Sozialpartner sollen die Schulreform noch retten

ÖGB-Präsident Erich Foglar (li.) und Wirtschaftskammer-Boss Christoph Leitl waren am Montag bei Bildungsministerin Heinisch-Hosek.
Die Bildungsreform droht auf den letzten Metern spektakulär zu scheitern.

Die Bildungsreform, die eigentlich am Dienstag, den 17. November ausverhandelt präsentiert werden soll, droht wenige Tage davor zu scheitern: "Die Stimmung unter den Verhandlern ist auf dem absoluten Nullpunkt. Man kann nicht ausschließen, dass das ganze Reformwerk noch in die Luft gesprengt wird und gar kein Ergebnis überbleibt", berichtet ein die Bildungsreform involvierter Funktionär dem KURIER.

SPÖ-Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek hat am späten Montag Nachmittag die Spitzen der Sozialpartner zu sich geladen, in der Hoffnung, dass sie in der Bildungsreform zwischen Roten, Schwarzen und den Ländern vermitteln. Um 17 Uhr trafen ÖGB-Präsident Erich Foglar, Arbeiterkammer-Chef Rudolf Kaske, der Präsident der Industriellenvereinigung Kapsch, Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl und einer Vertreterin der Landwirtschaftskammer am Wiener Minoritenplatz, dem Sitz des Bildungsministeriums, ein. Dem Vernehmen nach geht es vor allem um die Frage, wie jene Ländervertreter, die über das Vorgehen des Heinisch-Ministeriums wütend sind, wieder zurück an den Verhandlungstisch gebracht werden können, die Sozialpartner sollen vermitteln. Leitl erklärte nach dem Treffen gegenüber dem KURIER: "Wir werden am 17. November beurteilen, ob und was bei der Reform herausgekommen ist. Ich denke, wir haben ein gutes Fundament gelegt, das die Politik aufgreifen und umsetzen kann."

Besonders der Salzburger ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer macht den Verhandlern Druck. Ha slauer ist Mitglied der Bildungsreformgruppe der Bundesregierung, in der je vier Vertreter von SPÖ und ÖVP, die Reform ausverhandeln.

Haslauer droht zu gehen

Haslauer soll schon mehrfach gedroht haben, die Reformgruppe zu verlassen. Dem Vernehmen nach wurde Haslauer aber von ÖVP-Parteichef Reinhold Mitterlehner bekniet, (noch) zu bleiben. Aus demselben Grund hatten bereits Erwin Pröll, Landeschef in Niederösterreich, und Hans Niessl aus dem Burgenland die Gruppe verlassen. Der Streit dreht sich nicht um die pädagogische Schulreform – die ist im Großen und Ganzen akkordiert –, sondern einzig um die Frage, wie die Schulverwaltung künftig aussehen soll.

Der Bund argumentiert mit einer deutlichen Kostenersparnis, wenn man die Schulverwaltung vereinheitlicht und damit beim Bund zentralisiert. Die Landesvertreter bezweifeln die Berechnungen des Ministeriums (siehe Bericht unten) und lehnen das Modell "Alle Macht zum Bund" ab. Und sind offenbar bereit dazu, damit die Reform in seiner Gesamtheit scheitern zu lassen.

Ruf nach SP-VP-Spitzen

Am kommenden Sonntag und am Montag soll noch jeweils eine Verhandlungsrunde einberufen werden. Da dürften dem Vernehmen nach auch SPÖ-Kanzler Werner Faymann und ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner mit am Tisch sitzen. Schließlich ist die Schulreform das wichtigste Projekt, das diese Regierung hat. Ganz zu schweigen davon, dass es zumindest für heuer das einzige ist.

Es muss gespart werden, auch in der Bildungsverwaltung: Die Grünen präsentierten am Montag gemeinsam mit Lorenz Lassnigg vom Institut für Höhere Studien (IHS) ein internes Verhandlungspapier der Finanzgruppe, einer Untergruppe in der seit Jänner verhandelnden Bildungsreformkommission. Zusammengefasst folgern sie: Bekommen die Länder im Schulbereich das Sagen, würde das Mehrkosten von bis zu 250 Millionen bedeuten. Umgekehrt würde das Bundes-Budget um 220 Millionen Euro entlastet werden, wenn die Schulkompetenz beim Bund zentralisiert würde.

Als größter Einsparungsposten wird dabei genannt, dass die Länder in den Pflichtschulen nicht mehr Lehrer einstellen könnten als mit dem Bund ausgemacht. Jährlich könnten so 112 Millionen Euro eingespart werden – und zwar in ganz Österreich und nicht wie im KURIER am Montag irrtümlich berichtet, nur in Oberösterreich, das praktisch nicht mehr Lehrer, als vereinbart, einstellen musste. Auch die Kosten für die Pensionen könnten geringer werden – um 27 Millionen Euro. Aus einem einfachen Grund: 18,8 Prozent der Landeslehrer gehen nicht wegen ihres Alters in Pension, sondern weil sie dienstunfähig sind. Der Bund habe dabei keine Möglichkeit der Kontrolle. Zum Vergleich: Bei den Bundeslehrern gehen nur etwa halb so viel vorzeitig in den Ruhestand.

Bildungsforscher Lassnigg ärgert besonders, dass es in der Debatte schon lange nur mehr um politische Entscheidungen geht, nicht aber um Fakten. Denn diese würden klar gegen eine Verländerung sprechen, die das System seit den 1960er-Jahren nur intransparent macht. Der Bund weiß z.B. bis heute nicht, wie viele Lehrer unterrichten oder Verwaltungsjobs machen. Beim Streit um die Schulverwaltung geht es letztlich aber auch um die Machtfrage. Derzeit entscheiden nämlich parteipolitisch besetzte Gremien, wo Landeslehrer arbeiten oder welche Direktoren bestellt werden.

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