Heftige Kritik an Rosenkranz: „Wenn Rechte von der Freiheit reden ...“
Nationalratspräsident Walter Rosenkranz
Mit einer Kranzniederlegung an der Shoah-Namensmauer in Wien wurde am Freitag der Novemberpogrome im Jahr 1938 gedacht. Damals wurden in der Nacht von 9. auf 10. November systematisch Synagogen und jüdische Geschäfte in Brand gesetzt. In Wien allein wurden mindestens 30 Juden getötet und 7.800 verhaftet. Die Mehrzahl davon wurde sofort ins Konzentrationslager Dachau transportiert.
In Wien lädt am Sonntagabend Ex-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) in den Campus Tivoli, um aus Anlass des Gedenkens über Antisemitismus zu diskutieren. Der Titel: „Ein Blick zurück, ein Auftrag nach vorn.“ Eine Auseinandersetzung mit dem Jahr 1938 und den aktuellen Entwicklungen nach dem Hamas-Terrorüberfall in Israel am 7. Oktober 2023 und dem darauf folgenden Gaza-Krieg. Auf dem Podium sitzen unter anderen die Völkerrechtsexpertin Monika Polzin, die EU-Menschenrechtlerin Eva-Esther Sobotka und der Historiker Kurt Bauer. Das werde nicht nur ein Gedenken, sondern auch eine „kritische Beurteilung der Jetztzeit“.
Kritik an Rosenkranz
In diesem Zusammenhang übt Wolfgang Sobotka scharfe Kritik an seinem Nachfolger, FPÖ-Nationalratspräsident Walter Rosenkranz, weil dieser am kommenden Dienstag im Haupthaus des Parlaments das Dinghofer-Symposion veranstaltet. Benannt ist es nach dem bekennenden Antisemiten Franz Dinghofer, dahinter stehen das Dinghofer-Institut und die FPÖ. Bisher wurde das Symposion vom 3. Nationalratspräsidenten bzw. dem FPÖ-Klub veranstaltet. Dass jetzt der Präsident persönlich – „Er ist Präsident für alle“ – dahinter stehe und die Veranstaltung im Haupthaus stattfinde, ist für Sobotka ein Skandal. „Das Symposion war nie so provokant wie diesmal“, so der ehemalige Parlamentsvorsitzende.
Ihn ärgert auch der Titel des Symposions: „Zensur und Ideologisierung – die Freiheit in Gefahr“. Sobotka: „In Österreich gibt es keine Zensur.“ Und: „Wenn Rechte, die permanent mit Orbán und allen Autokraten liebäugeln, von der Freiheit reden, dann haben sie offenbar einen bestimmten Freiheitsbegriff vor Augen, der nicht der liberalen Demokratie entspricht.“
Er hätte es jedenfalls niemals akzeptiert, dass so eine Veranstaltung im Haupthaus des Parlaments stattfindet. Rosenkranz signalisiere damit, dass „Dinghofer eine respektable Person“ ist. Enttäuscht zeigt er sich auch von der Parlamentsadministration, die so etwas einfach gestatte.
Rosenkranz wurde wegen des Dinghofer-Symposions auch von seinen beiden Stellvertretern, Peter Haubner (ÖVP) und Doris Bures (SPÖ), kritisiert. Haubner gegenüber dem KURIER: „Es zeugt nicht von der notwendigen Sensibilität und wirkt befremdlich, wenn in Zeiten wachsenden Antisemitismus diese Veranstaltung im Parlament abgehalten wird.“ Der 2. Nationalratspräsident hat gemeinsam mit der 3. Nationalratspräsidentin einen Brief an Helmut Konrad, Ex-Rektor der Uni Graz, geschrieben. Er ist einer jener Historiker, die scharf das Symposion kritisiert hatten. Zitat aus dem Brief: „Es ist verständlich, dass die Öffentlichkeit auf derartige Handlungen kritisch und sensibel reagiert. Es war uns daher wichtig, klarzustellen, wo hierfür die politische Verantwortung liegt.“ Und die liege allein bei Walter Rosenkranz.
Staat für Palästinenser?
Doch zurück zur Diskussion über Antisemitismus in der Gegenwart. IKG-Präsident Oskar Deutsch hat dieses Problem beim Gedenken am Freitag angesprochen. Sobotka will es auch in die heutige Diskussion einfließen lassen. Wobei er den aktuellen Antisemitismus für ein „Brückennarrativ“ der extrem Linken und der extrem Rechten hält.
„Für Kopfschütteln“ sorgt da bei ihm, dass Ex-Bundespräsident Heinz Fischer (SPÖ) von der Bundesregierung fordert, dass sie einen Palästinenserstaat anerkennen soll. Als Jurist müsse Fischer wissen, dass es ohne ein Gebiet und ohne eine Regierung keinen Staat geben könne. Außerdem regiere dort noch immer die Hamas. Außerdem: „Seit wann wird Terror mit einer Staatsgründung belohnt“, so Sobotka.
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