Wie die türkis-rot-pinke Koalition jetzt ihre Posten besetzt

Meinl Reisinger, Stocker und Babler haben vereinbart, wer wen vorschlagen darf. Bestellt wird dann von Bundespräsident Van der Bellen. 
Die Neos dürfen im Frühjahr erstmals einen Höchstrichter vorschlagen. Möglich, dass es davor ein Hearing gibt.

Türkis-Rot-Pink hat in seinem Arbeitsprogramm transparent festgehalten, was frühere Koalitionen (vergeblich) geheim zu halten versuchten: dass sich die Regierenden ausmachen, wer welche Posten in der Republik besetzen darf.

Auf vier Seiten sind die Vorschlagsrechte der Bundesregierung – vom Verfassungsgerichtshof bis zum ORF – genau beschrieben. Betont wird freilich, dass die gesetzlichen Vorgaben gelten und „stets bestqualifizierte Personen“ ausgewählt werden.

Der Pakt wird recht bald schlagend: Am Verwaltungsgerichtshof (VwGH) ist Vizepräsidentin Anna Sporrer nachzubesetzen, da sie Justizministerin der SPÖ geworden ist. Am Verfassungsgerichtshof (VfGH) sind zwei Stellen vakant: Höchstrichter Helmut Hörtenhuber ist seit Ende 2024 in Pension, Höchstrichterin Claudia Kahr geht mit Ende April.

Wie die türkis-rot-pinke Koalition jetzt ihre Posten besetzt

Sporrers Nachfolge beim VwGH darf SPÖ-Vizekanzler Andreas Babler vorschlagen. Die Stelle soll „zeitnah“ ausgeschrieben werden, heißt es.

Auch die Nachfolge Hörtenhubers beim VfGH liegt in Bablers Hand. Die Bewerbungsfrist läuft am 14. März aus, einige Namen sind schon im Umlauf. Genannt werden etwa die Uni-Professorinnen Magdalena Pöschl und Anna Gamper. Beide sind – wie Hörtenhuber – spezialisiert auf Öffentliches Recht bzw. Verwaltungsrecht.

Richard Soyer, der vergangene Woche noch als Justizminister als gesetzt galt, dürfte sich keine Hoffnungen auf einen „Trostpreis“ machen. Er wird im November 70 Jahre alt – und in dem Alter scheidet man beim VfGH automatisch aus.

Bedürfnisse des VfGH

Spannend wird die Nachbesetzung Kahrs, weil erstmals die Neos die Gelegenheit haben, jemanden aus ihren Reihen in den VfGH zu entsenden.

In Wien halten die Pinken vor wichtigen Postenbesetzungen Hearings ab, um sich persönlich ein Bild von den Kandidaten zu machen. Naheliegend ist dem Vernehmen nach, dass sie das auch im Bund tun – wobei noch zu diskutieren sei, ob öffentlich oder nicht. 

In welchem Fachgebiet man sucht, werde mit den Bedürfnissen des VfGH abgestimmt, heißt es bei den Neos. Beispielsweise gebe es dort keinen Zivilrechtler.

Die nächste Nachbesetzung beim VfGH erfolgt planmäßig erst wieder Anfang 2030. Theoretisch wäre die ÖVP an der Reihe, allerdings ist da schon die Legislaturperiode aus. ÖVP-Kanzler Christian Stocker darf sich aber im Spätsommer einen neuen VwGH-Präsidenten aussuchen – Rudolf Thienel geht im August in Pension.

Türkis-grüne Zankerei

Die Offenheit von Türkis-Rot-Pink mag befremdlich wirken, tatsächlich ist das ein pragmatischer und wohl auch ehrlicherer Ansatz – angesichts der Zankerei, die sich bei Türkis-Grün zum Leidwesen der jeweiligen Institution abgespielt hat. 

Als 2021 ein geheimer Sideletter auftauchte, wurde dieser für nichtig erklärt. Mehr als ein Jahr dauerte es dann, bis sich ÖVP und Grüne auf einen Präsidenten fürs Bundesverwaltungsgericht (BVwG) und eine Chefin für die Bundeswettbewerbsbehörde einigen konnten.

Das Prozedere der Dreierkoalition soll nun so aussehen: Der Posten wird zur Bewerbung ausgeschrieben, dann legt der ÖVP-Kanzler, der SPÖ-Vizekanzler bzw. das „ranghöchste Regierungsmitglied“ der Neos im Ministerrat einen Vorschlag vor. Die anderen stimmen zu, sofern es keine gravierenden Einwände gibt. Die Bestellung erfolgt dann durch den Bundespräsidenten. 

Nicht vorgesehen ist ein Dirimierungsrecht – sprich: eine Notfallklausel, sollte man sich doch nicht einig werden.

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