Stimmt so? Was die Lösung beim Trinkgeld jetzt für die Wirte bedeutet

Es war eines der emotionaleren Themen der vergangenen Wochen: die Trinkgeld-Debatte. Die wichtigste Nachricht zuerst: Die Bundesregierung hat am Donnerstag eine Lösung präsentiert – wobei noch nicht alle Punkte geklärt sind. Aber dazu später mehr.
Um die Debatte zu verstehen, muss man zuerst wissen, worum es prinzipiell eigentlich geht. Vielleicht erinnern Sie sich an die zuletzt wiederholten Appelle und Kampagnen aus Wirtschaft und Politik, das Trinkgeld müsse steuer- und abgabenfrei bleiben.
Eine zähe Debatte
Nun, steuerfrei war freiwillig gegebenes Trinkgeld schon – und keine relevante Stimme hat das Gegenteil gefordert. Abgabenfrei ist Trinkgeld wiederum nicht. Schon bisher mussten die Arbeitgeber dafür Sozialversicherungsbeiträge entrichten. Das geschieht in Form einer Pauschale – die in den Bundesländern unterschiedlich hoch ist. Dieser „Fleckerlteppich“ ist das eine Problem.
Das andere: Dadurch, dass immer mehr Kunden auch im Wirtshaus mit der Karte statt bar bezahlen, wurde die Höhe des eingenommenen Trinkgeldes für die Krankenkasse nachvollziehbarer. In mehreren Fällen mussten Wirte deshalb hohe Nachzahlungen entrichten – was wiederum für Entrüstung in der Gastronomie sorgte und das Trinkgeld plötzlich zum Politikum machte. Mit unterschiedlichen Positionen: Die Staatssekretäre Sepp Schellhorn (Neos) und Elisabeth Zehetner (ÖVP), hätten Trinkgeld am liebsten abgabenfrei gestaltet.
SPÖ, Gewerkschaften und Krankenkassen stiegen wiederum auf die Bremse, denn bei einer Abschaffung wären Pensions-, Kranken- und Arbeitslosengeldbeiträge gesunken.
Neos lehnten ersten Vorschlag ab
Ein erster Vorschlag der Sozialpartner sah vor, eine bundeseinheitliche Pauschale von 95 Euro pro Monat einzuführen. Da die Pauschale damit in einigen Fällen sogar deutlich gestiegen wäre, stimmten die Neos nicht zu. Und die finale Lösung? „Wir konnten in den Verhandlungen die Pauschale um ein Drittel senken“, freut sich Schellhorn in einem Instagram-Video.
Dieses liegt 2026 österreichweit bei 65 Euro pro Monat für Zahlkellner und bei 45 Euro für Mitarbeiter ohne Inkasso – zum Beispiel Servierkräfte. Dabei bleibt es allerdings nicht. Bei Mitarbeitern mit Inkasso steigt die Summe 2027 auf 85 und 2028 auf 100 Euro. Bei jenen ohne Inkasso auf 50 Euro im Jahr 2028. Danach soll die Pauschale jährlich mit der Inflation steigen. Diese Beträge gelten künftig auch als bindende Obergrenze – egal wie hoch das Trinkgeld ausfällt.
Weiterer Punkt: Wer eine Rückforderung von der Sozialversicherung erhalten hat, der muss laut Regierung keine Beträge nachbezahlen. Es gelte eine „Generalamnestie“.
„Ein zentraler Punkt war die Beseitigung unvorhersehbarer Nachzahlungen durch rückwirkende Prüfungen der SV-Träger. Dieses Damoklesschwert fällt nun weg“, sagt Zehetner. Offen ist, was in jenen Fällen passiert, in denen Gastronomen die Rückforderungen bereits beglichen haben. Türkis-Rot-Pink arbeitet dem Vernahmen nach an Lösungen, wie das Geld zurücküberwiesen werden könnte.
Die Reaktionen auf die Neuregelung fallen weitestgehend positiv aus. Wirtschaftskammer und Gewerkschaften begrüßen, dass nun Klarheit und Rechtssicherheit herrschten. Die WKÖ-Fachverbände erquickt insbesondere die Amnestie.
FPÖ: „Staat kaputt“
Mit der Lösung unzufrieden zeigt sich die Opposition. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker moniert, dass sich die Gehälter in der Gastronomie ohnehin schon am unteren Ende des Spektrums bewegten: „Wie kaputt muss ein Staat sein, wenn ich jetzt schon den Menschen nachlaufe, die da und dort ein bisschen Trinkgeld bekommen?“
Markus Koza, Sozialsprecher der Grünen, geht wiederum davon aus, dass nun die Staatseinnahmen aus den Abgaben sinken könnten. Die Neos hätten aus „ideologischen Gründen“ den ersten Vorschlag der Sozialpartnerschaft torpediert.
Der Vollständigkeit halber: Auch am Donnerstag verkündeten Koalitionsvertreter, dass das Trinkgeld „steuerfrei“ bleibe. Ungeklärt bleibt, wer nun Steuern auf Trinkgeld gefordert hat.
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