"Van der Bellen den Schädel gerade richten“: Wird die FPÖ-Rhetorik schärfer?

KÄRNTEN-WAHL: WAHLKAMPFAUFTAKT FPÖ KÄRNTEN - KICKL
Für FPÖ-Chef Kickl ist der „Bundespräsident der wahre Staatsgefährder“. Politbeobachter fühlen sich an Haider-Hoch-Zeiten erinnert

Die FPÖ ist „normal“ und will eine „Festung Österreich“, wenn es nach Plakat-Slogans geht. Wenn es nach Parteichef Herbert Kickl geht, dann will er Bundeskanzler werden und dem „Bundespräsidenten den Schädel gerade richten“, wie er anlässlich des Wahlkampfauftaktes in Kärnten Ende letzter Woche wissen lässt. Alexander Van der Bellen sei durch seine Aussage, ihn nicht als Regierungschef angeloben zu wollen, „der wahre Staatsgefährder“.

In Migrationsfragen gelte es künftig vom „Glacéhandschuh zum Kettenhandschuh“ zu wechseln und von Ungarns Staatschef Victor Orbán zu lernen. Ähnlich äußern sich FPÖ-Generalsekretären Michael Schnedlitz und Christian Hafenecker sowie dem Kärntner Landesparteichef Erwin Angerer.

Hat sich die metaphernreiche und wortgewaltige Sprache der Blauen seit Kickls Obmannschaft 2021 und dem jüngsten Wahlerfolg in Niederösterreich (25,19 %/Plus 9,43 %) verändert? „Die Sprache hat seit der Pandemie an Schärfe zugenommen“, sagt OGM-Chef und Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer zum KURIER.

Kickls jüngste Aussagen seien dem Wahlkampf-Modus geschuldet. „Kickl ist ein intelligenter Stratege und situationselastisch. Er weiß, was von ihm auf der Wahlkampf-Bühne oder im ZiB2-Studio verlangt wird und das sind zwei vollkommen unterschiedliche Dinge.“

Kickl habe das Profil der FPÖ noch einmal geschärft, betont der ehemalige FPÖ-EU-Mandatar Andreas Mölzer: „Herbert Kickl ist in rhetorischer Hinsicht sicher der Meister des schweren Säbels und nicht der des eleganten Floretts.“ Kickl habe nicht nur im Parlament mit „rhetorisch brillanten“ Reden gepunktet: „Während Corona hat er auch auf der Straße, vor großen Menschenmengen, geschickt mit rhetorischen Klischees gespielt. Das haben Jörg Haider oder Heinz-Christian Strache in dieser Form nicht gemacht.“ Kickl sei genuin für den aktuellen Höhenflug der FPÖ verantwortlich, so Mölzer. Doch künftig müsse er einen Mittelweg finden: „Ich gehe davon aus, dass er nicht ewig Oppositioneller bleiben will. Seine Aufgabe ist es also, wieder eine Gesprächsbasis mit den anderen Parteien aufzubauen.“

Das könnte schwierig werden.

Die ÖVP ist das primäre Angriffsziel der Kickl-FPÖ. Also jene Partei, die historisch die geringsten Berührungsängste mit der FPÖ hatte – und im Bund dreimal mit ihr koalierte. In der SPÖ gilt Rot-Blau hingegen als rote Linie – die Hans Peter Doskozil (SPÖ) im Burgenland ignorierte. SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner schloss eine Koalition mit der FPÖ zuletzt wiederholt aus. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch bezeichnet Kickls Angriffe auf Van der Bellen als „kaum verhüllten Gewaltaufruf“ Er warnt: „Die Geschichte hat uns gelehrt, dass auf Worte Taten folgen.“

Zur scharfen Kickl-Rhetorik passt ein TikTok-Video, das FPÖ-Bundesrat Josef Ofner verbreitete. Die Regierung habe „die Alten weggesperrt und zwangsgeimpft“, die Bevölkerung „wie Vieh markiert“, heißt es. Das Video stammt nicht von der FPÖ, doch Ofner betonte dessen „Wahrheitsgehalt“. Es endet mit einem impliziten Racheschwur: „Wir werden da sein, denn wir vergessen nie!“

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