Strolz: "Bildungsreform ist gescheitert"

Strolz: "Wir schulden es den Steuerzahlern, die Gläubiger in die Pflicht zu nehmen."
Heute Sondersitzung. Die Zeit drängt, Regierung ringt nach wie vor mit Grünen um eine Einigung.

Nein, zur Stunde gibt es keine Einigung von SPÖ und ÖVP mit den Grünen über die Bildungsreform. In der vergangenen Woche sind täglich neue Kompromissvorschläge über die Schreibtische der Chefverhandler – SPÖ-Bildungsministerin Sonja Hammerschmid, ÖVP-Wissenschaftsminister Harald Mahrer und Grünen-Bildungssprecher Harald Walser – gewandert. Vergeblich.

Dem Vernehmen nach geht es zum Beispiel noch um die Frage, ob die Lehrer eines Schulstandorts bei einer Abstimmung alleine verhindern können, dass ihre Schule zu einer Gemeinsamen wird. Die Grünen wollen das nicht, die ÖVP schon. Die SPÖ will längst nur mehr, dass diese Reform irgendwie beschlossen wird.

Möglich, dass an diesem Montagvormittag doch noch eine Lösung gefunden wird. Nicht, weil die Geduld der Österreicher längst überspannt ist, sondern weil sie die parlamentarischen Regeln dazu zwingen: Heute findet auf Begehr der Neos eine Sondersitzung zur Bildungsreform statt. Da sollte der Kompromiss zur Reform endlich eingebracht werden, damit dieser spätestens in der letzten Sitzung vor dem Sommer in einer Woche, beschlossen werden kann.

Neos-Chef Matthias Strolz will bei der heutigen Sondersitzung Tacheles reden. In seinem Dringlichen Antrag "betreffend die gescheiterte Bildungsreform" analysieren die Neos zuerst eine "Chronologie des Scheiterns", die "Gründe des Versagens" und die "fehlenden Eckpunkte der Reform".

Minimalkonses

"Selbst wenn es noch zu einem Beschluss kommen sollte, bleibt von dem einst großen Reformvorhaben nicht mehr als ein mutloser und durch den Fleischwolf der verschiedensten Macht- und Parteiinteressen gedrehter Minimalkonsens", heißt in diesem Antrag.

Darin wird erinnert, dass im Juni 2014 – also vor drei Jahren – die damalige Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek den Startschuss für die Reform gegeben hat. Bald sei aber klar gewesen, dass "der machtpolitische Zugriff der Landeshauptleute auf die Schule umfassend werden sollte". Was folgte, sei eine ständige Verwässerung des Vorhabens, bis nur mehr wenig übrig blieb. Strolz erklärt die Gründe so: Bildungspolitik werde nach wie vor als "Partei- und Machtpolitik" begriffen. "Da geht es um einen seit sieben Jahrzehnten ausgelebten Machtreflex des rot-schwarzen Systems. Seit 1945 kämpfen SPÖ und ÖVP um jeden Zentimeter Machtzugriff in Österreich. Alles wird seit Jahrzehnten zwischen Rot und Schwarz ausgedealt und aufgeteilt. Deswegen gibt es einen roten und einen schwarzen Sanitätsdienst, zwei große Autofahrerclubs, rote und schwarze Sozialversicherungen, Fußballklubs, etc."

Aber in der Schule? Wo liegt da die Macht, wo der Machtzugriff? Strolz: "Zuerst einmal geht es um Posten, in den Behörden bis hin zu den Direktoren. Die Junglehrer werden zudem zu den Gewerkschaften gelockt, weil ihnen ein potenzieller Nutzen suggeriert wird, nämlich dass man bei der Zuteilung an die Schulen ihre Wünsche erfüllt. So werden seit jeher Lehrer-Karrierewege designt. Deshalb haben die schwarzen und roten Lehrergewerkschaften auch so hohe Mitgliederzahlen."

Das eigentliche Grundübel sei aber, dass die Gewerkschaften nicht Reformpartner seien, sondern Entscheider. Und die Gewerkschaften auch seit jeher ihren Parteileitungen deutlich machen, das System erst gar nicht zu verändern, denn wenn dieses System nicht mehr funktioniert, sind diese Vorfeldorganisationen tot, und damit auch ein Stück weit die Partei."

Strolz’ Fazit: "Für mich liegt das rot-schwarze Machtkartell in den letzten Zügen. Das eröffnet neue Chancen. Selbst wenn ein Minimalkonsens beschlossen wird, braucht es eine Bildungswende." Strolz würde diese Reform gerne als Bildungsminister in der nächsten Regierung angehen.

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