Dabei war am Wochenende die Kritik der Grünen an den Ausführungen des Kanzlers lauter geworden. Vor allem Nehammers Ankündigung, die Höhe von Sozialleistungen an die Aufenthaltsdauer in Österreich zu knüpfen, stieß auf wenig Verständnis. Genauso sein Beharren am Verbrennungsmotor, den die EU-Kommission in Zukunft verbannen möchte (siehe Artikel links).
Im ORF-Mittagsjournal bezeichnete die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer die Klimaschutz-Passage in der Kanzler-Rede als „rückwärtsgewandte und fossile Perspektive“ der ÖVP. Maurer: „Auch wenn man die Augen ganz fest zudrückt, geht die Klimakrise nicht weg.“
Dass dadurch das Koalitionsklima getrübt sei, wurde allerdings nicht gesagt. Karl Nehammer verwies jedenfalls auf ein langes Telefonat mit Vizekanzler Werner Kogler, wobei die gemeinsamen und auch die trennenden Themen abgesteckt worden wären. Zu den Gemeinsamkeiten aus der Rede würden etwa die Zweckwidmung der Wohnbauförderung, die kostenlose Meisterprüfung für Lehrlinge, der Ausbau der Kinderbetreuung, Maßnahmen in der Bildung, eine österreichweit einheitliche Nostrifizierung von Pflegekräften und ein Stärken der Medienkompetenz von Schülern zählen.
Keinen Widerspruch habe es außerdem gegeben, wenn es um eine neue Sicherheitsdoktrin für Österreich, um einen Energie-Versorgungsauftrag oder um Maßnahmen gegen den Ärztemangel am Land gehe.
Den Rest hätten die Grünen so eingeschätzt, wie es auch gemeint gewesen wäre: Als die politischen Pflöcke des Bundesparteichefs der Volkspartei. Das wäre dem grünen Vizekanzler bereits vor dem Auftritt am vergangenen Freitag klar gewesen. Nehammer: „Wir sind ja keine Einheitspartei.“ Die Grünen seien links-alternativ, die ÖVP habe einen bürgerlich-rechten Kurs. „Wir machen nicht den Fehler, uns so anzunähern, dass man uns ideologisch nicht mehr unterscheiden kann“, sagte der Bundeskanzler.
Einig sei er sich mit Werner Kogler, dass die türkis-grüne Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode arbeiten werde. Wobei er noch feststellte, dass grundsätzlich ÖVP und Grüne beim Klimaschutz die gleichen Ziele hätten. Nehammer: „Inhaltlich unterscheiden wir uns beim Schutz des Klimas überhaupt nicht. Nicht einig sind wir, wie wir das Ziel erreichen.“
Den Einwand, dass manche Ansagen des Kanzlers wie zum Beispiel jene zur Asylpolitik oder zum Fortbestand des Verbrennungsmotors im Hinblick auf künftige Koalitionen eher in Richtung der FPÖ deuten, beantwortete Karl Nehammer so: „Überschneidungen hat es nicht nur mit der FPÖ gegeben, sondern auch mit der SPÖ.“
Von Beate Meinl-Reisinger wurde die Rede von Karl Nehammer als „Preisung des Mittelmaßes“ bezeichnete. Aus der Sicht der Neos-Parteichefin habe Nehammer eine Kampfansage an den Koalitionspartner und die Eröffnung des Nationalratswahlkampf abgeliefert. Den Grünen attestierte sie aber gleichzeitig einen „linken Klimaschutz“, der nicht der richtige Weg sei.
Die ÖVP konterte, dass Nehammer Weichen für „ein erfolgreiches und lebenswertes Österreich im Jahr 2030“ gestellt habe, die Neos aber plan- und orientierungslos agieren würden.
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