Brandstätters Blick: Von Haider zu Strache

Strache und Haider beim Ball des Kärntner Landeshauptmanns im Februar 2005.
Die Rechten in der EU haben voneinander gelernt. Jetzt haben sie ein Problem. Ein dramaturgischer Bogen über Europa.

Am Anfang stand Jörg Haider. Er begann mit Tabubrüchen, bis hin zum Lob für die Waffen-SS, dann ernannte er sich zum Mann des Volkes und verschenkte Steuergeld, selbst gut ausgestattet mit einem Erbe. Die Opferrolle hat er auch schnell entwickelt, als er vom Amt des Landeshauptmanns wegen des Lobes für die „ordentliche Beschäftigungspolitik“ der Nazis zurücktreten musste. Institutionen des Rechtsstaats wie der Verfassungsgerichtshof wurden lächerlich gemacht. Für beachtliche Fälle von Korruption musste er nicht mehr vor Gericht.

Quer durch Europa entstanden Parteien und Bewegungen, die sich Haider zum Vorbild nahmen. Jean-Marie Le Pen nannte die Gaskammern der Nazis „ein Detail der Geschichte“, für Alexander Gauland von der AfD ist die Nazizeit ein „Vogelschiss“. In Deutschland hat es am längsten gedauert, bis Rechte jede Scham ablegten. Aber die historischen Phasen, die Haider durchmachte, vom Anspruch, gegen „die da oben“ zu sein bis zur großen Gier, kann man überall in Europa verfolgen. Die italienische Lega wuchs zunächst durch die Verachtung der Bewohner des armen Südens – terroni, Dreckige – bei der letzten Wahl biederte sich Matteo Salvini auch in Sizilien an, die gehören für ihn nun doch zum Volk. Die Roma nicht, gegen sie geht Salvini mit üblem Rassismus vor. Salvinis Vorgänger Bossi war korrupt, gegen Salvinis Leute wird ermittelt.

Differenzen zwischen "Verbündeten"

Ungarns Viktor Orbán hat als liberaler Konservativer begonnen. Jetzt sieht er sich als Bollwerk des Christentums, scheut nicht vor offensichtlichem Antisemitismus zurück und höhlt die Demokratie aus. Strache wollte ein Mediensystem wie in Ungarn, also ohne freie Medien. Der ständige Kampf gegen Journalisten gehört überall dazu. Sie deckten ja dubiose Geldgeschäfte auf, auch in Orbáns Umgebung.

Aber je stärker all diese Rechtsextremisten wurden, umso klarer wurde, dass trotz der Gemeinsamkeiten der Kampagnen grundsätzliche Differenzen überwiegen werden. Die FPÖ will den Südtirolern einen österreichischen Pass geben, Salvini will das nicht. Dafür will der Italiener seine Schulden in ganz Europa verteilen, was die Rechten im Norden ablehnen. Noch werden die Grenzen in Europa nicht infrage gestellt, aber wenn Feinde gesucht werden, ist wieder alles möglich.

"Zack, zack, zack"

Das unsagbar dumme Auftreten von H.C. Strache und Johann Gudenus bedeutet nicht das Ende des Rechtsrucks in Europa. Aber die Menschen können jetzt überall sehen, worum es diesen geht: Sie wollen die Macht, um an das Geld des Staates zu kommen, auch für ausländische Oligarchen; sie wollen die Pressefreiheit aufheben – Zack, Zack, Zack, wie Strache im Video sagte. Und sie suchen die Anlehnung an Russland. Der autoritäre Staat ist das große Vorbild, der Westen wird als dekadent heruntergemacht. Und die Russen finanzieren ihre Freunde gerne. Ulf Poschardt, Chefredakteur der konservativen Zeitung Welt: „Bürgerliche dürfen nicht mit Rechtsaußen koalieren, das desavouiert ihr Demokratieverständnis.“ Strache hat den Rechtsextremen in Europa unfreiwillig die Hose ausgezogen, sie stehen nackt da. Das kann jetzt jeder sehen.

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