Türkis-Blau für Meinl-Reisinger "krachend gescheitert"
Die Mitglieder der Neos haben Beate Meinl-Reisinger am Samstag als Spitzenkandidatin für die Nationalratswahl am 29. September bestätigt. Bei der Mitgliederversammlung stimmten 96,1 Prozent für die Parteichefin. Am Freitag hatte sich der Vorstand einstimmig für sie ausgesprochen und auch die offene Online-Vorwahl hatte Meinl-Reisinger zuvor klar für sich entschieden.
Auf Meinl-Reisinger entfielen 96,1 Prozent der 691 abgegebenen Stimmen. Nach Angaben der Neos sind 377 Parteimitglieder persönlich in die Wiener Sophiensäle gekommen, der Rest hat via Stimmrechtsübertragung teilgenommen. Parteigründer Matthias Strolz hatte 2017 mehr als 98 Prozent der Mitgliederstimmen erreicht.
Beate Meinl-Reisinger wird Listenerste
Abrechnung mit Türkis-Blau
In ihrer knapp halbstündigen Rede nach der Wahl zur Spitzenkandidatin hat Meinl-Reisinger die Partei auf den Wahlkampf eingestimmt. Abgerechnet hat sie dabei vor allem mit der gescheiterten türkis-blauen Regierung, aber auch mit der SPÖ, der sie mangelnden Willen zur Kontrolle attestierte. Die Neos seien angetreten, um "den inhaltlichen Führungsanspruch in diesem Land zu stellen".
Das "Ibiza-Video", an dem die türkis-blaue Koalition zerbrochen ist, wertete Meinl-Reisinger als "massiven Vertrauensbruch". "Wir sehen dort zwei Politiker, die ganz offen bereit sind zu Korruption. Zack, zack, zack", sagte Meinl-Reisinger: "Die Menschen sind denen scheißegal." Verantwortung für das "krachend gescheiterte" Regierungsexperiment mit der FPÖ sieht sie aber auch bei der ÖVP: "Wer sich mit Wölfen ins Bett legt, der darf sich nicht wundern, wenn er mit Flöhen aufwacht."
SPÖ "in freiheitlicher Manier"
"Macht gehört beschränkt", befand die Neos-Chefin und schoss sich daher auch auf die SPÖ ein, die nicht bereit gewesen sei, die Parteifinanzen der Rechnungshof-Kontrolle zu unterwerfen. "In bester freiheitlicher Manier" habe die SPÖ stattdessen den Rechnungshof attackiert und damit die Institutionen der Republik angegriffen, kritisierte Meinl-Reisinger.
Meinl-Reisinger tritt auch in Wien an
Auch die Bundes- und Landeslisten der Neos sind nun fixiert. Überraschungen gab es nicht - am zweiten Platz hinter Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger kandidiert der Hotelier Sepp Schellhorn. Fix ist die Liste nicht zwangsläufig, denn bis Ende Juli haben die Neos noch Zeit, einen Quereinsteiger mittels "Wild Card" an wählbarer Stelle zu platzieren.
Von den derzeit zehn Abgeordneten haben sich acht wieder um ein Mandat beworben, wobei die meisten entweder auf einen aussichtsreichen Platz auf der Bundesliste oder auf einer der Landeslisten gewählt wurden. Um sein Mandat zittern muss allerdings Michael Bernhard. Der Vertreter der Neos im Eurofighter-Untersuchungsausschuss landete nach der Mitgliederversammlung nur am 8. Platz der Bundesliste und am 5. der Wiener Landesliste. Bei der Präsentation der Kandidaten am Nachmittag fehlte er - aus terminlichen Gründen, wie es hieß.
Auf der Bundesliste folgen hinter Spitzenkandidatin Meinl-Reisinger und Schellhorn nun die Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmannsdorff, Gerald Loacker und Stephanie Krisper. Auf den Plätzen 6 und 7 folgen als mögliche Neuzugänge Henrike Banrstötter und Julia Seidl.
Bis zu welchem Listenplatz sich die Kandidaten Hoffnungen auf ein Mandat machen dürfen, hängt neben dem Wahlergebnis nicht zuletzt davon ab, wie viele Mandate die NEOS in den Ländern machen. In Wien kandidiert nun, anders als ursprünglich angekündigt, Spitzenkandidatin Meinl-Reisinger als Listenerste vor Krisper und Yannick Shetty.
Scherak muss über NÖ einziehen
Die über die Bundesliste nicht abgesicherten Abgeordneten Nikolaus Scherak und Karin Doppelbauer können als Listenerste auf Mandate in Nieder- und Oberösterreich hoffen. Spitzenkandidat in Vorarlberg ist Loacker, in Tirol Johannes Margreiter, in Salzburg Schellhorn und in der Steiermark Fiona Fiedler. In Kärnten führt Markus Unterdorfer-Morgenstern die pinke Liste an, im Burgenland Anna Bozecski.
Mit 2,45 Millionen Euro in den Wahlkampf
Das Wahlkampfbudget der Neos beträgt 2,45 Millionrn Euro Budget, wie die Mitgliederversammlung beschlossen hat. Zur Finanzierung ist auch eine halbe Million Euro aus Parteispenden vorgesehen, wobei man versucht, möglichst viel noch vor Inkrafttreten der neuen Spendendeckelung einzuheben, wie Finanzreferent Michael Bernhard sagte.
Die Spendengrenze wird kommende Woche schlagend, womit für den Rest des Jahres nur noch 375.000 Euro an Spenden eingehoben werden dürfen. Um noch Raum für Spenden für die Vorarlberger Landtagswahl zu lassen, war man daher laut Bernhard bemüht, für die Nationalratswahl möglichst viel noch vor dem Stichtag einzuwerben. Eine "Eröffnungsbilanz" für die neuen Spendenregeln wollen die Neos kommende Woche vorlegen.
Im Vergleich zu anderen Parteien fällt der Finanzbericht der Neos äußerst detailliert aus. So hat die Partei bei der Mitgliederversammlung auch ihren Schuldenstand offengelegt. Demnach rechnen die Neos zum Jahresende mit einer Gesamtverschuldung von 2,28 Mio. Euro, wovon aber nur 525.000 Euro auf Bankkredite entfallen. Der Rest stammt entweder von den Landesparteien (1,155 Mio. Euro) oder aus Privatdarlehen (600.000 Euro).
Insbesondere die großen Parteien ÖVP, SPÖ und FPÖ sind mit derartigen Angaben deutlich zurückhaltender. Die ÖVP hat zuletzt nicht einmal mehr ihr Wahlkampfbudget für die EU-Wahl offiziell bekanntgegeben.
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