Steuer-Zwist: "Unehrlich" und "auf einem Auge blind"

Der Ton wird rauer: Michael Spindelegger (l.) und Werner Faymann
Zankapfel Steuerreform: Spindelegger nennt Faymann unverantwortlich, der hält seinem Vize Kurzsichtigkeit vor.

Die Große Koalition hat ein bestimmendes Thema gefunden: Die Steuerreform sorgt für gehörigen Zwist zwischen den Regierungspartnern. Am Sonntagabend ließ Michael Spindelegger dem Kanzler ausrichten, er halte sein Drängen auf eine Reform für „unehrlich“. Im Interview mit der Kleinen Zeitung ärgert er sich, dass Faymann vor kurzem ein Konsolidierungsbudget mitbeschlossen habe, in dem die Steuerreform „mit keinen Wort erwähnt“ werde. Wegen einer verlorenen EU-Wahl „plötzlich zum großen Kämpfer zu werden“, sei eben „unverantwortlich und unehrlich“.

Der Vizekanzler mahnte Faymann, „nicht nur den SPÖ-Chef zu spielen, er sollte sich wieder auf seine Rolle als Kanzler besinnen“. Das eben tat Faymann am Montag – und holte zum verbalen Gegenschlag aus: „Diese Steuerreform muss kommen“, sagte er am Montag vor Journalisten. Österreich sei Schlusslicht bei den Vermögensteuern. „Wer das nicht sieht, ist auf einem Auge blind“, richtete er dem Koalitionspartner aus.

Den Anwurf, er würde „unehrlich und unverantwortlich“ agieren, wies er vehement zurück: „Verantwortungslos wäre es, und das sage ich auch dem Herrn Vizekanzler, wenn man die Millionäre schützt aber die Arbeitnehmer nicht entlastet.“

Zeitpunkt

Die Steuerreformkommission soll noch diese Woche ihre Arbeit aufnehmen. Ein Konzept will Faymann bis Ende 2014, die Umsetzung im Lauf des Jahres 2015 - allenfalls etappenweise. Dass die Regierung an der Steuerreform scheitern könnte, glaubt Faymann nicht.

Natürlich könne sich eine Regierung so zerstreiten, dass sie nicht mehr zusammenfinde und es gebe in seiner Partei auch Pessimisten, meinte Faymann. Er selbst sei aber Optimist: "Daher gehe ich davon aus: das setzen wir durch." Faymann will nun für eine Steuerreform werben: "Das wird unsere größte Kampagne, gemeinsam mit den Gewerkschaften."

Spindelegger sieht den richtigen Zeitpunkt für den Beschluss im Juli 2015, in Kraft treten könnte die Reform dann frühestens mit Jänner 2016 - also deutlich später als die SPÖ. Aber auch er sieht die Koalition mit der SPÖ nicht gefährdet: "Ich sehe keine Gefahr, wenn sich jeder an die Spielregeln hält." Und er sehe auch "keinen Grund, in einer Panikreaktion etwas in Frage zu stellen", sagte Spindelegger zu den Aussagen der beiden SPÖ-Landeshauptleute Hans Niessl (Burgenland) und Peter Kaiser (Kärnten), die ein Infragestellen der Koalition als Möglichkeit angedeutet haben, wenn bis 2015 keine Steuerreform kommen sollte. Spindelegger betonte dazu, sein Partner in der Bundesregierung sei Bundeskanzler Werner Faymann. Und er appellierte, man müsse "wegkommen von der Hysterie". Den von SPÖ-Seite gemachten Vorschlag, Teile einer Steuerreform auch rückwirkend mit 1. Jänner 2015 in Kraft treten zu lassen, lehnt der Finanzminister ab.

Finanzierungsfrage

Inhaltlich plädierte der SP-Chef neuerlich für eine Entlastung zwischen vier und sechs Mrd. Euro. Zur Gegenfinanzierung will Faymann die Erbschafts- und Schenkungssteuer wieder einführen – etwas, was die VP ablehnt. Außerdem denkt der Kanzler eine höhere Grundsteuer für nicht als Hauptwohnsitz genutzte Immobilien an. Auch die Millionärsabgabe müsse "ernsthaft durchgerechnet werden".

Einen Teil der Kosten würde aus Faymanns Sicht auch eine durch die Steuerreform bewirkte Konjunkturbelebung wieder hereinspielen. Nötig seien auch die von Spindelegger geforderten Strukturreformen, gestand Faymann ein - Kürzungen bei Förderungen, Anhebung des faktischen Pensionsalters und Verwaltungsreformen. Hier habe die Regierung aber schon vieles im Budget eingestellt, was kurzfristig machbar sei. Andere Reformen bräuchten Zeit, um wirksam zu werden.

Parteiinterner Zwist

Spindelegger hat darüber hinaus aber auch mit parteiinternen Kritikern zu tun: Werner Amon oder der schwarze Tiroler AK.Chef Erich Zanger, die – ganz auf SP-Linie - auf eine frühere Reform drängen. Ihnen wirft Spindelegger "billigen Populismus" vor - er habe "von den beiden Herren bisher keinen ernst zu nehmenden Vorschlag vernommen, wie sie das finanzieren wollen", so der VP-Chef in der Kleinen Zeitung.

Mehrere steirische ÖVP-Abgeordnete stellten sich unterdessen im Standard an die Seite Amons. Ex-Justizministerin Beatrix Karl drängt auf eine rasche Steuerentlastung und warnt davor, die Verwaltungsreform als "Verzögerungstaktik" zu benützen, lehnt aber Vermögenssteuern ab. Fritz Grillitsch kann sich hingegen - ebenso wie Bernd Schönegger - eine Millionärsabgabe "für die Haselsteiners und Flicks" vorstellen.

Und für Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) steht bei einer "notwendigen Steuerentlastung" nicht der Zeitpunkt im Vordergrund, vielmehr die Frage der Finanzierung. Eine Steuerreform müsse "frühestmöglich" kommen, "aber in Abstimmung mit der Konjunkturentwicklung und dem Budgetpfad", um nachhaltig zu sein, betonte Wallner. Auf eine Obmanndebatte wollte sich Wallner nicht einlassen.

Gewerkschafts-Drohung

Der Spitzengewerkschafter Wolfgang Katzian (GPA-djp) erhöht in der Diskussion um eine Steuerreform den Druck auf die SPÖ-ÖVP-Koalition. Bis Jahresende müssten Pläne auf dem Tisch liegen, formuliert er ein Ultimatum. "Die Leute sind unzufrieden, wenn die kalte Progression die Lohnerhöhungen wegfrisst", so Katzian am Montag am Rande einer Pressekonferenz.

Der Unmut gehe quer durch die politischen Parteien, da gebe es keine Lager, sagte Katzian zum Patt zwischen den beiden Regierungsparteien. "Der Zorn wächst, wir lassen uns nicht länger an der Nase herumführen", droht der rote Gewerkschafter mit Kampfmaßnahmen, die er aber nicht näher benennen wollte. Nur soweit: In der Gewerkschaft komme man nun "vom Reden ins Tun".

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