Telekom: Ermittlungen gegen Martin Schlaff

Telekom: Ermittlungen gegen Martin Schlaff
Der Milliardär soll als letzer Zeuge im U-Ausschuss Licht ins Dunkel der Telekom-Ostgeschäfte bringen. Auch gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Diskreter geht es kaum: Gibt man im Firmenregister den Namen Martin Schlaff ein, bekommt man ein erstaunliches Ergebnis. Der 59-jährige Milliardär, dem Forbes als achtreichsten Österreicher ein Vermögen von 2,3 Milliarden Euro zuschreibt, taucht nur noch in der Rubrik "ehemalige Funktionen" auf. Als Ex-Vorstand der "Robert Placzek Aktiengesellschaft", aus deren Chefetage sich Schlaff 2007 zurückzog. Das von Schlaffs Vater mit Partnern gegründete Handelsunternehmen war früher auf den Handel mit Holz, Papier und Rohstoffen mit dem früheren Ostblock spezialisiert.

Vor der Ostöffnung wickelte Schlaff, der Ende der 1970er-Jahre gemeinsam mit seinem Bruder Jam ins Unternehmen eingetreten war, manch lukratives Technologie-Geschäft mit der DDR über die Robert Placzek AG ab. Was ihm den Vorwurf einbrachte, für die Stasi (Deckname "Landgraf") gearbeitet und illegale Technologieexporte durchgeführt zu haben. In den 1990er-Jahren wurde er nach zahlreichen Prozessen von diesen Vorwürfen freigesprochen. Heute ist Schlaffs "Stammhaus" vor allem im Immobiliengeschäft tätig. Das zum Teil aus den Ost-Geschäften stammende Vermögen ist in der MS-Privatstiftung geparkt. Schlaff selbst ist nicht der Stifter, sondern (wie andere Familienmitglieder) Begünstigter der Stiftung.

Telekom-Milliarden

Im vergangenen Jahrzehnt machte Schlaff – der über exzellente Polit-Kontakte in Österreich, Israel und Osteuropa verfügt – Geschäfte der anderen Art: Statt zu verkaufen kaufte er. Vorzugsweise ganze Telekom-Unternehmen, die er mit beträchtlichem Gewinn an die Telekom Austria (TA) weiterverkaufte. Ob der Konzern dabei übervorteilt wurde, will der Korruptions-U-Ausschuss klären. Am Donnerstag ist Schlaff als Zeuge geladen. Es darf bezweifelt werden, dass er viel Licht ins Dunkel bringt.

Der erste Deal wurde 2001 in Bulgarien abgewickelt. Schlaff erstand mit seinen Partnern Josef Taus, Herbert Cordt und der Bawag – die unter dem damaligen Chef Helmut Elsner den Deal finanzierte – den Mobilfunk-Marktführer MobilTel um rund 820 Millionen Euro. Im Herbst 2004 schlug dann die TA unter ihrem damaligen Chef Heinz Sundt zu: Die TA kaufte Schlaff, Cordt & Co die MobilTel um 1,6 Milliarden Euro ab. Wie eng die Achse Elsner/Schlaff war – zeigte sich im 2006: Schlaff zahlte nach der Verhaftung Elsners eine Million Euro Kaution.

Ebenfalls gut verdienen wollte Schlaff 2005 mit der serbischen MobTel: Er hatte die Mehrheit vom serbischen Milliardär Bogoljub Karic übernommen. Den Staatsanteil und später Schlaffs Anteil sollte wie bereits bei der MobilTel die Telekom Austria kaufen. Nach einem Streit mit der serbischen Regierung über die Mehrheitsverhältnisse entzog Serbien der MobilTel die Lizenz.

Schlaffs Anteil wurde trotz Intervention des damaligen Infrastrukturministers Hubert Gorbach (BZÖ) auf 30 Prozent reduziert. 2006 wurde der Mobilfunker an die norwegische Telenor verkauft, die TA ging leer aus. Nicht so Gorbach: Schlaff holte ihn in den Aufsichtsrat des Feuerfest-Weltmarktführers RHI, bei dem er sich Anfang 2007 mit gut 29 Prozent eingekauft hatte.

Untersuchungen

Der nächste Deal klappte wieder: Schlaff kaufte 2007 einen Anteil am weißrussischen Mobilfunker Velcom. Wenige Monate später wechselte die Velcom um 1,4 Milliarden Euro wieder den Besitzer. Neuer Eigentümer: die Telekom Austria. Weil Schlaff dabei nicht nur als Verkäufer, sondern auch als Berater der TA auftrat, untersucht derzeit die Staatsanwaltschaft seine Doppelrolle. Auch dubiose Provisionszahlungen rund um den Deal werden nun untersucht. Schlaff dürfte sich daher im U-Ausschuss der Aussage entschlagen.

Telekom: Ermittlungen gegen Martin Schlaff

Ein Wiener Weltenbürger und gefragter Mäzen

Ein bemerkenswerter Mann. Das ist Martin Schlaff auch im Privatleben. Der Sohn polnischer Juden, die den Holocaust überlebt hatten und 1945 in einem Vertriebenenlager in Österreich gestrandet sind, hat über Jahre antisemitische Gegenstände zusammengetragen. 1993 hat er 5000 Objekte aus fünf Jahrhunderten dem Jüdischen Museum der Stadt Wien vermacht. Der damalige Bürgermeister Helmut Zilk bedankte sich artig beim gebürtigen Wiener mit dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um das Land.

Als Wohltäter und Mäzen zeigt sich der Opernlieb­haber auch gegenüber der Staatsoper und den Salzburger Festspielen, ohne aber bei irgendwelchen Society-Events aufzutauchen. Der Hilfsorganisation "Children of Chernobyl", die krebskranken Kindern in der Ukraine Medikamente und ein würdiges Leben ermöglicht, steht er – neben US-Regisseur Steven Spielberg – ebenso finanzkräftig zur Seite. Über weitere Engagements, etwa für die chronisch unterfinanzierte Israelitische Kultusgemeinde in Wien, will sich sein Sprecher Michael Fink nicht äußern: "Mäzenatentum ist etwas, dass man tut und nicht medial verbreitet."

Teure Scheidung

Seit fast drei Jahren ist der 59-jährige Weltenbürger mit der Juristin Barbara Schlaff (36), Exfrau des Alu- und Stahl-Unternehmers Peter König, verheiratet. Es ist seine dritte Ehe, die Scheidung von seiner zweiten Frau Andrea soll ihm einen dreistelligen Millionenbetrag und seine Villa in Wien-Sievering gekostet haben. Im ehemaligen Fernmeldeschulgebäude mit Beachvolleyball- , Tennisplatz und Pool sollen auf über 1000 Wohnfläche nur edelste Materialien, die man aus Italien kommen ließ, verarbeitet worden sein. In der Wiener Innenstadt, wo Schlaff im Trattnerhof sein Büro hat, soll er in der Seilerstätte ein traumhaftes Penthouse bewohnen.

"Wir führen ein ziemlich einfaches Leben", sagte Schlaff im Juni im profil in einem seiner raren Interviews, "wir haben drei erwachsene Kinder. Sie sind überraschend bescheiden." Zwei seiner sechs Kinder sind noch schulpflichtig, der jüngste Spross aus jüngster Ehe ist gerade einmal zwei Jahre alt.

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