Sechs Schritte zur besseren Schule
Die Themen, die in der Bildungsreform angegangen wurden, seien nicht falsch, sagt der Wiener Bildungswissenschaftler Stefan Hopmann: "Schulautonomie, die pädagogische Umgestaltung des Unterrichts sowie eine Verwaltungsreform sind wichtige Themen. Allerdings gehen die jetzigen Reformen nicht weit genug. Sie sind eher ein Rückschritt." Welche Schritte müssten seiner Meinung nach stattdessen gesetzt werden, um das österreichische Bildungssystem zukunftsfit zu machen?
-Wirkliche Schulautonomie Auch, wenn die Reform den Titel Autonomiepaket trägt – fast nichts kann am Standort entschieden werden. So kann eine Schule keine untaugliche Lehrkraft los werden und hat auch keine Entscheidungshoheit über ihr Geld. Hopmanns Vorschlag: Am Standort muss über die Personalstruktur, die Schulorganisation und das Budget entschieden werden. Denn die Verantwortlichen vor Ort wissen am besten, welche Unterstützungsmaßnahmen nötig sind, um Kinder bestmöglich zu fördern und zu fordern.
Das ist nicht allein die Aufgabe der Schulleitung, sondern muss in Kooperation mit Eltern, Schülern und dem sozialen Umfeld geschehen, das wesentlich zum Schulerfolg beiträgt.
-Kinderarmut bekämpfen Die Senkung der Mindestsicherung ist das derzeit wirkungsmächtigste Instrument in der Bildungspolitik. Und zwar im negativen Sinne. Denn Armut ist der Hauptgrund dafür, dass Kinder in der Schule scheitern. Nur wenn seine Grundbedürfnisse befriedigt sind, hat ein Kind den Kopf frei, um sich dem Lernen zu widmen. Deshalb gilt: Bildungspolitik ist auch Sozialpolitik.
-Weg von der Gießkanne Rund eine Milliarde Euro hat die Regierung für die Schulreform locker gemacht, davon fließt nur ein geringer Teil in den "Chancenindex" (der soll dafür sorgen, dass Schulen in sozial abgehängten Regionen mehr Ressourcen erhalten, Anm.). Besser wäre es, einen Fokus auf jene Schulen zu legen, in denen es besonders viele Kinder gibt, die Probleme haben, Grundsätzliches wie Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen. Diese Standorte müsste man mit einer besseren Infrastruktur ausstatten, indem man genügend Räume für Arbeitsgruppen, Kreativität, Sport und Betreuung zur Verfügung stellt. In eine solche Schule würden auch bürgerliche Eltern ihre Kinder geben, Gettoschulen würden so vermieden.
Zudem müsste gewährleistet sein, dass die Schulen für Kinder aus schwierigen Lebensumständen garantiert auf eine Infrastruktur von Experten und Einrichtungen zurückgreifen können, die den Lernprozess unterstützen.
-Nicht noch mehr Tests Bildungsstandards und Zentralmatura machen das Schulsystem nicht gerechter. Im Gegenteil: Alle Studien zeigen, dass die soziale Schere sogar weiter aufgeht.
-Begabungsförderung Kinder brauchen Schulen, in denen sie etwas leisten dürfen, und sie mit Kindern zusammen sind, die ähnliche Interessen haben. Es braucht Rahmenbedingungen, die die Schülerinnen und Schüler die Leistung erbringen lässt, die sie gerne erbringen würden.
-Praxisnahe Lehrerausbildung Die Reform der Lehrerbildung ändert nichts daran, dass das Betreuungsverhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden katastrophal ist, Ressourcen an allen Ecken fehlen. Besser wäre eine professionelle Ausbildung, bei der mehr Zeit für die einzelnen Lehramtsstudierenden bleibt, um sie an der Hand zu nehmen und so in den Lehrberuf einzuführen.Allen Eltern und Schülern zum Trost: "In Österreichs Schulen wird an vielen Orten sehr gute Arbeit geleistet. Das wird sich auch durch diese Schulreform nicht ändern", sagt Stefan Hopmann.
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