UNHCR: Seit Flüchtlingskrise 2015 kein Fortschritt in EU-Politik

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Man sei "nahezu am selben Punkt wie damals", als sich 2015 mehr als eine Million Menschen auf den Weg Richtung Europa machte.

Nur mit einigen wenigen Ausnahmen sind in den vergangenen fünf Jahren nach Ansicht des UNHCR-Büros in Wien keine Fortschritte in der europäischen Migrationspolitik erzielt worden. Auf Ebene der EU sei seither "sehr wenig bis gar nichts" passiert, kritisiert der Leiter des Büros, Christoph Pinter, gegenüber der APA.

Einige Erfolge habe es zwar gegeben, etwa die Relocation (Umsiedelung) von Geflüchteten, an der mittlerweile aber auch nur mehr eine Handvoll Länder auf freiwilliger Basis teilnimmt. Der "große Wurf" sei definitiv nicht gelungen, so Pinter. Man sei "nahezu am selben Punkt wie damals", als sich im Herbst 2015 mehr als eine Million Menschen auf den Weg Richtung Europa machten und dem Asylsystem einiger Staaten kurzzeitig der Zusammenbruch drohte.

"Nach wie vor gibt es kein Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS), wenig Solidarität, keine Notfallpläne", zeigt sich Pinter enttäuscht. An den neuen EU-Pakt für Migration und Asyl, den die EU-Kommission im September präsentieren will, knüpft das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) in Wien den Wunsch, dass die Union es damit schafft, sich auf ein "gemeinsames, auf Solidarität basierendes und menschenrechtskonformes Asylsystem" zu einigen.

Aktuell ortet Pinter bei den Mitgliedsstaaten fehlenden Willen, sich gemeinsam mit dem Thema "in vernünftiger Art und Weise" auseinanderzusetzen. Nationalstaatliche Interessen stünden den gemeinschaftlichen im Wege, es fehle an der gemeinsamen Vision. Zudem würde das Thema Flüchtlinge nach wie vor "fast durchgehend als Belastung empfunden", anstatt die Fähigkeiten, Talente und das Potenzial in den vielen Zugewanderten zu sehen und zu nutzen.

Auf die Frage, ob und was Österreich aus der Krise gelernt habe, hob Pinter das gestiegene Bewusstsein für die Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit positiv hervor. Österreich zeige sich erfreulicherweise hier "etwas initiativer". Und auch in Sachen humanitäre Hilfe sieht der Leiter von UNHCR Österreich ein größeres Bewusstsein und spricht von einer "leichten Trendwende".

"Was uns als UNHCR aber etwas bedenklich stimmt, ist, dass der Fokus primär auf Grenzschutz und Rückführungen gelegt wird", sagt Pinter. Zumindest gleichviel Fokus sollte auf den Aufbau funktionierender Asylsysteme, etwa in den Westbalkanstaaten, gerichtet werden. Außerdem seien viele gute und wichtige Integrationsmaßnahmen schon bald nach ihrer Einführung wieder zurückgenommen worden, "obwohl hier Bedarf besteht", so der Experte. Er äußerte den Wunsch an die Bundesregierung, das Thema Integration noch ernster zu nehmen und längerfristig zu denken. Die Unterstützung im Bereich Integration lohne sich für die gesamte Gesellschaft.

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