Strache: "Papa-Monat hat mich entschleunigt"

Strache: "Papa-Monat hat mich entschleunigt"
Heinz-Christian Strache.Wie es zur Papa-Monat-Einigung kam und warum der Vizekanzler einen Thinktank braucht

KURIER: Herr Strache, der Papa-Monat ist zu einem Herzensthema von Ihnen geworden. Wie schaut Ihr Resümee nach diesem Monat aus?

Heinz-Christian Strache: Dieser Monat war eine extreme Entschleunigung für mich, wo ich eine enge Verbindung zu meinem Sohn aufbauen konnte. Da entstehen völlig neue Wertigkeiten. Das lebe ich nun weiter. Wenn man wieder in die Politik zurückkommt, dann registriert man erst, dass vieles unglaublich aufgeregt und übertrieben stattfindet. Da würde ich mir insgesamt mehr Gelassenheit wünschen.

Was beispielsweise?

Bestes Beispiel war die Ankündigung von Ministerin Hartinger-Klein, dass der Papa-Monat einen rechtlichen Anspruch bekommen soll. Das war ein Wunsch von der Ministerin und von mir, der gleich zu einem Konflikt hochstilisiert wurde. Dabei ist das ein ganz normaler Prozess im Sinne der Pluralität, Wünsche zu formulieren, dann zu diskutieren und ein Ergebnis zu erzielen.

Aus dem Umfeld von Sebastian Kurz hört man, dass das Ja zum Rechtsanspruch ein Valentinstag-Geschenk von Kurz an Sie war. War dem so?

So habe ich es nicht erlebt. Ich habe den Eindruck, dass der Koalitionspartner es jetzt auch als sinnvolle familienpolitische Maßnahme sieht. Es wurde erkannt, dass die Kosten für die Wirtschaft nicht so hoch sind wie angenommen. Zum anderen wird es eine EU-Richtlinie geben, die zehn Tage Papaurlaub ermöglicht. Aber es obliegt uns, hier eine bessere familienpolitische Lösung für Österreich anbieten zu können.

Wenn man die letzten Umfragen betrachtet, könnte man sagen: Die ÖVP kassiert den Regierungsbonus und die FPÖ den Malus. Der Abstand von ÖVP zur FPÖ ist seit der Wahl von 5,5 Prozent auf zehn Prozent angestiegen. Wie wollen Sie diese Entwicklung stoppen?

Seit 13 Jahren gebe ich nichts auf Umfragen, für mich zählen nur die Zufriedenheit der Bürger und amtliche Wahlergebnisse. Bei der aktuellen profil-Umfrage liegen wir bei über 25 Prozent – Kopf an Kopf mit der SPÖ. Trotz der Regierungsarbeit liegen wir stabil je nach Umfrage zwischen 23 und 27 Prozent, weil wir es schaffen, freiheitliche Themen durchzusetzen. Dass wir dieses Höchstniveau halten und sogar ausbauen können, hätte uns doch niemand zugetraut. Deswegen bin ich schon auf die EU-Wahlen gespannt, wo wir erstmals auf Basis von Fakten Ergebnisse und Bewertungen treffen können.

Nach der EU-Wahl gibt es im ÖVP-Team eine Umbildung, weil Staatssekretärin Karoline Edtstadler nach Brüssel gehen wird. Werden Sie auch diese Gelegenheit nützen?

Es gibt keinen Bedarf, im FPÖ-Team eine Umbesetzung vorzunehmen. Im Gegenteil, das ist die Kontinuität und Stabilität, die die freiheitliche Partei heute auszeichnet.

Auch Außenministerin Karin Kneissl sitzt fest im Sattel? Sie meinten, Kneissl könnte der weibliche Kreisky werden. Davon scheint sie weit entfernt ...

Im Gegenteil. Sie hat es schon gelebt, wie alle über sie hergefallen sind, als sie mit Präsident Putin, im Sinne einer neutralen österreichischen Charmediplomatie, getanzt hat.

Heinz-Christian Strache

Der FPÖ-Chef wird sein Regierungsteam nicht umbilden.

Um den Tanz ging es nicht, sondern um den Knicks ...

Den Knicks gebietet einem der gute Stil und die Höflichkeit. Niemand hat Putin die Verbeugung vorgeworfen, die er vor Karin Kneissl gemacht hat. Egal, wo Karin Kneissl auftritt, fällt sie positiv auf. Der Brexit-Chefverhandler Michel Barnier ist im laufenden Kontakt mit Kneissl und wird ihr Gast am Opernball sein. Bei der Warschauer Nah-Ost-Konferenz gab es ein gutes Gespräch mit US-Außenminister Mike Pompeo und auch der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat das Gespräch mit Kneissl gesucht. Das zeigt, dass sie eine große menschliche und fachliche Akzeptanz hat. Sie ist die beste Außenministerin seit Kreisky.

Also auch besser als Sebastian Kurz in diesem Amt ...

(lacht) Wenn es um die Ausbildung im Rahmen der diplomatischen Akademie geht, wenn man sich ihre Ausbildung mit über sieben Sprachen, wenn man ihre Engagements als Universitätsprofessorin bis nach Jerusalem anschaut, dann bringt sie sicherlich fachlich die größte Kompetenz mit.

Herbert Kickl möchte eine Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber einführen. Das benötigt eine Verfassungsänderung. Die Opposition steht auf der Bremse. Werden Sie einen Deal anbieten, um das Gesetz durchzusetzen?

Ich halte von solchen schiefen Konstrukten nichts. Das wird für die Opposition eine Nagelprobe werden: Will man die Bevölkerung schützen vor solch gefährlichen kriminellen Elementen oder nicht? Da wird deutlich sichtbar werden, wer für den Schutz der österreichischen Bevölkerung einsteht und wer nicht. Jeder ist hier gut beraten, sachpolitisch und nicht parteipolitisch zu entscheiden.

Die Opposition behauptet, man hätte den Täter auch in Schubhaft nehmen können.

Diese Behauptung ist falsch. Das ist rechtlich nicht möglich. Deswegen muss man die rechtlichen Gegebenheiten auf EU-Ebene und in der Verfassung ändern. Auf der EU-Ebene waren es bis jetzt die europäische Volkspartei (EVP) und die Sozialisten, die das verhindert haben.

Haben Sie schon entschieden, ob Sie zur Wien-Wahl als Spitzenkandidat antreten werden?

Jetzt gibt es die EU-Wahlen. Da denke ich nicht an Wahlen, die in zwei Jahren stattfinden.

Eine Kandidatur schließen Sie aber nicht aus? Es wäre zu früh, um irgendetwas auszuschließen.

Kaum waren Sie aus dem Papa-Monat zurück, haben Sie Ihren Thinktank vorgestellt. Wozu braucht es diese Denkwerkstatt, wenn der Bundeskanzler schon einen Thinktank hat?

Es ist gut, wenn der Bundeskanzler einen Thinktank hat. Und es ist gut, wenn der Vizekanzler mit seinen zuständigen FPÖ-Ressorts auch einen hat. Denn das verschränkt sich. Denn wir haben die Aufgabe, das Regierungsprogramm in allen Ressorts umzusetzen. Dafür ist es gut, mit Denkzirkeln diesen Prozess zu verstärken und Bürger und Experten dazu einzuladen. Das will ich mit dem „Denkwerk zukunftsreich“, das sich vom Namen an die Bundeshymne anlehnt, erreichen. Es findet auf ehrenamtlicher Basis statt und wird von einem Mitarbeiter im Ministerium betreut.

Sie haben in einem Prozess gegen Politikberater Rudi Fußi klarstellen wollen, dass Sie nichts mit den Identitären zu tun haben wollen. Warum laden Sie dann zum Auftaktevent Ihres Thinktank den Politikwissenschaftler Michael Ley ein, der in einem Interview meinte, es sei wichtig, dass die Identitären stärker werden?

In der Demokratie ist alles erlaubt, solange man sich im Rahmen der demokratischen Spielregeln benimmt. So gesehen gibt es nicht eine Bewertung, dass eine Gruppe, egal woher sie kommt, pauschal in ein Eck zu stellen ist. Herr Ley ist nicht laufend mit den Identitären in Kontakt. Er hat einmal ein Interview für die Website der Identitären gegeben – das war es. Er ist ein honoriger Wissenschaftler, der auf diesen Bereich spezialisiert ist und selbst jüdische Wurzeln hat und daher familiär betroffen ist.

Warum haben Sie sich den islamischen Antisemitismus als Auftaktthema ausgesucht?

Es ist ein brennendes Thema, weil der Antisemitismus wieder um sich greift. Wir haben die Verantwortung, dem Antisemitismus entgegenzutreten – besonders dem steigenden importierten Antisemitismus. Ich möchte mir mit Verfassungsrechtsexperten ganz bewusst das Islamgesetz anschauen und in gewissen Punkten evaluieren. Vor allem aber auch im strafrechtlichen Bereich möchte ich das Verbot des politischen Islam sicherstellen. Es kann nicht sein, dass Muslimbrüder und radikale Kräfte, die sich gegen westliche Werte und Demokratien stellen, unbehelligt bleiben. Da müssen die Vereine geschlossen und nicht am nächsten Tag wieder aufgesperrt werden. Und radikale Islamisten gehören konsequent abgeschoben.

Was wollen Sie am Islamgesetz optimieren?

Da möchte ich mir anschauen, ob man bei der Auslandsfinanzierung nicht nachschärfen kann.

Sie haben gesagt, dass Ihr Kind sehr liebevoll, aber auch mit klaren Grenzen aufgezogen werden soll. Praktizieren Sie das auch schon im Babyalter?

Im Babyalter ist die liebevolle und verlässliche Fürsorge das Wichtigste. Hier geht es um das Urvertrauen. Aber für die späteren Jahre kann ich nur sagen: Es ist auch nicht richtig, alles zu erlauben. Man tut den Kindern nichts Gutes, wenn man sie mit allem überschüttet und man stets auf Basis des Materiellen der beste Papa oder die beste Mama sein will. Manchmal ist es für die Entwicklung auch wichtig, dass sich die Kinder das erste Moped oder andere Wünsche selbst erarbeiten müssen.

Eine viel diskutierte Grenze existiert bereits im Babyalter, nämlich ob das Baby im Elternbett schlafen darf oder nicht, wie schaut das bei Ihnen aus?

Unser Sohn schläft nachts nicht bei uns im Bett. Er schreit aber auch nie in der Nacht. Schläft unheimlich brav. Also fühlt er sich wohl. Dahinter steckt also eine ganz andere Frage: Ich bin überzeugt, wenn die Eltern eine gewisse Gelassenheit, Routine, Souveränität und Sicherheit ausstrahlen, dann reflektiert das Kind auch diese Stimmung und findet schnell seinen gewohnten Rhythmus. Wenn man aber selbst hektisch ist, dann spürt das auch das Kind. Meine Frau ist komplett tiefenentspannt. Das gibt auch mir Ruhe nach einem stressigen Tag.

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