Premiere: Jeder Wähler hat bis zu drei Stimmen

Sitzungssaal des Nationalrates
Die Bürger dürfen nun auch die Bundeslisten umreihen.

Was können Wähler tun, wenn sie nicht wollen, dass etwa die Herren Werner Faymann oder Michael Spindelegger die Kandidatenlisten ihrer Parteien anführen?

Nichts, lautete bisher die Antwort – mit der Betonung auf „bisher“. Denn die Nationalratswahl am kommenden Sonntag bringt für ausnehmend wählerische Bürger eine Verbesserung.

„Die wesentlichste Neuerung für die Wahlberechtigten ist bei dieser Nationalratswahl, dass nun auch auf Bundesebene Vorzugsstimmen vergeben werden können“, sagt Robert Stein, Leiter der Wahlabteilung im Innenministerium, zum KURIER.

Zwei Kreuzerln

Im „Idealfall“ gibt ein Wähler am Wahlsonntag einen Stimmzettel mit zwei Kreuzerln und zwei Namen bzw. Nummern ab. Warum?

Die Partei wird – wie bisher – mit einem Kreuz bei der Kurzbezeichnung („SPÖ“, „ÖVP“ etc.) gewählt; der Vorzugsstimmen-Kandidat im unmittelbaren Lebensumfeld der Wähler (Regionalwahlkreis) bekommt ein Kreuz im Kreis links von seinem Namen.

Und dann gibt es noch die Möglichkeit, die jeweilige Partei-Liste im Land und – was jetzt neu ist – zusätzlich auf Bundes-Ebene zu beeinflussen. Entweder, indem man den Namen seines bevorzugten Kandidaten ins entsprechende Feld schreibt; oder aber, indem man die Nummer des Kandidaten (sie findet sich auf den Listen in der Wahlzelle) einträgt.

Wichtig ist dabei: Im Unterschied zu anderen Ländern ist in Österreich das sogenannte Stimmensplitting weiter verboten.

Das bedeutet: Partei und gewählte Vorzugsstimmen-Kandidaten müssen immer derselben Partei angehören.

Andernfalls ist der Stimmzettel zwar nicht ungültig, es gilt aber die Regel „Kreuzerl sticht Vorzugsstimme“, kurzum: Es gilt die gewählte Partei, die Vorzugsstimmen zählen nicht. Dasselbe gilt, wenn Wähler mehr als die drei möglichen Vorzugsstimmen (Bund, Land, Regionalwahlkreis) vergeben. Auch in diesem Fall sind alle Vorzugsstimmen ungültig.

Besonders „bequeme“ Wähler können sich übrigens sogar das Kreuz bei ihrer bevorzugten Partei sparen – dann nämlich, wenn sie einzelnen Kandidaten einer Partei Vorzugsstimmen geben und so ihren „Wählerwillen“ deklarieren. Problematisch wird die Angelegenheit, wenn ein Bürger die Namen von Kandidaten verschiedener Parteien angibt und kein Kreuz bei einer Partei macht. Dann ist sein Wille nicht klar erkennbar – und der Stimmzettel ungültig.

Aus für taktisches Wählen

Eine Neuerung, auf die insbesondere Briefwähler achten sollten, ist die Frist für die Abgabe der Wahlkarten.

Bisher konnten Wahlkartenwähler auch am Wahlsonntag ihre Stimme abgeben, theoretisch die ersten Hochrechnungen bzw. das Ergebnis abwarten – und damit „taktisch wählen“.

Das ist diesmal verboten, sprich: Die Wahlkarte muss bereits am Wahlsonntag bei der Behörde sein – taktisches Wählen ist damit unmöglich.

Wer steht am kommenden Sonntag zur Wahl?

SPÖ, ÖVP, FPÖ, BZÖ, die Grünen, das Team Stronach, die KPÖ, Neos und Piraten treten am 29. September österreichweit an. Gruppierungen wie der linksorientierte Wandel stehen nur in einzelnen Bundesländern zur Wahl.

Wer darf wählen?Jeder österreichische Staatsbürger, der am Wahltag 16 Jahre alt ist, darf wählen. Ausnahme: Rechtskräftig Verurteilten (Haftstrafe mehr als fünf Jahre wegen Delikt gegen den Staat) kann vom Richter das Wahlrecht entzogen werden. Das passive Wahlrecht, also gewählt werden zu dürfen, gilt ab Vollendung des 18. Lebensjahres am Wahltag. Eine Wahlpflicht gibt es nicht.

Wo kann ich wählen?

Überall, auch via Briefwahl, vorausgesetzt, Sie haben eine Wahlkarte. Ohne Wahlkarte muss die Stimme im Wahllokal am Wohnort abgegeben werden. „Fliegende Wahlkommissionen“ kommen, soferne sie beantragt wurden, auch zu Personen, die gehunfähig sind, nach Hause. Beim Wählen besteht Ausweispflicht. Die Wahlkommission im Wahllokal kontrolliert die persönlichen Daten.

Wie wählt man richtig?

Der Wählerwille muss klar ersichtlich sein. Im Prinzip ist nicht nur das Kreuzerl erlaubt, sondern auch andere Markierungen des Kreises am Stimmzettel. Ob ein Stimmzettel gültig oder ungültig ist, entscheiden im Zweifel die Wahlbehörden.

Wie kommt man zu einer Wahlkarte?

Diese müssen Sie in der Gemeinde, in deren Wählerevidenz Sie stehen, beantragen. Das ist schriftlich (auch per eMail) oder persönlich (in Wien beim Magistrat) möglich. Zeit dafür haben Sie bis 25. September (schriftlich) oder bis 27. September (persönlich) – wobei: Achtung auf die Zustellfristen! In der EU bzw. der Schweiz können Sie Ihre Wahlkarte auch noch am heutigen Montag bei einer österreichischen Vertretungsbehörde (Botschaft) abgeben; im Nicht-EU-Ausland war dies bis zum 20. September möglich.

Wann erfährt man die ersten Ergebnisse?

Wahlschluss ist meist 17 Uhr, am Land schließen viele Wahllokale schon früher. In Vorarlberg ist überhaupt um 13.00 Uhr Schluss. Ergebnisse dürfen erst nach Wahlschluss bekannt gegeben werden. Die Innenministerin verkündet im Laufe des Wahlabends ein vorläufiges Endergebnis (ohne Briefwahl- und sonstige Wahlkartenstimmen). Davor gibt es die TV-Hochrechnungen.

Premiere: Jeder Wähler hat bis zu drei Stimmen

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