Vorarlbergs neuer SPÖ-Chef Leiter: "Wollen Hype um Andreas Babler nutzen"
Mit 86,48 Prozent wurde Mario Leiter (57) aus Bludenz in der Vorwoche zum neuen SPÖ-Landesobmann in Vorarlberg gewählt. Er hat damit Gabriele Sprickler-Falschlunger, die Ehefrau des grünen Gesundheitsministers Johannes Rauch, abgelöst. Sie hatte in der SPÖ als vehemente Gegnerin von Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil für Aufsehen gesorgt. Mario Leiter will die SPÖ wieder in die Vorarlberger Landesregierung führen, wie er im Interview mit dem KURIER erklärte.
Keine andere Landespartei ist im Vorfeld des Sonderparteitags der SPÖ so scharf gegen den Kandidaten Hans Peter Doskozil aufgetreten wie die Vorarlberger. War das die Linie der Landespartei oder nur der Landesparteivorsitzenden, Ihrer Vorgängerin?
Mario Leiter: Das war nur der Wille der Landesparteivorsitzenden. Es hat überhaupt keinen Parteibeschluss dazu gegeben. Das war ihre Meinung und ihre Entscheidung. Ich selbst habe das alles immer für mich behalten, weil ich der Meinung bin, dass der Entscheidungsprozess, um den es da gegangen ist, urpersönlich sein soll. Es ist ja auch eine Bauchentscheidung. Es sind über 10.000 neue Mitglieder eingetreten, weil viele die Kandidaten ja gar nicht persönlich kennen. Aber grundsätzlich haben wir schon drei tolle Kandidaten gehabt, das muss man schon auch einmal erwähnen.
Die Entscheidung wurde dann von etlichen parteiinternen Schwierigkeiten begleitet, bis hin zur missglückten Auszählung. Ist das Thema für Sie jetzt schon abgehakt
Dieser demokratische Prozess ist jetzt abgeschlossen. Das hat man ja mehrfach geprüft, sodass das Ergebnis jetzt passt. Ich bin froh, dass das jetzt endlich geklärt ist. So können wir jetzt auch in Vorarlberg mit einem starken Bundesparteivorsitzenden durchstarten.
Sie glauben, dass Sie mit Andreas Babler Rückenwind aus der Löwelstraße in Wien bekommen werden?
Grundsätzlich habe ich immer gesagt, dass alles drei Kandidaten top sind. Aber der Parteitag hat jetzt ein Ergebnis gebracht. Der Andreas Babler brennt für die Partei. Und wenn man sieht, wie viele neue Mitglieder jetzt in der Bundespartei eingetreten sind und dass wir in den vergangenen Tagen in Vorarlberg über 15 Prozent neue Mitglieder bekommen haben, ist das ein Zeichen für mich, dass die Sozialdemokratie in der Bevölkerung einen großen Stellenwert besitzt.
Wenn man den großen Stellenwert hernimmt, dann haben Sie in Vorarlberg natürlich eine ganz schwierige Situation, weil dort die SPÖ schon lange nicht mehr am Ruder mit dabei ist?
Das ist richtig, aber das soll sich ändern. Mein Anspruch ist es, dass wir in Vorarlberg wieder eine Alternative in der Politik sind. Als politischer Mensch ist es mir einfach wichtig, dass ich diesen Hype, der da vom Bund kommt, nach Vorarlberg übertrage. Viele Menschen fühlen sich von den Regierern in Stich gelassen. Da müssen wir jetzt ansetzen. Es geht um die Teuerung, es geht um Kinderbetreuungsplätze, es geht um saubere Politik. Das werde ich mit viel Mühe, mit Anstand und Respekt aber auch mit Demut in Angriff nehmen, um die SPÖ in Vorarlberg wieder auf eine Zahl zu bringen, die sie regierungsfähig macht.
Das große Thema wird somit auch in Vorarlberg die Teuerung sein.
Ich bin seit 38 Jahren Polizeibeamter und stelle fest, dass die Menschen der Politik überdrüssig geworden sind. Wir müssen hier das Sittenbild wieder zurückrichten und schauen, dass wir uns für jene Menschen einsetzen, die dringend Hilfe brauchen. Die Teuerung wäre einfach in den Griff zu bekommen. Wir müssten nur die Kinderbetreuung gratis stellen, so wie es in Wien oder dem Burgenland ist. Dann müssten wir unsere 96 Gemeinden stärken. Ich weiß nicht, ob das bis Wien durchgedrungen ist. Aber in Vorarlberg wurden die Kindergartenbeiträge um 10 Prozent erhöht, das ist ein fatales Zeichen. Wenn die Gemeinden diese Erhöhung nicht mitmachen, bekommen sie das Kindergartenpersonal nicht unterstützt.
Als SPÖ stehen Sie da ziemlich allein da. Die Grünen sind mit der ÖVP in der Regierung und mit der FPÖ werden Sie thematisch wohl wenig gemeinsam unternehmen?
Es kommt jetzt darauf an, wie die SPÖ Vorarlberg bei den nächsten Landtagswahlen 2024 abschneiden wird. Ich hoffe, dass wir so stark zulegen, dass wir eine Alternative zur derzeitigen schwarz-grünen Regierung werden.
Wird die Vorarlberger SPÖ ein Teil der neuen roten Westbahn-Achse?
Westbahn-Achse? Wie wird das definiert?
Vor der Mitgliederabstimmung haben Sven Hergovich aus Niederösterreich, Michael Lindner aus Oberösterreich, David Egger aus Salzburg und Georg Dornauer aus Innsbruck eine neue Westbahnachse innerhalb der SPÖ ausgerufen.
Ich war da noch nicht dabei. Aber ich diskutiere natürlich mit allen anderen Landesparteivorsitzenden und Parteifreunden. Natürlich werde ich mich auch im Bundesbereich einbringen, weil da viele Themen besprochen werden, die auch Vorarlberg betreffen. Außerdem muss ich jetzt erstmal alle persönlich kennenlernen. Aber ich werde sicher im regen Austausch mit allen stehen.
Beim Bundesparteitag im Herbst wird sicher besprochen, ob in Zukunft Koalitionsfragen oder neue Vorsitzende immer mit einer Mitgliederbefragung entschieden werden. Wie stehen Sie dazu?
Die Basisdemokratie ist für uns ein wichtiges Instrument. Ich habe jetzt hier in Vorarlberg viele Gespräche geführt, wo die Menschen in die Partei eingetreten sind, weil sie sagen, dass sie da wenigstens mitentscheiden können, in welche Richtung es geht und wer der nächste Chef wird. Sowohl im Bundesland als auch im Bund. Und ich glaube, dass ihnen das gefallen hat und dass es ein gutes Instrument ist.
Sie wollen sich in der Bundespartei einbringen. Haben Sie nicht das Gefühl, dass die Vorarlberger SPÖ von Wien aus nur als der ganz, ganz kleine Partner behandelt worden ist?
Ich betrachte die Sozialdemokratie nie als One-Man-Show. Das gibt es für mich nicht. Wir sind eine feministische Partei, wir treten für die Frauenrechte ein, wir schauen auf Gleichbehandlung, Gleichberechtigung und Mindestlohn. Aber natürlich ist Vorarlberg eines von neun Bundesländern. Und in den Bundesgremien sind alle neun Ländervertreter gleichberechtigt und diskutieren auf Augenhöhe. Das ist auch wichtig, dass man sich dort in dieser Position wiederfindet. Ich werde dort versuchen, jene Vorarlberger Themen voranzubringen, wo der Bund uns unterstützen kann.
Im Zuge der Mitgliederbefragung ist die Kritik aufgetaucht, dass sich die Bundesparteizentrale zu wenig um die Landesorganisationen kümmert. Bregenz ist am weitesten von Wien entfernt. Haben sich die Vorarlberger auch vernachlässigt gefühlt?
Bei mir hat der Kontakt immer funktioniert, ich könnte nicht klagen. Aber natürlich ist in der Politik die Kommunikation der wichtigste Part, man muss mit den Menschen reden, man muss sie einbinden, man muss die Betroffenen zu Beteiligten machen. Das ist auch ein großes Ziel von mir. Beim „Kleinen Prinzen“ von Saint-Exupery heißt es: „Wenn Sie ein Schiff bauen, dann besorgen Sie nicht Holz und Gerätschaften für den Bau des Schiffes, sondern lehren Sie die Männer die Weite und endlose Sehnsucht vom Meer.“ Wir müssen Begeisterung in die Bewegung bringen.
Wie ist eigentlich Ihr Verhältnis zu ÖVP-Landeshauptmann Markus Wallner?
Den Markus Wallner kenne ich schon seit vielen, vielen Jahren. Wir haben einen wertschätzenden Umgang, wir diskutieren natürlich über Politik. Aber bis jetzt hatte ich natürlich nur kommunalpolitische Agenden, da war der Kontakt natürlich nicht so eng. Aber jetzt geht es um Landesthemen, wo es mit unter auch Zwei-Drittel-Beschlüsse braucht. Wir werden uns da massiv einbringen. Ich werde den engen Austausch mit ihm aber auch mit den anderen Fraktionen suchen.
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