Doskozils Credo hört man bei nahezu jedem seiner Wahlkampfauftritte. Vereinfacht gesagt geht es so: Die SPÖ darf nicht länger reden, sie muss tun. Und im Burgenland tue sie. Mit einem Mindestlohn von 1700 Euro netto. Mit einem eigenen Pflegekonzept – und vor allem mit einem pragmatisch-kritischen Zugang bei der Integrations- und Migrationsfrage.
Doskozils Kritiker halten dem entgegen, die burgenländischen Genossen würden sich fast immer größer machen als sie wirklich sind.Bedenkt man, dass allein die drei Wiener Bezirke Favoriten, Donaustadt und Floridsdorf bei der Nationalratswahl annähernd gleich viele SPÖ-Wähler überzeugen konnten wie die gesamte burgenländische SPÖ bei der Landtagswahl 2014, dann stimmt das sogar.
Doch der deplorable Zustand der Bundespartei hat die Kräfteverhältnisse verschoben. Obwohl es zuletzt vergleichsweise ruhig geworden ist um Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner, hat sich die Gemengelage nicht stabilisiert oder verbessert, sondern verschlimmert: Erst vor wenigen Tagen konnten die Grünen die SPÖ zum ersten Mal überhaupt bei einer bundesweiten Umfrage überholen (in den Roh-Daten ist die SPÖ dem Vernehmen nach bereits einstellig). Und in einer derart krisenhaften Situation kommt jenen Landesparteien, die noch über einen Landeshauptmann verfügen – also Wien, Kärnten und dem Burgenland – eine ganz besondere Rolle zu.
Doskozil selbst leugnet erst gar nicht, dass der 26. Jänner für ihn der Startschuss für den Kurswechsel sein könnte. Als der 49-Jährige vor wenigen Tagen vom KURIER gefragt worden ist, ob die Landtagswahl den Kurs der SPÖ im Bund beeinflusse, antwortet er zustimmend. „Ich bin gern für die Zukunft der Sozialdemokratie verantwortlich.“ Und weiter: „Jetzt muss man die SPÖ ganz massiv aufrütteln.“
Aufrütteln? Das klingt als schliefe die Löwelstraße.
Tatsächlich klagen Funktionäre von Tirol über Linz bis zum Neusiedler See, dass die Bundespartei „erschöpft“ bis „lethargisch“ wirke. „Der versprochene Erneuerprozess mit den ,Zukunftslaboren’ soll im April abgeschlossen sein. Bis dato entfaltet die Bundespartei aber weder in diese noch in irgendeine andere Richtung Aktivität“, ärgert sich ein Landesparteiobmann. Nachsatz: „Es werden bös’ gesagt nicht einmal mehr Newsletter verschickt.“
Was aber wird passieren? Wie geht es weiter?
In einem Punkt scheint sich die SPÖ einig zu sein: Was auch getan wird, es darf das eigene Ergebnis bei der Wien-Wahl nicht gefährden.
Damit ist auch eines der Planspiele, das bisweilen kolportiert wird, nämlich eine Obmannschaft Doskozils von Eisenstadt aus, realpolitisch nicht drin. Pamela Rendi-Wagner sitzt, noch, fest im Sattel – weil jede Unruhe das Wien-Ergebnis beeinflussen würde.
In den Bundesländern Niederösterreich, Wien und der Steiermark halten es Funktionäre indes für möglich, dass bereits der Zukunftskongress, der noch vor dem 1. Mai stattfinden muss, der Zeitpunkt ist, mit dem sich entscheidet, wie es mit der Bundespartei und ihrer Obfrau weitergeht.
Oder, wie es der Vorsitzende einer funktionärsstarken Landespartei sagt: „Wenn am 1. Mai nicht ein Aufwärtstrend erkennbar ist, gibt es den Schnitt – oder einen zermürbenden Dauer-Aufstand.“
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