Neue Uni-Schranken: "Keine Lösung für unsere Probleme"
Die Universität Wien wird ab Herbst 2019 neue Zugangsbeschränkungen in den Fächern wie Jus, Anglistik, Translationswissenschaften, Politikwissenschaften, Kultur- und Sozialanthropologie, Soziologie und Chemie einführen. Die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) warnt vor einer Verdrängung von Studenten aus Nichtakademiker-Familien, die SPÖ sieht "Zehntausende Studienplätze" in Gefahr.
Bund und Uni haben sich Mittwochabend für die Jahre 2019 bis 2021 darauf geeinigt, wie viel Geld die Uni bekommt und wie die Studienbedingungen in etwa auszusehen haben. Und aus dem Verhandlungsergebnis sticht neben 80 neuen Professuren und einem Budgetpuls - es gibt um 17 Prozent mehr Geld als bisher - eines heraus: neue Zugangshürden für angehende Studenten.
Engl: "Beobachten die Situation einmal"
Ab Herbst 2019 ist den Unis gesetzlich erlaubt, neue Aufnahmeverfahen einzuführen. Diese werden generell zusätzlich in den Bereichen Jus, Fremdsprachen und Erziehungswissenschaften möglich, außerdem können die Unis in lokal überlaufenen Studienrichtungen Zugangsregeln einführen. Nun wurde bekannt: Die Uni Wien nutzt diese Möglichkeiten bei Jus, Anglistik, Translationswissenschaften, Politikwissenschaften, Kultur- und Sozialanthropologie, Soziologie und Chemie.
In anderen theoretisch möglichen Fächern sehe man dagegen vorerst von Beschränkungen ab. "Dort beobachten wir die Situation einmal, wie sich die Anfängerzahlen entwickeln. Wenn wir sehen, dass es stärkere Verlagerungsbewegungen in diese Fächer gibt, werden wir in den Jahren darauf vielleicht auch dort etwas machen müssen", erklärt Rektor Heinz Engl.
Das betreffe einige andere Sprachen sowie geisteswissenschaftliche Fächer. "Es braucht sich aber niemand fürchten", so Engl. Die Studentenzahlen würden nicht dramatisch geringer. Die Platzzahl orientiere sich an den bisherigen Anfängerzahlen minus der sogenannten "No-Shows": Das sind Studenten, die keine einzige Prüfung abgelegt haben. Genaue Zahlen, wie viele Studenten für die jeweiligen Fächer zugelassen werden, wollte der Rektor nicht verraten.
80 neue Professoren
Insgesamt erhält die größte Uni des Landes im Zeitraum 2019 bis 2021 eine Budgetsteigerung von 17 Prozent. Von den zusätzlichen 207 Millionen Euro sichere ein Teil die Aufrechterhaltung des Betriebs sowie die Übernahme von bisher extra finanzierten Verpflichtungen wie die neuen Lehramtsstudien. Rund 120 Millionen Euro stehen aber auch für neue Maßnahmen zur Verfügung. Einerseits solle die Konkurrenzfähigkeit der Forschung gesichert werden, so Engl. Andererseits investiere man in die Verbesserung der Studienbedingungen.
Dafür werden 80 zusätzliche Professuren ausgeschrieben. Diese sollen einerseits in zukunftsgerichtete Themenfelder wie Data Science (was auch Digitalisierung in den Geisteswissenschaften umfasst), Künstliche Intelligenz, Computational Medicine (gemeinsam mit der Medizin-Uni), sowie Recht und Innovation fließen. Ein anderer Teil soll die Betreuungssituation in besonders überlasteten Fächern entschärfen. So entstehen etwa allein elf zusätzliche Professuren bzw. Tenure-Track-Stellen in den Sozialwissenschaften. "Um den 12. November werden wir mindestens 40 neue Professuren ausschreiben", kündigte der Rektor an.
ÖH: "Beschränkungen wirken sozial selektiv"
Scharfe Kritik übte die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) an den Plänen der Uni Wien. " Zugangsbeschränkungen wirken sozial selektiv und sind keine Lösung für die Probleme unserer Hochschulen", so das Vorsitzteam in einer Aussendung. Menschen, deren Eltern nicht Akademiker sind, würden dadurch oft vom Studium abgehalten.
Außerdem fehlt aus Sicht der ÖH eine Basis für die Vereinbarung, da das Bildungsministerium die diesjährige Verordnung zu den Studierendenzahlen noch nicht veröffentlicht habe. "Änderungen in so gravierendem Ausmaß, auf Grundlage von unveröffentlichten Zahlen, zu beschließen ist verantwortungslos. Wir werden uns nicht für dumm verkaufen lassen", so Marita Gasteiger (Grüne und Alternative StudentInnen/GRAS) vom ÖH-Vorsitzteam.
Auch von der SPÖ kam erwartungsgemäß Kritik. Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl meint, nun trete das ein, "wovor wir schon vor einem dreiviertel Jahr gewarnt haben: Zehntausende Studienplätze werden in den nächsten drei Jahren wegfallen – ohne, dass die Regierung einen Plan hat, welche Ausbildungsplätze man diesen jungen Menschen stattdessen anbieten kann." Kuntzl spricht dabei von insgesamt 20.000 gestrichenen Studienplätzen. Aus budgetärer Sicht sei diese Kürzung jedoch nicht nötig gewesen, da die SPÖ noch 2017 eine Erhöhung des Uni-Budgets erreicht hatte. "Damit hätte man auch ohne Studienplatzbeschränkung die Betreuungssituation verbessen können", so Kuntzl.
Die ÖVP-nahe AktionsGemeinschaft begrüßt hingegen den Schritt der Bundesregierung. "Ein geregeltes Zugangsmanagement ist gerade in diesen Studienrichtungen schon lange überfällig. Seit Jahren müssen die Studierenden mit überfüllten Hörsälen kämpfen oder bekommen keinen Platz in ihren Wunschvorlesungen. Das sind mitunter die größten Bremsen im Studium. Wir sehen diesen Schritt der Regierung daher positiv", so der Bundesobmann Dominik Ramusch.
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