Strache zwischen Regierungspolitik und Stammtischparole

FP-Chef Heinz-Christian Strache und Ehefrau Philippa
Politischer Aschermittwoch: Zum zweiten Mal trat Strache als Vizekanzler auf. Ziele seines Spotts blieben ORF, SPÖ und EU.

Politischer Aschermittwoch der FPÖ. Das Rezept ist stets dasselbe, nur ein paar Zutaten ändern sich mit der Zeit: Eine bis auf den letzten Platz gefüllte Jahn-Turnhalle in Ried im Innkreis und ein FPÖ-Chef, der gleichsam eine Kalauer-Kanonade auf alle abfeuert, die den Freiheitlichen nicht zu Gesicht stehen oder diese kritisieren.

Der politische Aschermittwoch 2019

Früher waren die blauen Feindbilder die rot-schwarze Bundesregierung, die EU und die Medien. Doch mittlerweile sind die Freiheitlichen selbst in Regierungsverantwortung. Da ändern sich die politischen Perspektiven. Zumindest ein bisschen. Seit Heinz-Christian Strache Vizekanzler ist, sind seine Gegner die Opposition – vor allem SPÖ und Parteichefin Pamela Rendi-Wagner –, die EU und die Medien.

Vor allem das Verhältnis Straches zum Öffentlich-Rechtlichen ist eher angespannt: „Mancher ORF-Moderator schaut ja heute noch drein, als ob er auf eine saure Zitrone beißen würde, wenn er einen von uns interviewen muss.“ Auch Falter und Standard werden ausgiebig mit Kritik(„Kampfblätter“) bedacht.

Strache zwischen Regierungspolitik und Stammtischparole

EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky wetterte gegen Jean-Claude Juncker

Tradition seit 1992

Seit 1992 begeht die FPÖ den politischen Aschermittwoch in Ried. Begonnen hat das jährliche Schauspiel unter Jörg Haider. Seit 2006 hält Heinz-Christian Strache hier seine Reden vor Parteigängern und Schaulustigen.

Die Einstimmung übernimmt auch diesmal der oberösterreichische FPÖ-Obmann und Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner. Der versteigt sich in Verschwörungstheorien zum UN-Migrationspakt, um den Bogen zu IS-Heimkehrern zu spannen („Wir brauchen euch nicht, bleibt in Syrien.“) und ein Plädoyer für political incorrectness zu halten („kein Maulkorb für Österreicher“).

Schon vorab reitet Harald Vilimsky, blauer Spitzenkandidat bei der EU-Wahl, schwere Attacken gegen Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, dem er einmal mehr ein Alkoholproblem unterstellt. Lob gibt es indes für Ungarns Viktor Orban: „Einer der wenigen, die Europa schützen.“

Strache zwischen Regierungspolitik und Stammtischparole

Schleppender Start

Haimbuchner und Vilimsky schön und gut, gekommen sind die 2000 zahlenden Gäste aber wegen Strache. Seit 2018 spricht dieser jedoch nicht mehr als Oppositionsführer, sondern als Vizekanzler der Republik – eine Gratwanderung.

Einerseits gilt es, die Anhängerschaft zu überzeugen, dass „ihre FPÖ“ in Regierungsverantwortung noch immer die alte FPÖ ist. Andererseits gilt es, den Schein des Staatsmännischen zu wahren.

So beginnt er dann auch ganz sachlich mit Steuerreform, Sozialversicherungsreform und – hier brandet erstmals Applaus auf – dem Kopftuchverbot in Kindergarten und Volksschule. Etwas mehr Beifall gibt es beim Thema Abschiebungen, weniger beim Papamonat.

Strache tut sich an diesem Abend schwer, die Kurve vom Regierungspolitiker zum Aschermittwochsredner zu bekommen.

 

Strache zwischen Regierungspolitik und Stammtischparole

Erst die Kritik am EuGH ob des Karfreitag-Urteils ist wieder nach dem Geschmack des Publikums: „Womöglich wird uns als nächstes der Heringsschmaus verboten, weil sich die Karpfen diskriminiert fühlen.“ Die jetzige Feiertagslösung sei nötig gewesen, denn andernfalls hätten andere Religionen Ansprüche stellen können. „Aber einen muslimischen Feiertag wird es mit mir nie geben“. Jetzt ist das Eis gebrochen.

 

Strache zwischen Regierungspolitik und Stammtischparole

Das Thema Islam wird weitergesponnen – IS-Rückkehrer, Verschleierung, womöglich sogar ein Alkohol- und Schweinsbratenverbot – für diese Attacken erntet Strache kräftigen Applaus. 

Über das Thema Sicherungshaft für Asylwerber kommt Strache auf die SPÖ, deren zuletzt nicht vorhandene Geschlossenheit er weidlich auskostet. So sei SPÖ-Chefin Rendi-Wagner – vor ihrer politischen Tätigkeit als Medizinerin und Impfexpertin tätig – "leider vom falschen Fach für die SPÖ. Denn diese Partei braucht keine Schutzimpfung, sondern gehört dringend auf die Intensivstation.“

Auf der Zielgerade nimmt der FPÖ-Chef dann Europa ins Visier: "Der Merkel-Macron-Juncker-Kurs hat Europa Unglück gebracht." Vor allem Frankreichs Präsident muss an diesem Abend als Feindbild herhalten: „Der Herr Macron glaubt wahrscheinlich auch, dass man aus einer Fischsuppe wieder ein Aquarium machen kann.“ Ungarns Präsident Orban hingegen sei jederzeit willkommen.

Auch wenn es diesmal kein Selbstläufer ist, am Ende funktioniert das Aschermittwochs-Rezept auch an diesem Abend wieder, denn die Grundzutaten blieben dieselben.

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