SPÖ-Bildungsministerin will Gratis-Ganztagsschule einführen

Ministerin Sonja Hammerschmid
Die Schulministerin möchte künftig aber auch Unis und Kindergärten managen.

KURIER: Die Bildungsreform wurde am letzten Drücker vor der Sommerpause noch beschlossen. Ärgert Sie, dass erst die nächste Regierung die Reform auch umsetzen kann?

Sonja Hammerschmid: Natürlich hätte ich jetzt gerne die Umsetzung gestaltet und weitergearbeitet. Wir haben ja die vorzeitige Wahl nicht verschuldet.

Beim Bildungsthema hakt es noch in vielen Bereichen, oder?

Wir wissen, dass wir im Bildungsbereich besondere Herausforderungen haben. Das beginnt damit, dass wir sicher mehr Personal in den Volksschulen brauchen, weil zu viele Kinder Defizite aus den Kindergärten in die Schule tragen, die wir längst hätten abstellen können, etwa durch einen besseren Spracherwerb bereits im Kindergarten.

Die Regierung hatte sich doch auf ein verpflichtendes zweites Kindergartenjahr geeinigt. Warum gibt es das nicht?

Da ist leider viel zu wenig passiert, und die Leidtragenden sind die Kinder. Ich habe immer appelliert, dieses Thema rasch umzusetzen und habe stets Unterstützung angeboten. Das lag aber bei der ÖVP. Ich will das zweite Kindergartenjahr und ich will einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz ab dem ersten Lebensjahr.

Aber da geht es um ein Schnittstellenproblem mit den Ländern und Gemeinden.

Bei der Bildungsreform hatte ich das gleiche Problem, und trotzdem haben wir eine gute Lösung gefunden. Man kann mit den Ländern sehr gut zusammenarbeiten und Lösungen finden.

Was wollen Sie anders machen?

Ich will, dass die Bildungsministerin auch für die Kindergärten und die Uni-Agenden zuständig ist. Bildung sollte in einer Hand sein, so können wir die Probleme beim Übergang zwischen allen Bildungseinrichtungen besser in den Griff bekommen.

Sie haben bereits 5000 zusätzliche Lehrer gefordert, wie stellen Sie sich das vor?

Das wird nicht von heute auf morgen gehen. Mein Ziel ist 5000 zusätzliche Pädagogen für Schulen mit hohen sozialen Herausforderungen.

Woher sollen die kommen?

Wir haben das Studium neu gestaltet und attraktiviert, wir bieten höhere Einstiegsgehälter. Wir haben auch das Studium für Quereinsteiger deutlich verbessert. Und wir müssen jetzt alles daran setzen, das Image unserer Lehrer massiv zu erhöhen.

Die Zahl der Schüler in ganztägigen Schulen soll auf 40 Prozent verdoppelt werden, läuft das?

Beschlossen wurden 750 Millionen Euro für den Ausbau, da läuft die Umsetzung mit Gemeindebund und Städtebund. Weil das die Eltern auch Geld kostet, für Mittagessen und Betreuung, ist eine soziale Staffelung vorgesehen. Aber in vielen Rücksprachen haben wir festgestellt, dass viele Eltern aufgrund der fehlenden Anonymität ein Hemmnis haben, diese soziale Leistung auch abzurufen. Das tut mir weh, weil damit erst recht nicht jene Kinder erreicht werden, die das wirklich brauchen würden. Deshalb will ich, dass die Ganztagsschulen kostenlos werden.

Was kostet das?

Rund 300 Millionen Euro. Ein kluges Investment.

Von der Regierung im Jänner versprochen wurden im Rahmen der Digitalisierung auch Gratis-Laptops bzw. Tabletts für die Schüler. Kommen die?

Bei der Finanzierung der Gratis-Laptops brauchen wir nur mehr ein Übereinkommen mit dem Finanzminister. Das würde ich mir wünschen, aber ich bezweifle, dass das noch passieren wird.

Aber der Finanzminister hatte das doch im Jänner zugesagt. Denken Sie, er steht nicht mehr zu seinem Wort?

Ich fürchte, da sind uns die Neuwahlen dazwischengekommen.

Was sagen Sie zu Josef Moser, der nun im Team von Sebastian Kurz ist? Er war einer der schärfsten Kritiker der Bildungsreform, speziell der Bildungsverwaltungsreform.

Als ehemaliger Präsident des Rechnungshofs hatte er eine ganz eigene Perspektive, zu analysieren und die Schwachstellen aufzuzeigen. Da verstehe ich ihn auch. Nur dann Politik zu machen, Konzepte zur Umsetzung zu entwickeln, politische Mehrheiten zu finden, das ist eine andere Realität. Er wird das lernen müssen, sollte er je in die Situation kommen, tatsächlich politisch zu arbeiten.

Sollen Sonderschulen abgeschafft werden?

Nein, sie sollen geöffnet werden. Das Thema Inklusion an den Schulen muss weiter umgesetzt werden, sorgfältig und vorsichtig. Inklusive Schulen sind mir wichtig.

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