Türkis-Blau: Neustart oder Gipfel-Show?

Türkis-Blau: Neustart oder Gipfel-Show?
Regierung spaltet erst Sozialpartner bei AUVA und umarmt sie jetzt mit Gipfel zur Kassenfusion. ÖGB-Spitzen glauben, Kurz will „heißen Herbst verhindern“.

Die Liebe der Bundesregierung zu den Sozialpartnern ist enden wollend. Türkis-Blau drängt Rot-Schwarz hinaus, wo es nur geht.

In der Nationalbank ist es nicht viel anders.

Der türkise Top-Sozialpartner Harald Mahrer, immerhin schon Wirtschaftsbund- und Wirtschaftskammer-Präsident, wird nun quasi im Nebenerwerb Präsident der Nationalbank.

Gleichzeitig wurden mit Werner Muhm (AK), Anna Maria Hochhauser (WKÖ), Dwora Stein (ÖGB) und August Astl (LK) heuer alle Sozialpartner aus dem Generalrat der Notenbank entfernt und durch parteinahe Personen ersetzt.

Ein Intimkenner des Umbaus erklärt Mahrers Bestellung so: „ Sebastian Kurz will in den wichtigsten Institutionen der Republik seine Vertrauten sitzen haben. Das ist die oberste Maxime. Dass Mahrer Sozialpartner ist, dürfte da Zufall zu sein. Das hat nichts mit neuer Liebe zu den Sozialpartnern zu tun.“

Das wurde am Dienstag auch beim AUVA-Sparpaket sichtbar. Arbeitgeber und Arbeitnehmer hatten die ursprünglichen Regierungspläne (500 Millionen Einsparung, notfalls Zerschlagung) so lange kleinverhandelt, dass am Ende die Auslagerung der Spitäler in eine Betreibergesellschaft zu scheitern drohte.

Ein No-Go für Türkis-Blau. Die Regierung verhinderte das und spaltete mit einigen letzten Zugeständnissen sogar das Gewerkschaftslager. Ein Doppelerfolg für Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache.

Was war geschehen?

In einer turbulenten Sitzung stimmten die ÖVP-Gewerkschafter mit den Arbeitgebern für das AUVA-Sparpaket. Die Roten streuten das böse Wort vom „Verrat“.

Doch am Tag danach stehen die Fraktionen im ÖGB wieder halbwegs geeint zusammen. Führende rote Funktionäre haben erkannt, dass das AUVA-Sparpaket ohnehin „zu 90 Prozent abgeblasen wurde.“ Beispielsweise wurde der Abbau von 300 Stellen bis 2029 gestreckt. Außerdem lädt die Regierung für heute zu einem Sozialpartner-Gipfel. Es gelte gemeinsam die Fusion der Krankenkassen anzugehen. „Sehr klug“, tönt es aus der Arbeitnehmer-Ecke.

Perfektes Timing

Dieser Gipfel war schon länger geplant, nun kommt das Timing für Türkis-Blau jedoch perfekt: Am Dienstag die Sozialpartner spalten, am Donnerstag wieder umarmen. Eine bewusste Doppelstrategie von Türkis-Blau?

„Für mich ist das ein Wiedergutmachungsversuch, ein Versuch, die Gewerkschaft ruhig zu halten“, sagt SPÖ-Sozialsprecher und Bau-Holz-Gewerkschafter Josef Muchitsch. Zuerst habe die Regierung „die Stopptaste gedrückt“, um einen Konsens der Sozialpartner bei der AUVA zu verhindern. Nun wolle man „einen heißen Herbst verhindern“.

Eine Schwächung des ÖGB sieht Muchitsch nach dem AUVA-Streit jedenfalls nicht: „Es polarisiert sich wieder viel stärker in Richtung roter Belegschaftsvertreter.“

Vom Spalten und Umarmen der Regierung will Erwin Zangerl, der streitbare schwarze AK-Präsident aus Tirol, nichts wissen. Die Gesprächs-Einladung von Kurz, Strache und Sozialministerin Beate Hartinger-Klein an die Sozialpartner-Präsidenten Harald Mahrer (WKÖ, Wolfgang Katzian (ÖGB), Renate Anderl (AK) und Josef Moosbrugger (LK), sei ein Zeichen dafür, dass „endlich Vernunft einkehrt.“

Leider, so Zangerl, hätten die SPÖ-Gewerkschafter bei der AUVA nicht mitgestimmt, obwohl man die Unfallversicherung und ihre Mitarbeiter erfolgreich absichern konnte. Zangerl: „Da tun sich die Roten in der Oppositionsrolle schwer. Das ist aber kein Weltuntergang. Seitens der Regierung wäre es jetzt Zeit für einen Neustart-Versuch. Bisher wurden die Sozialpartner und die Selbstverwaltung nur schlecht geredet.“

Auf dieses Miteinander hofft auch Alexander Biach, schwarzer Chef im Hauptverband der Sozialversicherungsträger. „Ohne Dialog auf Augenhöhe“ könne die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger nicht gelingen. Das sieht Bernhard Achitz, Leitender Sekretär im ÖGB, ähnlich. Mit dem Gipfel versuche die Regierung wohl die Front zur Gewerkschaft zu beruhigen. Achitz: „Bisher gab es Null Dialog. Gespräche sind immer positiv. Wie ernst sie gemeint sind, wird man hinterher sehen.“

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