VP-Frauenrevolte gegen Männerbund
Der schwarz-blaue Pakt ist besiegelt. Von einem "Arbeits-", nicht von einem "Koalitionsübereinkommen" spricht ÖVP-Landeshauptmann Josef Pühringer – so, als würde er sich von der neuen Polit-Liaison in Oberösterreich distanzieren. Abgesehen vom Budget werde es "weite Freiheit" bei Entscheidungen geben.
Eine Entscheidung, die schon jetzt empört, ist jene, keine Frau mehr in die neunköpfige Landesregierung (in der auch ein roter und ein grüner Mann sind) zu lassen. Bisher war Doris Hummer als Bildungslandesrätin im schwarz-grünen Bund. Seit der Wahl am 27. September stehen der ÖVP nicht mehr fünf Sitze zu; vier hat sie nun. Einen gibt es für Pühringer, einen für seinen designierten Nachfolger Thomas Stelzer; um die zwei übrigen ritterten Wirtschaftslandesrat Michael Strugl, Agrarlandesrat Max Hiegelsberger und Hummer. Und so wurde im Parteivorstand darüber abgestimmt, wer von den Dreien gehen muss – geheim, von 28 Männern und sechs Frauen. Es kam, wie erwartet: Hummer unterlag.
Entsetzen
Nicht nur SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek und Grünen-Chefin Eva Glawischnig schreien deswegen auf. Auch ÖVP-Vertreterinnen sind außer sich. "In welchem Jahrhundert lebt die ÖVP-Oberösterreich?", fragt die Frauenchefin der Christgewerkschafter, Monika Gabriel. Sie sei "entsetzt und fassungslos", sagt die Frauenchefin der Bundes-ÖVP, Dorothea Schittenhelm. Die Abstimmung sei "Show" gewesen: "Das war abgemachte Sache."
Pühringer hat Hummer offeriert, Klubobfrau im Landtag zu werden. Und in die Regierung zurückzukommen, wenn einer der vier Herren aus dieser scheidet. Für Schittenhelm eine Provokation: "Warum hat er das nicht einem Mann angeboten?"
Makulatur ist für Schittenhelm, was beim Bundesparteitag im Mai beschlossen worden ist: die ÖVP "jünger, weiblicher, moderner" zu machen. Festgelegt wurde eine 40-Prozent-Frauenquote in allen Parteigremien; detto ein "Reißverschlusssystem" (abwechselnd Frau/Mann auf Wahllisten).
Schittenhelm und Co werden Parteichef Reinhold Mitterlehner schriftlich darauf drängen, die Quote zu erfüllen: "Das muss rasch gehen." Auch im Bundesparteivorstand, in dem nur drei Frauen sind (Schittenhelm, Innenministerin und ÖAAB-Chefin Johanna Mikl-Leitner, Parteivize und EU-Mandatarin Elisabeth Köstinger), müssten fortan 40 Prozent sein, sagt sie dem KURIER. Welche Männer sollen raus? "Keiner, es sollen weitere Frauen rein." Mitterlehner werde Verständnis dafür haben. Dessen Generalsekretär Peter McDonald sagt zwar: "Das Ergebnis entspricht nicht dem Bild, das wir von uns als ÖVP haben." Bundesland-Personalia seien aber dortige Angelegenheit. Auch "demokratische Wahlen" brächten "nicht immer politisch Wünschenswertes".
Es war ein gelungener Coup, als Landeshauptmann Josef Pühringer 2009 Doris Hummer aus dem Hut zauberte. Die neben ihren fachlichen Qualitäten „junge und hübsche“ (Pühringer) Quereinsteigerin war das erste weibliche ÖVP-Regierungsmitglied in Oberösterreich und galt als Zeichen für Erneuerung.
Sechs Jahre später muss Hummer die Regierungsbühne schon wieder verlassen. Wie berichtet, erhielt sie in einer Kampfabstimmung des von Männern dominierten VP-Landesparteivorstands die wenigsten Stimmen – zum Unmut vieler Frauen (siehe oben). Wer nun Hummers totalen Rückzug aus der Politik erwartet hatte, wurde eines Besseren belehrt. Die 42-Jährige ist keine Drama Queen. „Enttäuschung ist keine politische Disziplin. So leicht kann man mich nicht demotivieren“, sagte Hummer am Donnerstag in einer Pressekonferenz.
Zuvor zog sie ausführlich Bilanz über sechs Jahre als Landesrätin für Bildung, Forschung und Frauen. Sachlich und selbstbewusst, ohne Lamento. Hummer ist auch in der Politik ein Unternehmertyp geblieben. Im elterlichen Industriebetrieb verantwortete die Hausruckviertlerin Personal und Marketing, gründete zusätzlich eine eigene Agentur für Mystery-Shopping, war Landeschefin der Jungen Wirtschaft. Die vergangenen sechs Jahre managte sie ein Mega-Ressort in der Landesregierung. „In so einer Spitzenfunktion weht ein rauer Wind. Das müssen Frauen aushalten, sonst werden ihnen solche Funktionen nie angeboten.“
In der Politik, sagte Hummer, gelte es eine Art gläserne Decke mit dem Presslufthammer zu bearbeiten, die Frauen von den Spitzenjobs trennt. Das will die 42-jährige nun im Landtag tun, später vielleicht auch wieder in der Regierung.
Vorher bleibt erst einmal mehr Zeit für ihren Partner und Sohn Felix (3). „Ich freue mich auf freie Wochenenden.“ Zur Freude der Familie: Als klar wurde, dass sie nicht mehr Landesrätin wird, erhielt Hummer ein SMS. Inhalt: „Juhu.“
Kommentare