U-Ausschuss: FPÖ möchte Alexander Van der Bellen laden
Heute steht die „Schredder-Affäre“ wieder im Fokus beim Ibiza-U-Ausschuss. Zur Erinnerung: Kurz vor der Amtsübergabe an die Regierung von Kanzlerin Brigitte Bierlein hatte ein Mitarbeiter von Bundeskanzler Sebastian Kurz, Arno M., nach Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ fünf Festplatten des Bundeskanzleramts unter falschem Namen und ohne zu bezahlen vernichten lassen. M. wird heute auch noch befragt.
Keine Wahrnehmung
Die erste Auskunftsperson ist heute, Mittwoch, Bernhard Bonelli. Er ist seit Anfang 2020 der Kabinettschef von Sebastian Kurz, war in den Jahren davor aber stets ein Vertrauter des Kanzlers. Bonelli gab an, vom „Schreddern“ erst im Urlaub, also Juli, erfahren zu haben - vernichtet wurden die Festplatten im Mai 2019 – in den Prozess sei er nicht involviert gewesen. Er wisse nicht, um welches Material oder um welche Festplatten es sich dabei gehandelt habe. Viel mehr Input konnte Bonelli in der ersten Fragerunde nicht geben. Ähnlich wie beim Auftritt von Finanzminister Gernot Blümel, hat Bonelli keine "Wahrnehmungen" zum Schreddern-Gate.
Aufregung um Ibiza-Video
Die am Mittwoch in mehreren Zeitungen erschienenen Interviews des Ibiza-Detektivs Julian H., der die Video-Falle gegen den ehemaligen Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache organisiert hatte, hat am Mittwoch für Aufregung im U-Ausschuss gesorgt. SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer sah darin eine "Bombe", die zu Konsequenzen führen werde. "Skandalöse Enthüllungen" ortete auch FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker.
Für Krainer erschließe sich nun das Handeln der ÖVP, die seit Wochen und Monaten versuche, der SPÖ die Schuld in die Schuhe zu schieben, das Video in Auftrag gegeben zu haben. Dazu passe, dass Julian H. nun erkläre, dass ihm zwei Mio. Euro angeboten worden seien, wenn er fälschlicherweise behaupte, dass der Industrielle Hans Peter Haselsteiner oder die SPÖ etwas damit zu tun habe.
Auch für NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper liegt der Konnex auf der Hand: "Genau das ist das Narrativ, an dem die ÖVP festhält." Auch am gestrigen Befragungstag mit dem ehemaligen SPÖ-Kampagnenchef Johannes Vetter und dem SPÖ-nahen Werber Nikolaus Pelinka habe die ÖVP versucht, dieses zu befördern. "Langsam" passe alles zusammen, so Krisper.
Als "skandalöse Enthüllungen" bezeichnete auch Hafenecker die Interviews, wenn auch aus anderen Beweggründen. Für den Freiheitlichen ergibt sich dadurch ein Bild, dass es sich um einen "Staatsstreich" gehandelt habe. "Das sind Dinge, die wir nicht auf uns sitzen lassen können", so Hafenecker, der sich vor allem daran stößt, dass Julian H. zu Protokoll gab, dass er die Bundespräsidentschaftskanzlei vorab in Kenntnis gesetzt habe. Das bedeute, dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen und sein enger Mitarbeiter Lothar Lockl informiert gewesen sind und sich "de facto offensichtlich mit einem Kriminellen zusammengetan" hätten. Und was habe Van der Bellen gemacht, er habe sich "eingebunkert", so Hafenecker: "Mehr ist nicht passiert."
Hafenecker will nun Van der Bellen und Lockl in den U-Ausschuss laden, um zu klären, was da vorgegangen sei. Denn Van der Bellen sei kein unparteiischer Präsident und mache Parteipolitik, kritisierte Hafenecker. Zudem hielten sich "hartnäckig" Gerüchte, dass es nach Information durch den Ibiza-Detektiv einen "terminlichen Ablauf" mit mehren Besprechungen in der Präsidentschaftskanzlei gegeben habe. Das könne man zwar nicht belegen, so Hafenecker, das wolle man aber Lockl und - wenn nötig - Van der Bellen fragen. Eine "weitere Tangente" sah Hafenecker darin, dass Julian H. behaupte, dass der Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus offenbar aus Kreisen der ÖVP vor einer Video-Falle gewarnt worden sei. "Woher hat die ÖVP das gewusst, was hat es mit der Warnung auf sich", will Hafenecker wissen.
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