Streit um Jobvergabe wird zum Stellvertreterkrieg um SP-Kurs

Wohnbaustadtrat Michael Ludwig und Wiens Bürgermeister Michael Häupl
Vordergründig geht es um die Leitung der roten Bildungsakademie – dahinter stehen ein Richtungs- und ein Machtkampf.

Nicht nur zwischen Rot und Schwarz spitzt sich die Lage zu, auch in der SPÖ rumpelt es – zwischen Vertretern der Bundes- und der Wiener Partei sowie innerhalb dieser. Befeuert wird der Konflikt durch eine scheinbare Marginalie: Die Nachbesetzung des Direktorsposten im Renner-Institut, der SPÖ-Bildungsakademie.

Der Wiener Stadtrat Michael Ludwig, der sich nie zu SPÖ-Interna öffentlich geäußert hatte, empörte sich via KURIER wegen des Bestellungsprocederes. Obwohl sich die "Findungskommission", in der er, Institutspräsident Alfred Gusenbauer, Vize-Direktorin Barbara Rosenberg und SPÖ-Geschäftsführer Georg Niedermühlbichler sitzen, erst heute für einen der 16 Bewerber hätte entscheiden sollen, stehe schon fest, wer es wird: wie vom KURIER berichtet die Kabinettschefin von Kanzler und Parteichef Christian Kern, Maria Maltschnig. Aus Protest gegen diese "unverständliche Vorgangsweise" zieht sich Ludwig aus der Kommission zurück.

"Letztklassige Vorgangsweise"

In der Bundes-SPÖ ist man erzürnt ob Ludwigs Kritik und seines Verhaltens. Von "letztklassiger Vorgangsweise" des Stadtrats ist die Rede. Dieser habe am Montag die Liste aller Bewerber bekommen, sei also eingebunden gewesen. Aus SPÖ-Kreisen heißt es auch: Ludwig, der dem rechten Parteiflügel zugerechnet wird, habe sich in die "Findungskommission" hineinreklamiert, um Kerns ursprüngliche Favoritin, Ex-ÖH-Chefin Barbara Blaha, zu verhindern – weil sie ihm "zu links" sei. Dabei habe sich Blaha dann nicht einmal beworben. Also versuche er, die "zu linke" Maltschnig als Direktorin zu verhindern. Ein Insider berichtet, dass Ludwig und Doris Bures, den SPÖ-Bundesgeschäftsführer unter Werner Faymann,Gerhard Schmid, im Renner-Institut haben wollten.

So ein Trara wegen eines vergleichsweise nebensächlichen Jobs? Um den geht es nur vordergründig. Tatsächlich geht es um Wesentliches: Revanchefouls, einen Richtungsstreit und Machtkämpfe. Wie heikel die Situation ist, hat sich bei der KURIER-Recherche gezeigt. Niemand wollte sich offen zitieren lassen.

Ad Revanche: Ludwig & Co "kiefelten" noch immer an der Demontage des Wieners Faymann als SPÖ-Boss, heißt es. Auch Faymanns Intima Bures, Nationalratspräsidentin und SPÖ-Chefin in Wien-Liesing, hadere nach wie vor damit. Und Ludwig-Freund und Landtagsabgeordneter Christian Deutsch, der die Art von Maltschnigs Kür auch beklagt, ärgere nach wie vor, dass Wiens SPÖ-Chef Michael Häupl nicht nur den Weg für Kern freigemacht, sondern ihn als Parteisekretär abgesetzt hat.

Ad Richtungszwist: Auch der manifestiert sich an der Causa Maltschnig. Es geht um den flüchtlings- und sicherheitspolitischen Kurs – und das Verhältnis zur FPÖ. Der linke Flügel, repräsentiert von Stadträtin Sonja Wehsely, will bei der moderaten Linie bleiben; und verwahrt sich gegen eine Liaison mit den Blauen. Der rechte Flügel, zu dem Ludwig und Vertreter großer Bezirke wie Donaustadt-Vorsteher Ernst Nevrivy zählen, will da wie dort eine Korrektur. Intern wird bereits vom "Team Haltung" gegen das "Team Sicherheit" gesprochen.

Nachfolge-Gerangel

Verstärkt wird dieser Konflikt durch die Debatte darüber, wer Häupl nachfolgen soll. Sowohl Wehsely als auch Ludwig haben Ambitionen. Häupl lässt freilich offen, wann er abtritt. Ludwigs öffentlicher Auftritt in der Causa Renner-Institut wird in der Partei so gewertet: Er wolle Druck auf Häupl machen, zu sagen, wer ihn wann beerben soll.

Resümee eines hohen SPÖ-Funktionärs: "Das Schlimme an der Sache ist, dass weitreichende Auseinandersetzungen auf dem Rücken einer jungen Frau ausgetragen werden. Maria Maltschnig wird auch für Kritik an Christian Kern instrumentalisiert."

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