Türkis-Blau will bei AMS selbst Hunderte Millionen einsparen
Die neuesten Juli-Arbeitsmarktdaten geben wie schon in den Vormonaten Anlass zur Freude, das ABER ist jedoch nicht zu überhören.
Im Arbeitsmarktservice droht eine massive Budgetkürzung für 2019. Weil es noch immer keinen politischen Beschluss seitens des Sozial- und Finanzministeriums gibt, ob das staatliche AMS Rücklagen auflösen darf, wurden bereits alle AMS-Landesorganisationen vom Vorstand in Wien angewiesen, mit neuen Kursen und Förderungen „äußerst sparsam“ umzugehen.
Zwei Szenarien
Konkret sieht es folgendermaßen aus: Heuer stehen dem AMS in Summe rund 1,4 Milliarden Euro für aktive Arbeitsmarktmaßnahmen zur Verfügung.
Im kommenden Jahr droht im schlimmsten Fall eine Mittelkürzung auf rund eine Milliarde. Sollte – im günstigsten Fall – die sogenannte Arbeitsmarkt-Rücklage wie in den Vorjahren verwendet werden dürfen, sollte das Budget nach derzeitigem Stand 1,25 Milliarden ausmachen.
Das wäre zwar immer noch ein Minus zu heuer von rund 150 Millionen Euro, aber angesichts der weiterhin guten Konjunktur und sinkenden Arbeitslosigkeit wohl verkraftbar, sagt dazu AMS-Chef Johannes Kopf.
Als „vorsichtiger Kaufmann“ müsse er aber bei den Ausschreibungen für 2019 bremsen, sagt Kopf zum KURIER. Er hofft, dass spätestens im September Klarheit über das Budget für 2019 herrscht. Denn, so Kopf: „Je später die Entscheidung fällt, desto kräftiger müssen wir bremsen.“
Hintergrund ist: Normalerweise steht das neue AMS-Budget in Grundzügen Ende Juni fest. Dies deshalb, um zeitgerecht für das Folgejahr mit Hunderten Einrichtungen, Trainern, sozialökonomischen Betrieben, überbetrieblichen Lehrwerkstätten und allen anderen AMS-Partnern in ganz Österreich neue Verträge abschließen zu können.
Die Arbeiterkammer schlägt deshalb Alarm. AK-Experte Gernot Mitter sagt zum KURIER: „Diese Kürzungen sehe ich sehr, sehr kritisch. Alles was intensive Qualifikationen bedeutet, von den überbetrieblichen Ausbildungen bis zu den Facharbeiter-Intensivkursen, ist jetzt in Gefahr. Tritt der schlimmste Fall ein, wackeln auch beim AMS selbst 1000 Jobs.“
Das bestreitet AMS-Chef Kopf und spricht von einer „Erfindung“, die 1000 Jobs seien stark übertrieben. Aber: Mehr als der schon vereinbarte Abbau von 200 AMS-Planstellen könnten es schon werden, ist AMS-intern zu hören.
Neue Juli-Daten
30.000 Arbeitslose weniger, aber Chancen ungleich verteilt
Der Beschäftigungsboom sorgte auch im Juli für einen kräftigen Rückgang der Arbeitslosigkeit. Zum Monatsende waren beim AMS 340.593 Arbeitslose vorgemerkt, um acht Prozent oder knapp 30.000 Personen weniger als vor einem Jahr. Auffällig sind die besonders starken regionalen Unterschiede.
So gab es im Tourismusland Tirol ein Minus von 17 Prozent, während es in Wien nur 2,7 Prozent (inkl. Schulungen 5 Prozent) waren. Die Arbeitslosenquote in Tirol liegt bei 3,3 Prozent, in Wien bei 11,8 Prozent. Damit sind vier von zehn Arbeitslosen in Wien zu Hause. Besonders ausgeprägt ist der regionale „Missmatch“ bei Lehrlingen.
Höchst unterschiedliche Arbeitsmarktchancen zeigen sich auch in Hinblick auf Alter und Qualifikation. Junge, männliche Inländer zählen zu den Gewinnern der steigenden Beschäftigung. Die Männerarbeitslosigkeit sank mit 9,9 Prozent deutlich stärker als die Frauenarbeitslosigkeit von 6 Prozent. Die Arbeitslosigkeit bei ausländischen Staatsbürgern inklusive anerkannter Flüchtlinge – sie macht etwa ein Drittel der Gesamtzahlen aus – verbesserte sich nur langsam.
AMS-Chef Kopf ist über die Zahlen hocherfreut. Er rechnet heuer mit einem Rückgang der Arbeitslosigkeit um 30.000 und 2019 um weitere 5000 bis 15.000 Jobsuchende: „Jetzt profitieren alle vom Aufschwung. Das ist wunderbar.“
Das AMS will im Herbst die überregionale Vermittlung – vor allem aus Wien hinaus – forcieren. Im Vorjahr waren mehr als ein Drittel aller Vermittlungen „überregional“, also zumindest über den Wohnbezirk hinaus. 16 Prozent der Arbeitslosen nahmen auch Angebote über den angrenzenden Nachbarbezirk hinaus an. Am geringsten war die Mobilität der Wiener.
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