Von Mädchen häufig gewählte Lehrberufe meist schlechter bezahlt

Von Mädchen häufig gewählte Lehrberufe meist schlechter bezahlt
Die Top-3-Lehrberufe bei Mädchen haben meist Einstiegsgehälter von weniger als 2.000 Euro brutto monatlich.

Die Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern beginnen bereits bei der Wahl der Lehrstelle: Wie eine APA-Auswertung der Lehrlingsstatistik sowie des AMS-Gehaltskompass zeigt, haben bei Burschen beliebte Lehrberufe nach der Lehrzeit höhere Einstiegsgehälter als jene, die von Mädchen gewählt werden. Schon die Lehrlingsentschädigungen sind unterschiedlich hoch.

Laut Lehrlingsstatistik der Wirtschaftskammer absolvierten 2018 mehr als ein Drittel der 72.710 männlichen Lehrlinge die Ausbildung zum Metall-, Elektro- oder Kfz-Techniker. In diesen drei beliebtesten Lehrberufen winkt laut AMS-Gehaltskompass nach Lehrabschluss ein durchschnittliches Brutto-Einstiegsgehalt von über 2.130 Euro im Monat. Die Top-3-Lehrberufe bei Mädchen - Einzelhandel, Bürokauffrau und Friseurin - haben hingegen meist Einstiegsgehälter von weniger als 2.000 Euro brutto monatlich. 43,3 Prozent der 35.205 weiblichen Lehrlinge wählten einen dieser drei Berufe.

Von Mädchen häufig gewählte Lehrberufe meist schlechter bezahlt

Am Anfang der Lehrzeit sind Unterschiede in der Regel noch gering. In technischen Lehrberufen steigen die Lehrlingsentschädigungen aber im Lauf der Ausbildung tendenziell stärker als in anderen Berufen. Die meisten Lehrlingsentschädigungen liegen im ersten Lehrjahr zwischen 600 und 750 Euro monatlich. Ausnahmen nach unten gibt es beispielsweise beim Beruf des Konditors mit rund 400 Euro und nach oben beim Maurer mit 963 Euro.

Breiteres Angebot gefordert

Die Lehrlingsexpertin der Arbeiterkammer, Edith Kugi-Mazza, stellt infrage, dass es eine echte freie Wahlmöglichkeit gibt. Sie plädiert für ein breiteres Angebot an Lehrstellen. Die Liste der häufigsten Lehrberufe bedeute nämlich nicht, dass das die beliebsten seien. "Das Problem ist, wenn man sich die angebotenen Lehrstellen ansieht, da wird einfach viel angeboten im Handel, im Tourismus und im Bereich Friseur, Kosmetik und Fußpflege", sagte Kugi-Mazza im Gespräch mit der APA. Zum Teil seien das auch kleinere Betriebe, die - im Vergleich zu großen Industrieunternehmen - oft weniger zahlen und wo der gewerkschaftliche Organisationsgrad geringer sei. Insgesamt sei es ein sehr vielschichtiges Thema.

Bei der Berufswahl spielen der Expertin zufolge viele unterschiedliche Gründe eine Rolle, entscheidend sei auch das familiäre Umfeld und was die Freunde machen. Oft sei die Stelle beim Friseur oder Geschäft im Ort der leichtere Weg. Kugi-Mazza erzählte von Gesprächen mit Jugendlichen bei Berufsinformationsveranstaltungen, bei denen sie Gehaltstabellen herzeigte. "Das hat den Mädels schon zu denken gegeben." Sie ist überzeugt, dass je mehr Frauen technische Berufe ergreifen, desto besser werden auch die Rahmenbedingungen für sie in diesen Unternehmen. Wichtig sei es auch, den Mädchen bei der Berufswahl den Rücken zu stärken und zu sagen: "Das schaffst du locker, das kriegst du hin." Aus der Sicht von Kugi-Mazza müssten auch mehr große Industriefirmen Frauen stärker gezielt ansprechen.

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