Ich brauche nichts persönlich, ich will auch nichts persönlich."
Kritik üben beide in erster Linie an der ÖVP. Wobei es bei Christian Kern wie ein Aufarbeiten seiner Vergangenheit in der rot-schwarzen Koalition und des Bruchs durch Sebastian Kurz klingt. Hans Peter Doskozil jedenfalls will, dass die Türkisen nicht mehr einer nächsten Regierung angehören. Herbert Kickl von der FPÖ wiederum sei nur so stark, weil die SPÖ derzeit so schwach sei.
Nicht die oberen Zehntausend
Direkte Kritik an der SPÖ-Bundesparteizentrale gibt es an diesem Abend nicht. Die entsprechenden Seitenhiebe sind allerdings in so manchen Ausführungen gut versteckt. So sagt etwa Doskozil: "Es kann nicht sein, dass eine kleine Minderheit entscheidet, was die Mehrheit zu denken hat." Und: "Wer verleiht die Macht, zu sagen, das ist eine sozialdemokratische Politik und das andere gehört weg."
Burgenlands SPÖ-Klubobmann Robert Hergovich erklärt dem Publikum das Ansinnen seines Chefs so: "Er gibt die Partei jenen zurück, für die sie gegründet worden ist." Und das seien nicht die oberen Zehntausend. Landesgeschäftsführer Roland Fürst sieht ihn überhaupt gleich als den nächsten Kanzler.
Doskozil erhält die nächsten Standing ovations, für jenen Satz, in dem er sein politisches Risiko beschreibt: "Ich gehe ein Risiko ein, alle gehen wir ein Risiko ein, aber am Ende des Tages werden wir gewinnen."
Es sind an diesem Abend im Martinihof nicht nur burgenländische Sozialdemokraten. Auch etliche Niederösterreicher sind über die Grenze gekommen, um den Doskozil-Kern-Auftritt zu sehen. Etwa Landesgeschäftsführer Wolfgang Zwander oder die Frauenvorsitzende Elvira Schmidt. Sie hat sich im Gegensatz zu ihren Kolleginnen in den anderen Bundesländern öffentlich für Doskozil ausgesprochen.
Mit dem Mindestlohn und der Anstellung von pflegenden Angehörigen mache dieser gute Frauenpolitik. Dass sie ihren Parteikollegen im Bezirk Baden, den Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler, nicht unterstützt, erklärt Schmidt so: "Babler ist ein super Bürgermeister, aber Doskozil wäre ein super Bundeskanzler."
Am Ende der Veranstaltung dürfen alle Funktionäre die Bühne stürmen, um mit den beiden Protagonisten Fotos zu machen. Hans Peter Doskozil bleibt geduldig auf der Bühne, Christian Kern liegen solche engen Angelegenheiten weniger. Er verlässt rasch die Bühne, schafft es aber nicht, den Selfies von etlichen SPÖ-Mitgliedern zu entgehen.
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