Verdächtige Geheimnistuerei im U-Ausschuss

Verdächtige Geheimnistuerei im U-Ausschuss
Der U-Ausschuss wollte am Mittwoch Licht in die Tetron-Affäre bringen. Das Problem: Heikle Strafanzeigen sind unauffindbar.

Die Beamten im Innenministerium sind scheu wie Rehe. Nicht anders ist zu erklären, dass gestern ausnahmslos alle in den Untersuchungsausschuss geladenen Ministeriumsmitarbeiter mit den Usancen brachen und Film- wie Fotoaufnahmen verhinderten. Manfred Blaha, Peter Skorsch und Andrea Varga wurden im Ausschuss-Lokal also nicht fotografiert.

Doch das "Fotoverbot" war beileibe nicht das Pikanteste, das die Befragungen um die Neuvergabe des digitalen Blaulichtfunks gestern zutage förderte. Einigermaßen mysteriös sind etwa die Vorgänge, die sich im Frühjahr 2003 rund um den Wechsel vom Mastertalk- zum Tetron-Konsortium abgespielt haben. Laut Ausschuss-Akten hat Beamter Skorsch seinen Kollegen Blaha bei den Korruptionsermittlern des BIA (Büro für Interne Angelegenheiten) angezeigt. Der Anlass: "Missstände bei der Vergabe des Behördenfunks".

Skorsch hatte sich zuvor als Funk-Experte vom Ministerium karenzieren lassen, ging zur Firma Eurofunk Kappacher – einem Systemlieferanten für das Funknetz – und wechselte 2003 als Leiter des neuen Projekts ins Ministerium zurück. Zwei Mal, einmal mündlich, einmal schriftlich, hat Skorsch laut BIA-Aufzeichnungen Anzeige erstattet, außerdem wurden vier Daten-CDs übergeben.

Seltsam ist nun, dass der gesamte Akt offenkundig verschlampt wurde – weder CDs noch Anzeigen sind im BIA auffindbar. Und auch Herr Skorsch wollte sich im Ausschuss an nichts erinnern.

Grünen-Mandatar Peter Pilz hegte darob einen bösen Verdacht: Skorsch hat aus höchst persönlichen Motiven Anzeige erstattet: "Sie sind ein Motorola-Mann."

Skorsch wies dies und andere Unterstellungen zurück; die Anzeigen bleiben dennoch verschwunden.

Ladungsstreit

Veritable Auffassungsunterschiede offenbarten sich am Mittwoch hinsichtlich des Auftritts von Christoph Ulmer.

Der ehemalige Kabinettschef von Ernst Strasser gilt als Schlüsselfigur in der Tetron-Causa, wollte am Dienstag aber nicht direkt auf die Frage antworten, ob er vor seiner Aussage im Untersuchungsausschuss Zugang zu den Ausschuss-Akten hatte. Anstatt einfach "Nein" zu antworten, entschlug sich Ulmer und ließ damit den Verdacht im Raum stehen, er habe tatsächlich Zugang zu den geheimen Akten gehabt.

Grüne, BZÖ und FPÖ wollten deshalb die Staatsanwaltschaft einschalten – immerhin geht es um den Bruch des Amtsgeheimnisses. Für SPÖ und ÖVP ist die Suppe zu dünn – wer sich der Aussage entschlägt, muss deshalb noch nichts Unrechtes getan haben.

U-Ausschuss: Worum es bei Tetron geht

Digitalfunk Bei der Tetron-Affäre geht es um mögliche Schmiergeldzahlungen im Zusammenhang mit der Vergabe des digitalen Funksystems für Einsatzkräfte. Wegen kolportierter technischer Mängel entzieht Minister Ernst Strasser 2003 dem Mastertalk-Konsortium den Auftrag; die Republik zahlt 30 Mio. € für die Streitschlichtung.

Neuausschreibung Nach der Neuausschreibung erhält 2004 ein Konsortium aus Motorola und Alcatel den Zuschlag. Die Telekom ist ebenfalls beteiligt. Motorola und Telekom sollen an den Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly mehr als 3,6 Millionen Euro an Provision gezahlt haben. Mensdorff dementiert alle Vorwürfe vehement.

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