„Die Korruptionsbekämpfung ist ja nicht ganz unaktuell“, so Geyer mit leicht zynischem Unterton über seine Motivation. Die Koalitionsverhandlungen bezeichnet der pensionierte Jurist „als große Chance“, bei Postenschacher, Parteienfinanzierung, politischer Einflussnahme & Co. „einen Schlussstrich zu ziehen und einen Neustart zu schaffen“. Denn auch in der ÖVP gibt es Stimmen, die sagen, „es muss nicht immer so weiter gehen“, schildert Geyer dem KURIER die Atmosphäre am Verhandlungstisch.
Geyer, Sohn einer Schauspielerin und eines Technikers, wollte ursprünglich Künstler werden. Eher zufällig zogen ihn dann die Paragrafen in den Bann und er wurde leidenschaftlicher Korruptionsbekämpfer – der erste Staatsanwalt, der übrigens Jeans trug.
1986 als er die Anklage gegen Ex-SPÖ-Finanzminister Hannes Androsch wegen dessen Finanz-Malversationen erfolgreich auf den Weg gebracht hatte, gab er den glamourösen Fall ab, und zog neben der Grün-Ikone Freda Meissner-Blau als einer von acht Grünen-Mandataren erstmals in den Nationalrat ein. „Ich dachte damals, dass ich die Republik mitgestalten kann. In der Praxis schaute es aber anders aus“, so Geyer.
Allerdings brachten die Grünen damals frischen Wind in das verschlafene Parlament. Geyer hielt die erste sogenannte Filibuster-Rede – eine fast neunstündige Marathonrede gegen das Waldsterben. Danach wurden strikte Redezeiten eingeführt. Nur zwei Jahre blieb er als grüner Mandatar im Parlament. „Mit den internen Auseinandersetzungen zwischen den Grünen hatte ich ein Problem. Da ging ich lieber wieder in die Justiz zurück.“
Korruption lasse sich nie ganz ausschalten, ist Geyer überzeugt, denn die Hauptmotivation für diese kriminelle Energie ist die Gier. „Sie ist dort am stärksten, wo es um viel Geld geht. Gier nach Geld, sozialer Anerkennung, sozialem Status“.
Deswegen werde sich der Ex-Staatsanwalt bei Koalitionsverhandlungen auch stark machen, dass die Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft, künftig mehr Durchschlagskraft bekommt. Diese Eliteeinheit der Justiz aufbauen zu können, war das Highlight seiner Juristen-Karriere. Vier Jahre nach der Gründung der WKStA ging Geyer im Jahr 2012 in Pension. „Es braucht mehr IT-Spezialisten und infolge mehr Wirtschaftsexperten, die mit den Datenmengen auch etwas anfangen können“. Auch die „Unabhängigkeit der Behörde“ will Geyer mehr stärken. Nach einem internen Clinch mit Generalsekretär Christian Pilnacek wegen der BVT-Causa wurde die Berichtspflicht der WKStA eingeführt.
„Eine unabhängige Ermittlungsbehörde ist das Um und Auf“, so Geyer. In diesem Punkt reagiert der Ex-Staatsanwalt sensibel. Als er als junger Staatsanwalt tätig war, standen Eingriffe bei politische Fällen an der Tagesordnung. Der damalige SPÖ-Justizminister Christian Broda galt zwar als Reformer, aber auch als Intervenierer, der Verfahren lenkte.
Geyer hofft, dass die Grünen und die ÖVP die Koalitionsbildung schaffen. „Denn das wäre für Österreich eine Weichenstellung. Jede andere Koalitionsform gab es schon. Jetzt kann man zeigen, was man kann“, schwärmt Geyer.
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