Die befürchteten Kündigungen erreichten die Mitarbeiter Donnerstagnachmittag – und zwar per Mail. „Das ist einer Sozialdemokratie nicht würdig“, schreibt ein Mitarbeiter auf Facebook. Darunter postet ein ebenfalls gekündigter Kollege: „Man hätte sich zumindest die Mühe machen können, beim Copy/Pasten der Kündigungsmails unsere Vornamen so reinzukopieren, dass sie die gleiche Farbe haben wie der Rest der Nachricht...“.
Raphaela P. berichtet ebendort: „Auch mein Mann wurde heute per Mail gekündigt. Er arbeitet seit 13 Jahren bei der SPÖ-Bundesgeschäftsstelle und ist jeden Wahlkampf seither für diese Partei gerannt. Detail am Rande: Unser zweites Kind kommt am 30.3. auf die Welt. Am 31.3. endet die Kündigungsfrist. Falls das Kind sich entscheidet, erst im April rauszukommen, gibt's übrigens auch kein Karenzgeld für den Papa. Ein unwürdiges Schauspiel!“
Im Gespräch mit dem KURIER will Raphaela P. dem nicht viel hinzufügen, nur so viel: „Für eine Partei zu arbeiten, ist nicht dasselbe, wie für irgendeine Firma. Es ist mehr als ein Job. Man engagiert sich persönlich. Es ist sehr schmerzhaft, was hier passiert.“ Für viele SP-Mitarbeiter bricht eine Welt zusammen. Vor Kurzem war auf vielen Facebook-Profilen noch der Wahlkampf-Banner „Ich wähle die Menschlichkeit“ zu lesen. Auch die Selfies mit der „Chefin“ waren noch da. Jetzt steht da: „Die Richtung stimmt nicht.“
Nicht nur in Wahlkampfzeiten ist man als SPÖ-Mitarbeiter gelaufen und hat sich positioniert. „Wir haben jahrelang Freunde, Familie hintangestellt, unser Privatleben geopfert“, sagt ein Mitarbeiter. Zeit, Herzblut und Energie hat man investiert. Ins Unternehmen, aber auch in die Idee einer gerechteren Welt. Zerbricht hier ein Weltbild? „Ich fühle mich nach wie vor als Sozialdemokrat. Den Grundwerten bin ich verbunden. Aber nicht dieser Parteispitze.“
Dass die Trennung so überfallsartig kommt, ist besonders schlimm. „Die Notwendigkeit von Einsparungen stand längst im Raum. Mehrere Leute haben versucht, mit der Parteispitze darüber zu reden. Doch es hat keinerlei Anstrengungen gegeben, eine Kündigungswelle abzuwenden. Der Zorn ist groß, weil wir uns ausgenützt fühlen. Dass es um die Finanzen der Partei schlecht bestellt ist, hat man im Frühjahr auch schon wissen müssen. Aber man wollte uns offenbar noch zwei Wahlkämpfe reindrücken. Die Leute haben Urlaube verschoben, viel persönlich investiert. Wir haben brav wahlgekämpft und jetzt hauen sie uns raus.“ Die, die gehen müssen, würden es schwer haben, mutmaßt O.. Schließlich sei man parteipolitisch punziert. Die, die bleiben, fragen sich: „Will man für solche Leute arbeiten? Die Wasser predigen und Wein trinken?“
Den Beteuerungen von Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch, er werde sich um die Leute kümmern, wird wenig Glaube geschenkt: „Deutsch sagt, wir sollen ihm unseren Lebenslauf schicken“, erzählt eine Mitarbeiterin. „Ich habe allerdings schon in der Vergangenheit vergeblich versucht, einen Termin bei ihm zu bekommen. Ich glaube nicht, dass er Zeit finden wird, sich um 27 Leute zu kümmern.“
Höhen und Tiefen hat das SPÖ-Haus öfter erlebt. Auch unter Werner Faymann wurde kräftig umgebaut, arrivierte Mitarbeiter mussten im Sinne des „Bürokratieabbaus“ gehen. Doch die Dimensionen waren andere. Mitarbeiter O.: „So brutal war es nie.“
Kommentare