Spekulationen nach Ludwigs Rückzug aus SPÖ-Gremien

Spekulationen nach Ludwigs Rückzug aus SPÖ-Gremien
Der Bürgermeister verteidigt seine Entscheidung und spielt Differenzen mit Babler hinunter: „Ich bin nicht einmal mit meiner Frau immer einer Meinung.“

Zwei Tage ist es her, dass mit Wiens Bürgermeister Michael Ludwig einer der wichtigsten SPÖ-Funktionäre seinen Rückzug aus den Gremien der Bundespartei angekündigt hat. Er wolle sich voll um Wien kümmern, lautete seine Begründung.

Mehr lesen: Abkehr von Babler? Warum Ludwig der SPÖ eine Absage erteilt

Doch nach wie vor rätseln viele Genossen, was die tatsächlichen Motive für diesen völlig überraschenden Schritt waren, der in den Augen von Polit-Beobachtern eine massive Brüskierung von Parteichef Andreas Babler bedeutet.

Je nachdem, ob sie Babler-Fans sind oder dem Lager des im parteiinternen Machtkampf unterlegenen Hans Peter Doskozil angehören, haben sich unterschiedliche Lesarten für Ludwigs Rückzug herausgebildet.

Letztere interpretieren ihn als Reaktion auf die Meinungsverschiedenheiten, die es zuletzt zwischen Ludwig und dem Parteichef gab. Begonnen bei der Reform der Parteistatuten bis hin zur ungewohnt scharfen Verurteilung Bablers der Kleingarten-Affäre, in die einige Wiener Genossen verwickelt sind.

Mehrere Ländervertreter schildern zudem, dass es Absprachen gegeben habe, Ludwig bei der Wahl der Gremien am Parteitag im November mit Streichungen abzustrafen. Schließlich habe er dafür gesorgt, dass sich der bisher eher glücklos agierende Babler bei der Obmann-Kür gegen Doskozil durchgesetzt habe. Dieser Düpierung wollte Ludwig mit seinem Rückzug aus dem Weg gehen.

Nach Tirol kam am Dienstag auch aus OÖ offene Kritik. Landesparteichef Michael Linder bedauert Ludwigs Rückzug und ersucht ihn, seine Entscheidung noch einmal zu überdenken.

Zukunftshoffnung Czernohorszky aufgewertet

Vertreter des Babler-Lagers hingegen glauben nicht, das Ludwigs Schritt als offene Kritik an Babler zu werten ist. Ein solches Vorgehen sei nicht der Stil des Bürgermeisters, betont ein Wiener Genosse. Er verweist auf jene Person, die jetzt statt Ludwig in die Gremien einziehen soll: Stadtrat Jürgen Czernohorszky.

Spekulationen nach Ludwigs Rückzug aus SPÖ-Gremien

Jürgen Czernohorszky

Im Kampf um die Nachfolge von Michael Häupl stand er 2018 zwar auf der Seite von Ludwig-Kontrahent Andreas Schieder, hat sich aber längt mit Ludwig arrangiert und gilt im linken Lager als Zukunftshoffnung, ja sogar als möglicher Ludwig-Kronprinz. „Vielleicht war Ludwigs Entscheidung eine subtile Art, ihm etwas mehr Glanz zukommen zu lassen“, sagt der Funktionär.

Ludwigs Treueschwur

Ludwig selbst verteidigt sein Vorgehen: Die Landespartei unterstütze die Bundespartei weiter auf allen Ebenen. Als Landesparteichef könne er immer den Gremien zugezogen werden. Und seit der letzten Statutenreform sei auch klar, dass nicht mehr jeder Landeschef im Präsidium seinen Platz habe. Hier bestehe nun die Möglichkeit, dass andere Vorsitzende in eine Funktion eintreten könnten.

Mehr lesen: Direktwahl: Scheitert Bablers SPÖ-Reform an Michael Ludwig?

Seine Entscheidung habe keinesfalls damit zu tun, dass es Meinungsverschiedenheiten mit Babler gebe. Solche seien in Parteien normal. „Ich bin nicht einmal mit meiner Frau immer einer Meinung.“

Kommentare